Habecks Ex-Staatssekretär

Heizungsgesetz-Erfinder Graichen: „Die beste Technologie ist die Wärmepumpe“

Er galt als Habecks Mann hinter dem Heizungsgesetz. Erstmals spricht Graichen über die Zeit nach seinem Rücktritt, seine Rückkehr in die Politik und den Kampf gegen „toxisches“ Gas.

Patrick Graichen, ehemaliger Staatssekretär und Architekt des Heizungsgesetzes.
Patrick Graichen, ehemaliger Staatssekretär und Architekt des Heizungsgesetzes.dpa

Patrick Graichen, ehemaliger Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und Architekt des umstrittenen Heizungsgesetzes, will zurück in die Energiepolitik. „Interessierte Kreise arbeiten schon daran, uns zurück in die Gasabhängigkeit zu bringen“, sagte Graichen der Süddeutschen Zeitung. „Da kann ich nicht einfach an der Seitenlinie stehen und zuschauen.“

In dem Interview äußert sich der Habeck-Vertraute erstmals ausführlich über seinen Rücktritt im Mai 2023. Damals war bekannt geworden, dass Graichen an der Berufung seines Trauzeugen zum Chef der Deutschen Energie-Agentur beteiligt gewesen war. Heute sagt er: „Das war mein persönlicher Fehler.“ Er habe einen „Tunnelblick“ gehabt.

Auch die Kommunikation rund um das Gebäudeenergiegesetz bewertet er kritisch: „Die Wucht der ‚Heizungshammer‘-Kampagne haben wir massiv unterschätzt.“ Man habe die Bürger vor doppelten Heizungswechseln und steigenden Gaspreisen schützen wollen. Doch der Gesetzentwurf sei „durchgestochen“ worden, während intern noch über Förderungen verhandelt wurde. Ein Konzept mit bis zu 80 Prozent Förderung sei an der FDP gescheitert. Die Koalition habe wochenlang im „kommunikativen Limbo“ festgesteckt. „Der zentrale Fehler war sicherlich, dass wir als kalte Technokraten rüberkamen“, so Graichen.

Wärmepumpen-Markt drastisch eingebrochen

Auch politisch zieht Graichen eine ernüchternde Bilanz. Die Ampel sei „ein Experiment“ gewesen, bei dem schon nach einem Jahr klar gewesen sei: „Das wird nix mehr.“ Spätestens nach dem sei die Koalition „implodiert“.

Das Ziel der Ampel seien 500.000 neue Wärmepumpen pro Jahr gewesen, hielten ihm die SZ-Journalisten im Interview vor. Davon sei man weit entfernt, vergangenes Jahr lag der Absatz demnach nur bei rund 200.000. Graichen räumte ein: „Wir sind jetzt in der Phase: ‚Das Imperium schlägt zurück‘.“ Weltweit würden Klimaschutzgesetze zurückgenommen, in England, den Niederlanden, Kanada. Doch er gibt sich kämpferisch: „Am Schluss setzt sich die bessere Technologie durch, und die effizienteste Technologie im Heizungskeller ist halt die Wärmepumpe.“

Er sei davon überzeugt: Jeder wolle eine Solaranlage aufs Dach, „auch in Gegenden, wo 50 Prozent die AfD wählen“. Und wer eine Solaranlage habe, denke auch an den nächsten Schritt: „An Batterie, Wärmepumpe, E-Auto.“

Graichen plant ein Buch

Nach seinem Rücktritt habe er zwei Jahre gebraucht, um wieder Tritt zu fassen, sagt Graichen. Er sei wandern gewesen, habe ein Bauernhaus saniert und Zeit mit der Familie verbracht. Nun denke er über ein Buch nach.  Darin solle es um den „Kampf sauberer Strom gegen dreckiges Gas“ gehen. Gas sei nicht nur klimaschädlich, sondern auch geopolitisch „toxisch“. Große Anteile der deutschen Gasimporte kämen aus Russland und den USA. Und sowohl bei Trump als auch bei Putin sei klar, „dass sie das bei Bedarf als Waffe gegen uns einsetzen werden“.

Mittlerweile sitzt Graichen im Aufsichtsrat des ukrainischen Stromnetzbetreibers Ukrenergo. Dort helfe er dabei, „dass die Ukraine und ihr Energiesystem durch den Krieg kommen“. Doch die Rückkehr in die deutsche Energiepolitik hat er im Blick. Er will wieder mitmischen. Der Kampf um Klimaneutralität sei nicht vorbei: „Der Job ist erst erledigt, wenn die Erderhitzung gestoppt ist.“

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