Ein Heliumballon schwebt über dem ewigen Eis der Antarktis, in fast 40 Kilometern Höhe. Daran befestigt: ein wissenschaftliches Instrument namens „Anita“, kurz für „Antarctic Impulsive Transient Antenna“. Es ist eine von der Nasa finanzierte Antennenanlage, mit der ein Forscherteam eigentlich kosmische Teilchen einfangen will, die aus dem All kommen und in der Eisdecke der Antarktis Spuren hinterlassen.
Was dieses Gerät nun gemessen hat, sorgt in der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft für Stirnrunzeln. „Anita“ registrierte Signale, die offenbar von subatomaren Teilchen stammen. Sie kamen aus einer Richtung, aus der laut herrschender Physik gar nichts kommen dürfte.
Eigentlich soll die Antenne sogenannte Neutrinos aufspüren: winzige, elektrisch neutrale Teilchen, die zu Milliarden durch alles hindurchfliegen, auch durch Menschen, Planeten, ganze Galaxien. Sie stammen von Supernovae, Schwarzen Löchern oder anderen hochenergetischen Ereignissen im Universum. Wenn sie auf das Eis der Antarktis treffen, lösen sie dort Kettenreaktionen aus, die Radiowellen erzeugen.
Teilchen aus der Tiefe
Doch die Radioimpulse, die „Anita“ registrierte, kamen offenbar aus der Tiefe: aus einem steilen Winkel unterhalb der Eisoberfläche, der darauf hindeutet, dass die Teilchen zuvor Tausende Kilometer Gestein durchquert haben. Laut den bekannten Gesetzen der Physik hätten sie absorbiert werden müssen. „Das Radiosignal hätte verschwinden müssen“, sagt die Physikerin Stephanie Wissel vom „Anita“-Team.
Das „Anita“-Experiment dient einem der großen Ziele der Grundlagenforschung: zu verstehen, wie das Universum im Innersten funktioniert. Neutrinos gelten dabei als ideale Boten. Sie durchqueren das All fast unbeeinflusst und tragen Informationen aus Regionen zu uns, die kein Licht erreichen kann, aus dem Inneren Schwarzer Löcher oder aus den frühesten Momenten nach dem Urknall.
Doch das nun empfangene Signal passt in kein bekanntes Muster. Andere Teilchendetektoren wie „IceCube“ in der Antarktis oder das Pierre-Auger-Observatorium in Argentinien konnten es nicht bestätigen. Ein Messfehler scheint allerdings ebenfalls unwahrscheinlich.
Nachfolgeexperiment soll das Rätsel klären
Einige Wissenschaftler spekulieren: Möglicherweise handelt es sich um unbekannte Teilchen, gar um Hinweise auf sogenannte neue Physik. Denkbar wären exotische Materieformen wie dunkle Materie oder bisher unbekannte Wechselwirkungen zwischen Teilchen.




