Victor Boniface plagte die Angst. Über 15 Stunden saß er mit seinen Kollegen der nigerianischen Fußball-Nationalmannschaft am verlassenen Flughafen der libyschen Stadt Al-Abraq fest - kein Essen, kein Trinken, kein Schlafplatz. „Das wird jetzt unheimlich. Ihr könnt die Punkte haben. Wir wollen nur in unser Land zurückkehren“, schrieb der Spieler von Bayer Leverkusen am Montagnachmittag verzweifelt bei X: „Helft mir, meine Großmutter anzurufen und ihr zu sagen, dass es ihrem Enkel gut geht. Das ist krank.“
Eigentlich hätten die Nigerianer am Dienstag in Libyen zum Qualifikationsspiel für den Afrika-Cup antreten sollen. Doch wegen der „unmenschlichen“ Behandlung bei der Einreise werde das Team um Boniface und den Augsburger Frank Onyeka die Partie boykottieren, teilte der nigerianische Verband mit. Der Flieger war kurz vor der Landung erst umgeleitet worden ins drei Busstunden vom Spielort Benina entfernte Al-Abraq, doch es fehlte das Abholkomitee - und die gesamte Reisegruppe strandete am Airport.
Nigerianische Mannschaft fühlt sich nicht sicher
Als Mannschaftskapitän habe er „zusammen mit der Mannschaft entschieden, dass wir dieses Spiel NICHT spielen werden“, schrieb William Troost-Ekong in den sozialen Medien: „Sollen sie doch die Punkte haben.“ Nach den Vorkommnissen am Flughafen habe das Team Sicherheitsbedenken. „Wir werden es nicht akzeptieren, mit dem Auto irgendwohin zu fahren, denn selbst mit Sicherheitspersonal ist es nicht sicher. Wir können uns nur vorstellen, wie das Hotel oder das Essen aussehen würde, wenn wir unsere Reise fortsetzen.“
— William Troost-Ekong (M.O.N) (@WTroostEkong) October 14, 2024
Delegationsmitglied Victor Ikpeba forderte harte Sanktionen gegen Libyen und unterstützte die Entscheidung zum Boykott des Spiels. „Wenn die CAF ihren Job versteht, sollte Libyen aus dem internationalen Fußball ausgeschlossen werden“, sagte Afrikas Fußballer des Jahres 1997 der Nachrichtenagentur AFP: „Das ist ein Hochrisikoland, und man fragt sich wirklich, wer dafür gesorgt hat, dass Libyen seine Spiele zu Hause austrägt.“
Er habe noch „nie“ so etwas erlebt, „was ich in den letzten Stunden in Libyen erlebt habe. Die Mannschaft ist nicht sicher, und auch wir, die mit ihr reisen, sind nicht sicher. Wir waren mehr als 10 Stunden lang wie Geiseln in einem verlassenen Flughafen eingesperrt.“ Der Verband habe bei der Afrikanischen Fußballkonföderation (CAF) eine formale Beschwerde eingereicht. Wann die Heimreise stattfinden sollte, war zunächst unklar.
Libyscher Fußballverband reagiert auf Vorwürfe
Am Montagmittag deutscher Zeit meldete sich dann der libysche Verband mit einem Statement zu Wort. „Wir sind zutiefst besorgt über die jüngsten Berichte“, teilte der Verband mit: „Wir bedauern die entstandenen Unannehmlichkeiten, müssen aber darauf hinweisen, dass solche Vorfälle aufgrund von Routineprotokollen der Flugsicherung, Sicherheitskontrollen oder logistischen Herausforderungen im internationalen Flugverkehr auftreten können.“
Verspätungen oder Umleitungen seien zwar bedauerlich, aber nicht ungewöhnlich. „Wir haben den größten Respekt für unsere nigerianischen Kollegen und möchten ihnen versichern, dass die Umleitung ihres Fluges nicht beabsichtigt war.“
Es gebe keinen Grund, die libyschen Sicherheitsteams oder den libyschen Fußballverband zu beschuldigen, diesen Vorfall absichtlich inszeniert zu haben: „Solche Aktionen sind mit unseren Werten und Grundsätzen unvereinbar.“
William Troost-Ekong: „Wir sollten in Kürze nach Nigeria aufbrechen“
Nigerias William Troost-Ekong brachte die Fans am Montag gegen 14.30 Uhr auf X auf den neuesten Stand: Der Druck in den sozialen Medien habe dafür gesorgt, dass das Flugzeug gerade aufgetankt werde. „Wir sollten in Kürze nach Nigeria aufbrechen. Vielen Dank für die Unterstützung durch alle! ICH WIEDERHOLE: Wir würden ein Gastland für ein Spiel NIEMALS auf diese Weise behandeln. Fehler passieren, Verspätungen passieren. Aber niemals mit Absicht!“, schrieb Troost-Ekong.

