Berlins Regierende Bürgermeisterin hat sich nach den Silvester-Krawallen erneut gegen Kritik aus der Union an der Hauptstadt gewehrt. „145 Chaoten heißen nicht, dass 3,7 Millionen Menschen Idioten sind“, sagte Franziska Giffey bei einer Wahlkampferveranstaltung am Montag in Berlin mit Blick auf die Festnahmen in der Silvesternacht. Attacken auf Rettungsdienste habe es auch in anderen deutschen Städten gegeben, sagte die SPD-Landesvorsitzende. Sie frage sich auch, wie Angriffe auf Polizisten anderswo zu erklären seien, bei denen „Sieg Heil“-Rufe zu hören gewesen seien.
Seit Neujahr prasselte viel Kritik auf Berlins Regierende ein. „Die letzten Tage waren nicht schön“, sagte sie am Abend im Wintergarten-Varieté. Der SPD sei bewusst, dass es in einigen Gegenden Berlins Probleme gebe. Eine Debatte über die Namen der Täter aber halte sie für „absurd“ und „schädlich“.
„Wir wollen nicht spalten zwischen denen, die den ‚richtigen‘ Vornamen haben, und denen, die den ‚falschen‘ haben“, sagte Giffey. Die Berliner CDU hatte die Vornamen der deutschen Tatverdächtigen wissen wollen. Andere fragten bei der Polizei an, ob die „Deutschen“ eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen. Die Randale und Angriffe auf Einsatzkräfte hatten auch Diskussionen über eine gescheiterte Migrationspolitik ausgelöst. „Die Grünen sind ja ganz still gerade, das ist erstaunlich“, sagte Giffey mit Blick auf die Debatte über die Silvesternacht.
Wirtschaftswachstum in Berlin besser als in Bayern
Die Regierende Bürgermeisterin kam auch auf die Energieversorgung der Stadt zu sprechen, die „in allen Sektoren gesichert“ sei. Dass Berlin bundesweit einen Alleingang mit dem 29-Euro-Ticket macht, begründete sie unter anderem damit, dass das 9-Euro-Ticket in der Hauptstadt im Vergleich mit anderen Ländern am besten verkauft worden sei. Auch sei das Wirtschaftswachstum in Berlin im vergangenen Jahr überdurchschnittlich gut gewesen, und zwar „deutlich besser als in Bayern“.
Bundeskanzler Olaf Scholz, der ebenfalls auf der Veranstaltung sprach, drückte sich ähnlich aus. Apropos Bayern: Dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) hielt Giffey vor, Berlin unberechtigterweise zu kritisieren. „Ich habe nicht gehört, wo die Lösungsansätze sind“, sagte sie. „Es gibt nicht die einfache Lösung, es ist komplexer.“ Da helfe es auch nicht, wenn sich Ministerpräsidenten irgendwelche Ratschläge erteilten.
Giffey will Söder nach Berlin einladen
Söder hatte nach den Ereignissen der Silvesternacht unter anderem gesagt, Berlin entwickle sich zu einer Chaosstadt. Giffey will Söder nun einladen, damit er sich vor Ort ein Bild machen kann. Die SPD-Spitzenkandidatin deutete an, dass sie mit Söder ein Jugendzentrum besuchen könnte. Berlins Regierende hatte vergangene Woche bereits einen Gipfel gegen Jugendgewalt angekündigt.
Nach den Angriffen auf Polizei und Feuerwehr steht Giffey, aber auch der gesamte rot-grün-rote Senat in der Kritik. Am 12. Februar soll in Berlin die Abgeordnetenhauswahl von September 2021 wiederholt werden. Die Wahl wurde Mitte November vom Landesverfassungsgericht wegen zahlreicher Pannen und „schwerer systemischer Fehler“ für ungültig erklärt.
Olaf Scholz: Wohnungsbau und Sicherheit sind die zentralen Themen
Eines der zentralen Themen in Berlin sei der Wohnungsbau, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz. Allerdings betonte er, dass dieser sich hinziehen könne. „Zwischen der Entscheidung, der Baugenehmigung und dem Bauen vergehen manchmal zwei bis drei Jahre.“
Als weiteres zentrales Thema nannte er die Sicherheit in der Hauptstadt. Die Polizei müsse gut ausgestattet werden, es müsse „die richtigen Gesetze“ geben. Damit bezog er auch Stellung zu der Debatte um die Ausschreitungen in der Silvesternacht von Berlin: Die Verantwortlichen müssten vor Gericht, Missstände müssten benannt werden, sagte der Kanzler. „Es darf nicht alles beschönigt werden.“





