Die schwarz-rote Koalition hat sich auf Sinan Selen als neuen Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) geeinigt. Nach Informationen von Table.Briefings soll Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) die Leitung der Behörde an diesem Montag über die Personalentscheidung informieren. Das Bundeskabinett könnte die Ernennung bereits am Mittwoch formal beschließen. Das BfV war seit dem Rücktritt von Thomas Haldenwang im November 2024 ohne Präsident.
Selen, Jahrgang 1972, wurde in Istanbul geboren und kam als Kind nach Deutschland. Er wuchs in Köln auf, studierte Jura und arbeitete in verschiedenen Funktionen im Sicherheitsbereich. Stationen waren unter anderem das Bundeskriminalamt, wo er 2006 an der Fahndung nach den Kofferbombern beteiligt war, sowie das Bundesinnenministerium und die Bundespolizei. Im BMI leitete er das Referat für Ausländerterrorismus und war für die Zusammenarbeit mit der Türkei zuständig. Bis zu seiner Ernennung zum BfV-Vizepräsidenten 2019 baute er bei TUI die Sicherheitsstrukturen auf.
Erfahrung und Erwartungen
Selen ist der erste Präsident des Verfassungsschutzes, der nicht in Deutschland geboren wurde. In der Vergangenheit war er immer wieder Ziel von Anfeindungen aus verschiedenen politischen Lagern, etwa durch Verschwörungstheorien über angebliche Verbindungen zur Türkei. Er gab später die türkische Staatsbürgerschaft auf. In Koalitionskreisen gilt er als fachlich versiert und erfahren. Innenminister Alexander Dobrindt verbindet mit seiner Ernennung auch die Erwartung, dass Selen einen zurückhaltenderen Stil in der Öffentlichkeit pflegt als seine Vorgänger.
Faktisch leitet Selen die Behörde bereits seit Monaten. Seine Kollegin Silke Willems agierte bislang vor allem im internen Bereich. Diskussionen über andere Kandidaten hatten die Entscheidung verzögert, auch weil die Hochstufung der AfD als gesichert extremistische Bestrebung kurz vor der Kanzlerwahl für Irritationen gesorgt hatte. Am Ende entschied sich Dobrindt, Selen zu nominieren und damit die seit Monaten offene Personalfrage zu schließen.


