Deutschland

Land der Lustlosen? Deutsche leisten vermehrt nur noch „Dienst nach Vorschrift“

Noch nie wurde so häufig Dienst nach Vorschrift gemacht wie im vergangenen Jahr, fand eine Studie heraus. Loyalität und Vertrauen in Arbeitgeber leiden.

Eine Studie fällt ein klares Urteil zur Arbeitsmoral in Deutschland.
Eine Studie fällt ein klares Urteil zur Arbeitsmoral in Deutschland.Bernd Weissbrod/dpa

Laut einer Studie hat der sogenannte Dienst nach Vorschrift in Deutschland im vergangenen Jahr deutlich zugenommen. Das bedeutet, dass Beschäftigte nur noch das Nötigste in ihrem Job erledigen. Gleichzeitig sind emotionale Bindung, Loyalität und das Vertrauen in die finanzielle Zukunft des Arbeitgebers spürbar zurückgegangen, wie Wissenschaftler des Instituts Gallup im Gallup-Engagement-Index 2024 festgestellt haben.

Der Anteil derer, die emotional an ihren Arbeitgeber hochgradig gebunden sind, sei auf ein Rekordtief von neun Prozent eingebrochen –2023 waren es noch 14 Prozent. Nur noch die Hälfte der Beschäftigten wolle mehr als ein Jahr beim aktuellen Arbeitgeber bleiben, nur etwas mehr als ein Drittel wolle mehr als drei Jahre bleiben. „Dienst nach Vorschrift“ machen inzwischen der Studie zufolge 78 Prozent der Arbeitnehmer. 2023 lag dieser Anteil noch bei 67 Prozent.

Milliarden-Einbußen durch „innere Kündigungen“

„Das heißt, dass fast zwei Millionen Arbeitnehmende weniger als im Vorjahr mit Hand, Herz und Verstand bei der Sache waren“, heißt es in der Studie. Gallup geht davon aus, dass sich die volkswirtschaftlichen Kosten in Form von Produktivitätseinbußen durch „innere Kündigungen“ auf einen Wert zwischen 113 Milliarden und 135 Milliarden Euro belaufen – etwas weniger als im Vorjahr.

„Die vorherrschende schwach ausgeprägte emotionale Bindung trägt zur Wechselwilligkeit bei, während sich die Einschätzung des Arbeitsmarktes zunehmend von der wirtschaftlichen Lage entkoppelt“, sagte Marco Nink, einer der Autoren der Studie. „Trotz der zahlreichen schlechten Nachrichten der letzten Monate scheinen die Beschäftigten in Deutschland ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt weiterhin positiv einzuschätzen, was sicherlich auch damit zu tun hat, dass der Arbeits- und Fachkräftemangel täglich zu spüren ist.“

Daten deuten auf tiefe Skepsis hin

Unternehmen hätten es zwar geschafft, „innere Kündigungen“ durch gezielte Maßnahmen wieder zu reduzieren – aber sie hätten es bisher nicht geschafft, Motivation zu wecken. Ziel müsse es sein, durch eine motivierende Führungskultur zu hoher emotionaler Bindung zu kommen und damit die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Der aktuelle Trend geht demnach jedoch in die komplett falsche Richtung: Nur noch 21 Prozent der Beschäftigten vertrauen ihrer jeweiligen Führungskraft – ein Absturz um 20 Punkte im Vergleich zum Vorjahr. 2019 lag dieser Anteil noch bei 49 Prozent. „Die Daten deuten auf tiefe Skepsis und ein Empfinden von Entfremdung in weiten Teilen der Arbeitnehmerschaft hin.“

Der Engagement-Index wird von Gallup seit 2001 jährlich erstellt. Für die jüngste Untersuchung wurden zwischen dem 18. November und 20. Dezember 1700 zufällig ausgewählte Beschäftigte ab 18 Jahren telefonisch interviewt. Die Ergebnisse sind Gallup zufolge repräsentativ für die Arbeitnehmerschaft in Deutschland ab 18 Jahren.