Der jüngste Artikel des US-Journalisten Jeffrey Goldberg in der Zeitschrift The Atlantic liest sich wie eine spannende Krimikomödie. Unterhaltsam, teilweise absurd und lächerlich. Aber es handelt sich um keine Fiktion. Goldberg ist seit Jahren ein international anerkannter Autor, der vor allem aus Afrika und dem Nahen Osten berichtet. Er ist Chefredakteur von The Atlantic und ist laut eigenen Angaben nicht besonders beliebt bei US-Präsident Donald Trump.
Umso erstaunlicher ist es, dass er von einem Nutzer namens Michael Waltz versehentlich zu einem Gruppenchat auf Signal hinzugefügt wurde – einer verschlüsselten Kommunikations-App, die häufig von Journalisten und Regierungsbeamten für vertrauliche Gespräche genutzt wird. Trotz anfänglicher Zweifel und Vermutungen, es könnte eine Falle sein, nahm Goldberg die Verbindungsanfrage an. Die nächste Nachricht habe dann gelautet: „Bitte stellen Sie uns den besten Mitarbeiter aus Ihrem Team zur Verfügung, mit dem wir uns in den nächsten Tagen und am Wochenende abstimmen können. Danke.“
Zwei Tage später sei er einer Gruppe namens „Houthi PC Small Group“ hinzugefügt worden. Dort habe Waltz eine Nachricht mit dem Inhalt „Team – Einrichtung einer Hauptgruppe zur Koordinierung der Huthis, insbesondere in den nächsten 72 Stunden …“ geschrieben. Es stellte sich tatsächlich heraus, dass es sich bei dem fraglichen Herrn Waltz um den Nationalen Sicherheitsberater von Trump handelte – kurz Mike Waltz. In dem Chat diskutierten hochrangige US-Sicherheitsbeamte die Möglichkeit einer Offensive gegen die Huthis im Jemen, schildert Goldberg.
J.D. Vance und Pete Hegseth sind mit in der Chatgruppe
Es folgten Diskussionen, die konkrete Pläne für Militäraktionen enthüllten. Die ausgetauschten Nachrichten enthielten Beiträge von hochrangigen Beamten wie Vizepräsident J.D. Vance, der sich zurückhaltend gegenüber Angriffe auf die Huthis geäußert haben soll. Verteidigungsminister Pete Hegseth habe Militäraktionen befürwortet. Laut Goldbergs Darstellung enthielten die Informationen in diesen Nachrichten detaillierte operative Details, darunter bestimmte Ziele, Waffentypen und Angriffssequenzen.
Insgesamt 18 Personen seien als Mitglieder dieser Gruppe aufgeführt worden, darunter verschiedene Beamte des Nationalen Sicherheitsrats. Goldberg zählt einige der ranghohen Beamten auf: „Steve Witkoff, Präsident Trumps Unterhändler für den Nahen Osten und die Ukraine; Susie Wiles, die Stabschefin des Weißen Hauses; und jemand, der nur als ‚S. M.‘ identifiziert wurde, was ich für Stephen Miller hielt. Auf meinem eigenen Bildschirm erschien ich nur als ‚J. G.‘“.
Goldberg habe starke Zweifel an der Echtheit dieser SMS-Gruppe gehabt. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass die nationale Sicherheitsführung der Vereinigten Staaten über Signal über bevorstehende Kriegspläne kommunizieren würde. „Ich konnte auch nicht glauben, dass der Nationale Sicherheitsberater des Präsidenten so leichtsinnig sein würde, den Chefredakteur von The Atlantic in solche Gespräche mit hochrangigen US-Beamten bis hin zum Vizepräsidenten einzubeziehen.“
US-Regierung spielt den peinlichen Vorfall herunter
Trotz des Vorfalls spielten offizielle Sprecher potenzielle Risiken auf Nachfrage Goldbergs herunter. Brian Hughes, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, sagte demnach: „Dies scheint ein authentischer Nachrichtenverlauf zu sein, und wir prüfen, wie eine unbeabsichtigte Nummer in die Kette eingefügt wurde. … Der anhaltende Erfolg der Huthi-Operation zeigt, dass es keine Bedrohung für Truppen oder die nationale Sicherheit gab.“
Kurz vor 14 Uhr Ostküstenzeit am 15. März erfuhr die Welt, dass die USA Huthi-Ziele im Jemen bombardierten. Goldberg schreibt, er habe bereits zwei Stunden vor den ersten Explosionen gewusst, dass der Angriff bevorstehen könnte. „Der Grund dafür war, dass mir Verteidigungsminister Pete Hegseth um 11.44 Uhr den Kriegsplan per SMS geschickt hatte. Der Plan enthielt genaue Informationen zu Waffenpaketen, Zielen und dem Zeitplan“, so der Journalist.
Bei den amerikanischen Luftangriffen wurden in den von den Huthi kontrollierten Teilen Jemens mindestens 53 Menschen getötet, darunter viele Frauen und Kinder. Trump hatte die erste direkte Offensive gegen die Miliz im Jemen zur Intensivierung der Militärangriffe auf die vom Iran unterstützte Gruppe initiiert. Ziel sei es gewesen, die Angriffe der Huthi im Roten Meer zu beenden.
Wie reagiert Trump auf den Artikel?
Als Trump am Montagnachmittag mit Reportern sprach, bat einer von ihnen um eine Stellungnahme zu dem Artikel. Daraufhin sagte der US-Präsident: „Ich weiß nichts darüber, ich bin kein großer Fan von The Atlantic. Für mich ist es ein Magazin, das bald pleitegeht“. Dann bat er den Journalisten, den Inhalt des Artikels zu erläutern. Als der Reporter klarstellte, dass The Atlantic berichtet hatte, Trumps Kabinettsmitglieder hätten die Messaging-App Signal genutzt, um den Angriff auf die Huthis zu koordinieren, sagte Trump: „Nun, es kann nicht sehr effektiv gewesen sein, denn der Angriff war sehr effektiv […] Ich weiß nichts darüber, Sie erzählen mir zum ersten Mal davon.“ Später sagte Trump in einem NBC-News-Interview: „Michael Waltz hat seine Lektion gelernt, und er ist ein guter Mann“. Die Anwesenheit des Journalisten im Gruppenchat habe „überhaupt keine Auswirkungen“ gehabt und die Angriffe der Huthi seien „vollkommen erfolgreich“ gewesen.


