Politik

Kleidervorgaben und Benimmregeln im Bundestag: Die AfD will sich einen Verhaltenskodex geben

Die AfD will ihr Image im Parlament aufpolieren. Doch intern droht Streit um den richtigen Kurs: Will die Partei sich mäßigen oder weiter radikalisieren?

Die AfD-Fraktion im Bundestag: Weidel und Chrupalla grüßen in die Kamera von Brandtner.
Die AfD-Fraktion im Bundestag: Weidel und Chrupalla grüßen in die Kamera von Brandtner.Bernd von Jutrczenka/dpa

Die AfD möchte künftig disziplinierter im Bundestag auftreten. Weniger pöbelnd und laut – und offenbar anständig gekleidet. Das geht aus einem Entwurf für einen Verhaltenskodex hervor, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt und über den auf der anstehenden Klausurtagung der Fraktion an diesem Wochenende entschieden werden soll.

Das Ziel sei demnach ein„geschlossenes und gemäßigtes Auftreten im Parlament“, um die politische Handlungsfähigkeit und Glaubwürdigkeit der Fraktion zu stärken. Hierzu solle auch auf angemessene Kleidung geachtet werden. Der Kodex sieht außerdem Regeln zur „Prävention von Bestechlichkeit“ und zum „Ausschluss von Interessenkonflikten“ vor.

Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch erhält die meisten Ordnungsrufe ihrer Partei.
Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch erhält die meisten Ordnungsrufe ihrer Partei.dpa

AfD mit den meisten Ordnungsrufen im Deutschen Bundestag

Der Entwurf, der aus Fraktionskreisen an die Medien lanciert wurde, folgt dem Bestreben des Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla, seiner Partei ein gemäßigteres, bürgerlich-konservatives Antlitz zu verleihen. Bereits im Frühjahr hatte Chrupalla angekündigt, sich im Parlament künftig mäßigen zu wollen. Wenn man mehr Wähler überzeugen wolle, steige auch die Verantwortung, sagte er im April im Deutschlandfunk. Seitens der AfD werde es nun einen anderen Ton geben, kündigte er an: „Man sollte unterscheiden zwischen einer Bundestagsrede und zum Beispiel einer Demo-Rede.“

Bislang fällt die AfD im Parlament vor allem durch Provokationen auf. 110 Ordnungsrufe wurden in der vergangenen Wahlperiode verteilt. Mehr als doppelt so viele wie in den vier Jahren zuvor. 72 davon gingen auf das Konto der Rechtsaußen-Partei. Und auch in der laufenden Wahlperiode scheint die AfD bislang nicht dem Wunsch nach Mäßigung ihres Co-Vorsitzenden Chrupalla zu entsprechen. Von neun Ordnungsrufen gingen acht an die AfD.

Für seinen Kurs erntet der Parteichef nicht nur Lob. Dem stramm nationalistischen Teil der AfD ist der „gemäßigte“ Kurs ein Dorn im Auge. In diesem Lager wird befürchtet, dass die Parteiführung um Weidel und Chrupalla zunehmend einen Kurs der Mitte einschlägt, um perspektivisch anschlussfähig für die CDU zu werden.

Mäßigung oder Radikalisierung: AfD-Richtungsstreit steht bevor

Seit ihrer Gründung durchläuft die AfD regelmäßig denselben Richtungsstreit: Will sie sich mäßigen oder weiter radikalisieren? Zuletzt hatte sich die AfD-Spitze darum bemüht, Einigkeit zu demonstrieren. Um den internen Frieden zu wahren, wurden zuletzt selbst hoch umstrittene Politiker wie Matthias Helferich und Maximilian Krah in die Bundestagsfraktion aufgenommen.

Vieles aber deutet darauf hin, dass der AfD ein weiterer Richtungsstreit bevorsteht. Auf der Klausurtagung an diesem Wochenende soll auch über ein Positionspapier abgestimmt werden, in dem es unter anderem heißt: „Wohnraum für Einheimische durch Remigration schaffen.“

Das Konzept der Remigration stammt ursprünglich aus dem rechtsextremen Umfeld. Gemeint ist damit, Migranten zur Rückkehr in ihre Herkunftsländer zu bewegen. Auch „nicht assimilierte Staatsbürger“ sollen durch Anpassungsdruck zum Verlassen des Landes gebracht werden. Inzwischen ist Remigration fester Bestandteil des AfD-Wortschatzes. Im Juni aber hatte sich ausgerechnet Maximilian Krah davon distanziert und angemahnt, die AfD müsse das Konzept überdenken, wenn sie kein Parteiverbot riskieren wolle.

Bislang hat die Partei Krahs Vorstoß weitgehend ignoriert. Auf der Klausurtagung könnte das Thema jedoch erneut zur Sprache kommen. Spätestens, wenn eben über eine Mäßigung gesprochen wird. Vor allem aus den radikaleren ostdeutschen Landesverbänden dürfte mit deutlichem Widerstand zu rechnen sein. Ein weiteres Kapitel im ewigen Richtungsstreit der AfD deutet sich an.

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