Berlin

Nach chaotischen Zuständen vor dem Stadion: Verliert Berlin nach 40 Jahren das DFB-Pokalfinale?

Vor dem Pokalendspiel vorigen Sonnabend kam es an einem Stadioneingang offenbar fast zur Massenpanik. Jetzt werden die Umstände untersucht. Die Ergebnisse könnten weitreichende Konsequenzen haben.

Fans von Arminia Bielefeld am Finaltag vor dem Südtor des Olympiastadions
Fans von Arminia Bielefeld am Finaltag vor dem Südtor des Olympiastadionsdpa

Nach den massiven Vorwürfen von Bielefelder Fans über offenbar schlecht organisierte Einlasskontrollen und inakzeptabel lange Wartezeiten beim DFB-Pokalfinale am vergangenen Sonnabend hat die Berliner Senatsverwaltung für Inneres und Sport eine Aufarbeitung der Vorfälle angekündigt. Die Verantwortung für die Ereignisse vor dem Olympiastadion sieht die Behörde aber zuallererst beim Veranstalter, dem Deutschen Fußballbund (DFB).

„Der DFB ist als Veranstalter des DFB-Pokalfinales für das Sicherheitskonzept verantwortlich“, hieß es in einem Statement der Pressestelle der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. „Vorhaltungen, es habe Defizite während des diesjährigen DFB-Pokalfinales gegeben, werden zwischen der Olympiastadion Berlin GmbH und dem DFB ausgewertet.“

40 Jahre DFB-Pokalfinale in Berlin: Was war dieses Jahr anders?

Im Stadion in Westend wird seit nunmehr 40 Jahren jedes Jahr das Pokalfinale ausgetragen, noch nie wurden derartig viele Beschwerden öffentlich. Deshalb stellt sich zunächst die Frage: Was ist diesmal anders gelaufen als in den Jahrzehnten zuvor? Schließlich war die Begegnung wie in den Jahren zuvor wieder mit 74.036 Zuschauern ausverkauft.

Ganz grundsätzlich kann es aber auch darum gehen, ob das Stadion den aktuellen Anforderungen noch gewachsen ist, oder ob es umgebaut werden muss. So gab es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder den Ruf nach einem dritten Eingang neben den bisherigen Zugängen am Osttor und am Südtor, denn auch vor Heimspielen des Hauptnutzers Hertha BSC kommt es immer wieder zu langen Wartezeiten.

Berliner Olympiastadion: Vor 20 Jahren sollte schon einmal ein dritter Eingang her. Nichts passierte

Bereits vor 20 Jahren hatte Hertha BSC – damals noch als Erstligist – für einen zusätzlichen Eingang zwischen Ost- und Südtor plädiert. Der Senat hatte sich dagegen für ein weiteres Tor an der Westseite ausgesprochen, gelegen zwischen Maifeld und Reiterstadion. Umgesetzt wurde während der umfassenden Sanierung für die Weltmeisterschaft 2006 bekanntlich keine der beiden Varianten. Es blieb beim großzügigeren Osttor (bei Hertha-Spielen Zugang für Heimfans) und beim schmaleren Südtor (für Gästefans). Bis heute.

Zum Pokalfinale am Sonnabend war das Osttor Zugang für die Anhänger des VfB Stuttgart, den Anhängern von Arminia Bielefeld war das Südtor zugewiesen worden. Dort kam es laut Arminia-Fans zu chaotischen Zuständen. Tausende Besucher hätten stundenlang auf ihren Einlass warten müssen und dabei dicht gedrängt gestanden, ohne der Situation entkommen zu können. Nur durch Besonnenheit und mit Glück sei eine Massenpanik vermieden worden, hieß es. Menschen hätten in Becher uriniert, Kinder geweint.

Arminia Bielefeld hatte sich dazu auf seiner Homepage geäußert. „Dass es ausgerechnet beim bedeutendsten Spiel der Vereinsgeschichte und einem der größten Ereignisse im deutschen Profifußball zu derart gravierenden Unannehmlichkeiten kam, ist für uns nicht nachvollziehbar und in keiner Weise akzeptabel“, teilte der Klub aus Ostwestfalen mit.

Der DFB entschuldigte sich für die Ereignisse und kündigte eine Aufarbeitung an. Auf der Website des Verbandes heißt es: „Wir sind bestürzt über die geschilderten Erfahrungen.“ Man arbeite „mit Hochdruck daran, die komplexen Ursachen der Vorkommnisse umfassend zu analysieren“.

Berliner Olympiastadion: DFB sieht „bauliche Herausforderungen“

Nach derzeitigem Stand handele es sich um eine Verkettung mehrerer Faktoren: Genannt wurden ein „fehlgeleitetes Besucher:innenaufkommen vor dem Ost- und dem Südtor“, zudem „die Ticketabwicklung“ am Drehkreuz samt Personenkontrolle. Dazu kämen eine „wirkungsschwache Kommunikation bei Umleitungsansagen“ sowie „bauliche Herausforderungen des Olympiastadions“.

Die Senatsverwaltung verweist ihrerseits auf die große Expertise der landeseigenen Stadionverwaltung. „Die Olympiastadion GmbH kann Großveranstaltungen organisieren und hat das in der Vergangenheit unzählige Male unter Beweis gestellt“, hieß es. Genannt wurde die Fußball-Europameisterschaft im vergangenen Jahr, wo das Stadion Schauplatz von sieben Spielen inklusive des Finales war. Anschließend sei das Olympiastadion vom veranstaltenden Europäischen Fußballverband (Uefa) „für Planung und Umsetzung der Spiele als bester Veranstaltungsort der EM ausgezeichnet“ worden, teilte die Behörde mit. Unter anderem habe das Stadion die schnellsten Durchlasszeiten aller EM-Arenen gehabt, hieß es.