Ukraine-Krieg

Verwirrende Aussage zur Eroberung von Bachmut: Selenskyj klärt auf

Moskau hat die weitgehend zerstörte Stadt Bachmut nach eigenen Angaben erobert. Selenskyj sorgte daraufhin mit seinen zunächst unklaren Äußerungen in Japan für Wirbel.

Wolodymyr Selenskyj bei einem Treffen mit ukrainischen Soldaten, die in Bachmut gekämpft haben. Die Stadt ist nach Angaben aus Moskau an die russischen Truppen gefallen.
Wolodymyr Selenskyj bei einem Treffen mit ukrainischen Soldaten, die in Bachmut gekämpft haben. Die Stadt ist nach Angaben aus Moskau an die russischen Truppen gefallen.ZUMA Press/imago

Die seit Monaten umkämpfte Stadt Bachmut ist nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nicht vollständig unter russischer Kontrolle. Nach dem G7-Gipfel im japanischen Hiroshima sagte Selenskyj am Sonntag: „Bachmut ist heute nicht von Russland besetzt worden.“ Er stellte damit missverständliche, nicht eindeutige Aussagen von ihm zur militärischen Situation nach einem Treffen mit dem Präsidenten der USA Joe Biden klar.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte zuvor mit seinen uneindeutigen Aussagen zum möglichen Verlust der Stadt Bachmut für Wirbel gesorgt. Bei einem bilateralen Treffen mit Biden am Rande des G7-Gipfels in Hiroshima am Sonntag fragte ein Reporter Selenskyj, ob die Stadt im Osten der Ukraine noch in ukrainischer Hand sei. Der Journalist schob nach, die Russen hätten gesagt, dass sie Bachmut eingenommen hätten. Der ukrainische Präsident antwortete mit den Worten: „Ich denke, nicht.“ Es sei jedoch nur noch wenig von der Stadt übrig. „Bachmut ist nur noch in unseren Herzen“, erklärte der ukrainische Präsident demnach.

Einige Medien meldeten daraufhin, dass Selenskyj eine Eroberung der Stadt durch russische Truppen bestätigt habe. Ein Journalist der Financial Times schreibt auf Twitter, dass Selenskyjs Team die Aussagen des Präsidenten inzwischen relativiert habe. Demnach wies dieses darauf hin, dass Selenskyj sich mit seinen Aussagen eher auf den Zustand der zerstörten Stadt bezog und diese nicht als Bestätigung des Kontrollverlusts verstanden werden sollten.

Später betonte Selenskyjs Sprecher, der ukrainische Staatschef habe mit seinen Äußerungen keineswegs eine Einnahme der seit Monaten heftig umkämpften Stadt durch russische Truppen bestätigt, sondern dies vielmehr dementiert.

Die russische Armee hatte am späten Samstag die vollständige Eroberung der ostukrainischen Stadt gemeldet. Als Ergebnis der Offensivaktionen der Wagner-Einheiten mit Unterstützung der Artillerie und der Luftwaffe „wurde die Befreiung der Stadt Artemowsk abgeschlossen“, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Es benutzte dabei den aus der Sowjetzeit stammenden Namen von Bachmut.

Wladimir Putin beglückwünschte Wagner-Söldner zum Erfolg in Bachmut

Kremlchef Wladimir Putin sprach den Wagner-Truppen und der russischen Armee Glückwünsche aus. Die russischen Streitkräfte hätten Wagner den nötigen Schutz an den Flanken garantiert, sagte Putin nach Angaben seines Pressedienstes. „Alle herausragenden Kämpfer werden mit staatlichen Auszeichnungen geehrt. Der russische Präsident Wladimir Putin habe den Wagner-Einheiten und der Armee gratuliert“, berichtete die russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf eine Erklärung des Kremls.

Einige Stunden zuvor hatte bereits der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, die Eroberung von Bachmut verkündet. „Die Operation zur Einnahme von Bachmut hat 224 Tage gedauert“, sagte er. Bis zum 25. Mai würden die Kämpfer der Wagner-Gruppe die Stadt untersuchen, „die notwendigen Verteidigungslinien schaffen“ und Bachmut dann der russischen Armee übergeben.

Auf diesem vom Prigoschin-Pressedienst veröffentlichten Foto spricht Jewgeni Prigoschin (M.), der Chef des Militärunternehmens Wagner Group, mit einer russischen Nationalfahne in der Hand vor seinen Soldaten.
Auf diesem vom Prigoschin-Pressedienst veröffentlichten Foto spricht Jewgeni Prigoschin (M.), der Chef des Militärunternehmens Wagner Group, mit einer russischen Nationalfahne in der Hand vor seinen Soldaten.Prigoschin Press Service/AP

Der Sprecher der ukrainischen Armeegruppe Ost, Serhij Tscherewatyj, dementierte zunächst im Radio in Kiew, dass Bachmut erobert sei. Vielmehr seien Prigoschins Truppen am Ende und wollten aufgeben: Sie müssten befürchten, eingekesselt zu werden von den ukrainischen Verteidigern, sagte Tscherewatyj.

Das Institut für Kriegsstudien (ISW) mit Sitz in Washington teilte zunächst mit, es handele sich allenfalls um einen symbolischen Erfolg Prigoschins, wenn seine Darstellung denn stimme. Strategisch habe Bachmut keinen Nutzen, die ukrainischen Truppen setzten zudem die nördlichen und südlichen Flanken der Stadt unter Druck.

In Bachmut lebten einst 70.000 Menschen. Die Schlacht um die Stadt gilt als längste und blutigste seit dem Beginn der russischen Operation in der Ukraine im Februar 2022. Es wird vermutet, dass beide Seiten große Verluste erlitten haben. Der Fall von Bachmut würde Moskau nach einer Reihe von Niederlagen einen wichtigen Sieg bringen.