Geopolitik

Lawrow: „Berliner Mauern zu errichten, ist der Stil des Westens“

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat dem Westen vorgeworfen, neue „Berliner Mauern“ hochziehen zu wollen. Zugleich zeigte er sich zu Gesprächen bereit.

Sergej Lawrow, Außenminister von Russland, während einer  Pressekonferenz
Sergej Lawrow, Außenminister von Russland, während einer PressekonferenzRamil SitdikovAP

Russlands Außenminister Sergej Lawrow hat dem Westen vorgeworfen, im Stil der „Berliner Mauern“ neue Trennlinien zu errichten. „Es wäre im Stil des Westens, ‚Berliner Mauern‘ zwischen sich und unserem großen eurasischen Raum zu errichten“, sagte Lawrow am Montag bei einem Auftritt an der Moskauer Eliteuniversität MGIMO. Zugleich versicherte er: „Wir wollen keine Mauern errichten.“

Lawrow betonte, Russland sei trotz des Kriegs in der Ukraine weiterhin zu einem Dialog auf gleichberechtigter Basis bereit. „Zorn ist ein schlechter Ratgeber“, sagte der Chefdiplomat. Der Westen müsse aber akzeptieren, dass Versuche, Russland „gefügig zu machen“, scheitern würden.

Die DDR hatte 1961 auf Geheiß Moskaus in Berlin ein Grenzsystem aus Mauer, Stacheldraht und Wachtürmen errichtet, um die Flucht von DDR-Bürgern in den Westen zu verhindern. 1989 fiel die Mauer infolge der friedlichen Revolution.

Lawrow: Russland viertgrößte Volkswirtschaft der Welt

In seiner Rede verwies Lawrow auch auf Russlands wirtschaftliche Stärke. Trotz westlicher Sanktionen sei das Land gemessen an der Kaufkraftparität inzwischen die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt und die größte Europas – dies hätten westliche Institutionen wie die Weltbank bestätigt. Von Isolation könne ebenfalls keine Rede sein: Treffen im Rahmen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) oder Gipfel der BRICS-Staaten hätten das Gegenteil bewiesen. „Diese sogenannten Regeln [des Westens] sind uninteressant geworden – niemand hat sie je gesehen, und sie laufen nur auf eines hinaus: Alle müssen akzeptieren, was dem Westen gerade dient“, sagte Lawrow.

Lawrow wirft Europa Blockade von Friedensbemühungen vor

Lawrow hatte bereits vor knapp drei Wochen die sogenannte Koalition der Willigen scharf kritisiert und ihr vorgeworfen, Friedensbemühungen zu untergraben. „Die Koalition versucht, den Fokus von den eigentlichen Ursachen des Konflikts abzulenken“, sagte Lawrow. Mit den „Ursachen“ meint Moskau regelmäßig die ukrainischen Bestrebungen, der Nato beizutreten.

Damals erklärte Lawrow zudem, Präsident Wladimir Putin sei grundsätzlich zu einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bereit. Zuvor müsse jedoch die Frage nach der „Legitimität“ der ukrainischen Führung geklärt werden. Versuche, Sicherheitsgarantien für Kiew außerhalb der 2022 in Istanbul gesetzten Rahmenbedingungen zu verhandeln, bezeichnete er als „hoffnungslos“.

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 sind die Beziehungen Russlands zum Westen auf einem Tiefpunkt. Moskau sieht sich beispiellosen Sanktionen gegenüber, während die Ukraine vom Westen massiv finanziell und militärisch unterstützt wird.