Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, wird bei der Landtagswahl im September 2026 nicht mehr als Spitzenkandidat der CDU anzutreten. Das teilte er am Donnerstagnachmittag auf einer Pressekonferenz in Magdeburg mit. Zugleich erklärte Haseloff den beginnenden Wahlkampf zum Zweikampf – zwischen CDU und AfD.
Ein Wahlsieg der AfD in Sachsen-Anhalt wäre „für dieses Land eine Katastrophe“, sagte Haseloff. Was die AfD politisch „androhe“, wolle er seinem Heimatland nicht zumuten. „Wenn die CDU politisch nicht Erfolg hat, wird es ganz schwierig für die Zukunft in diesem Land.“ Haseloff erwähnte keine andere Partei in seinen Statements.
Er verband auch seine Werbung für den Mann, der ihm als Ministerpräsident nachfolgen soll, mit dem Kampf gegen die AfD. Sven Schulze, bisher Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten, verfüge nicht nur über „Erfahrung und Format“, sondern stehe wie er selbst für „die ganz klare Abgrenzung zur AfD“.
Reiner Haseloff will bis 2026 sein Amt ausüben
Haseloff ist seit 2011 im Amt, länger als jeder andere Ministerpräsident in Deutschland. Er werde bis zum Ende der Legislaturperiode auch im Amt bleiben. Das sei selbstverständlich für ihn – denn das habe er schließlich im Wahlkampf vor fünf Jahren versprochen. Damals habe er auch bereits erklärt, dass die dritte Amtszeit seine letzte Amtszeit sein werde. Wer damals zugehört habe, den könne seine heutige Pressekonferenz nicht überraschen. Er habe damals erklärt, dass er den Generationswechsel vorbereiten werde. Auch das habe er getan.
Sven Schulze, der auf einem Kleinen Parteitag der CDU Sachsen-Anhalt am 1. November zum Spitzenkandidaten gewählt werden soll, ist 46 Jahre alt. Haseloff ist 71. Schon lange hatte es aus Sachsen-Anhalt geheißen, er habe auch seiner Frau versprochen, nicht mehr anzutreten.
Haseloff reagierte stellenweise fast aggressiv auf Nachfragen von Journalisten. In Sachsen-Anhalt ließen sich die Menschen nicht von „strategischen Überlegungen des reinen Machterhalts“, also etwa einer Amtsübergabe an Schulze vor der Wahl, täuschen. Den schlichten Satz: „Ich trete nicht mehr an“, sagte Haseloff nicht.
Auch Schulze stellte sich auf der Pressekonferenz vor. Er betonte immer wieder, dass Sachsen-Anhalt seine Heimat sei. Er sei in Quedlinburg aufgewachsen, kenne „fast jedes Dorf“ und sei vor seinem Wechsel in die Politik als Ingenieur tätig gewesen. Er sei in einer Zeit groß geworden, die nicht ganz einfach war, sagte Schulze – eine Anspielung auf seine Kindheit in der Wendezeit. Inzwischen ist er selbst Vater von drei Kindern.
Nachfolger Sven Schulze: „Stabilität, keine Experimente“
Auf die Frage nach seiner zentralen Botschaft sagte er: „Ganz klar: Stabilität, keine Experimente.“ Schulze betonte seine Erfahrung. Als er Minister geworden sei, habe er vieles noch nicht gewusst, aber im Job dazugelernt. Auch seine Zeit als Europaabgeordneter sei lehrreich gewesen. Seine „Passion“ aber sei immer die Kommunalpolitik gewesen, seine Zeit im Gemeinderat. In seinem Auftritt deutet sich an: Schulze wird im Wahlkampf wohl stark darauf setzen, als fleißiger, erfahrener, aber auch bescheidener Mann „aus unserer Heimat“ wahrgenommen zu werden. Er spricht auch deutlich hörbar Dialekt.
Als politische Schwerpunkte nannte er die Themen Migration, wirtschaftliche Stabilität und soziale Gerechtigkeit; in dieser Reihenfolge. Wobei er soziale Gerechtigkeit mit diesem Satz interpretierte: „Wer arbeitet, muss mehr haben als jemand, der nicht arbeitet.“ Auf Nachfrage betonte er, dass seine Haltung zur AfD deckungsgleich mit der von Reiner Haseloff sei. Man könne jedes einzelne Zitat zur AfD von Haseloff heraussuchen und den Namen Sven Schulze darüber setzen. Er werde nicht mit Parteien zusammenarbeiten, deren „einziges Ziel eine Destabilisierung“ des Landes sei.
Der Bundestagsabgeordnete Sepp Müller aus Sachsen-Anhalt sagte der Berliner Zeitung, Schulze vereine „Erfahrung, Sachverstand und die nötige Standfestigkeit, um unser Land durch herausfordernde Zeiten zu führen“. Schulze trete „radikalen Kräften“ entschlossen entgegen. Die gesamte Union in Sachsen-Anhalt scheint sich auf einen Kampf gegen die AfD eingeschworen zu haben – der 13 Monate dauern wird. Am 6. September 2026 findet die Landtagswahl statt.
Die CDU liegt in den Umfragen in Sachsen-Anhalt momentan vorn, zuletzt mit 34 Prozent, dicht gefolgt von der AfD, die zuletzt bei 30 Prozent lag. Die Landtagswahl 2021 gewann die CDU mit 37,1 Prozent, die AfD kam auf 20,8 Prozent. Bei der Bundestagswahl im Februar lag die AfD allerdings weit vor der CDU. Die guten Ergebnisse bei der letzten Landtagswahl wurden oft als Landesvater-Effekt gedeutet, Haseloff ist in seinem Bundesland beliebt. Auf diesen Effekt verzichtet die CDU in Sachsen-Anhalt nun bewusst.
AfD-Kandidat Ulrich Siegmund: „Irrelevant“, wer für die CDU antritt
Für die AfD wird Ulrich Siegmund als Spitzenkandidat antreten. Das entschied die Partei schon im Mai. Siegmund ist derzeit Fraktionsvorsitzender der AfD im Landtag. Er steht unter anderem für einen harten Kurs in der Migrationspolitik und ist einer der erfolgreichsten Politiker seiner Partei in den sozialen Medien; auf TikTok hat er mehr als eine halbe Million Follower. Auf X hat er am Donnerstag schon vor der Entscheidung der CDU mitgeteilt, die Frage, wer für die CDU antrete, sei für ihn „irrelevant“. Haseloff wie Schulze stünden „gleichermaßen für die Verwaltung des Niedergangs, für den klassischen CDU-Kurs“.
Haseloff und Schulze erwähnten Siegmund in ihrer Pressekonferenz zwar nicht namentlich, sprachen aber über ihn. Haseloff sagte, da trete einer an, „der hat noch keine Verwaltung von innen gesehen“ und „der ist im Jahr der Wiedervereinigung, als ich schon in politischer Verantwortung war, geboren worden“. Siegmund ist Jahrgang 1990, er stammt aus Havelberg. Sven Schulze sagte, Hunderttausende Follower, die irgendwo in Deutschland leben, seien für Sachsen-Anhalt nicht so entscheidend wie die „5000 Telefonnummern“, die er von wichtigen Personen im Land und in der Bundespolitik habe.
Weil die Wahl nicht nur für Sachsen-Anhalt, sondern für ganz Deutschland eine Entscheidungswahl werde, habe man die Kandidatur von Schulze natürlich auch mit Friedrich Merz, dem Bundeskanzler, abgestimmt.



