Justiz

Für Impfpflicht und AfD-Verbot: CSU unterstützt SPD-Kandidatin für Verfassungsgericht

Frauke Brosius-Gersdorf soll nach Vorschlag der SPD Richterin am Verfassungsgericht werden. Die Personalie sorgt für Diskussionen.

Frauke Brosius-Gersdorf soll Richterin am Verfassungsgericht werden.
Frauke Brosius-Gersdorf soll Richterin am Verfassungsgericht werden.Britta Pedersen/dpa

Die anstehende Wahl der Verfassungsrichter sorgt weiterhin für Diskussionen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hat nun die Unionsfraktion aufgefordert, trotz Vorbehalten die von der SPD vorgeschlagene Juristin Frauke Brosius-Gersdorf zu unterstützen.

„Bei den Richterwahlen für das Bundesverfassungsgericht geht es um die Handlungsfähigkeit unserer Demokratie“, sagte Hoffmann der Augsburger Allgemeinen vom Montag. Die Linkspartei forderte unterdessen angesichts ihrer voraussichtlich notwendigen Unterstützung bei der Wahl künftig ein Mitspracherecht bei der Kandidatenauswahl.

Brosius-Gersdorf: Diskussionen wegen Abtreibung und Impfpflicht

Im Bundestag sollen am Freitag drei neue Verfassungsrichterinnen und Verfassungsrichter gewählt werden. Für zwei von ihnen hat die SPD das Vorschlagsrecht, für einen die Union. CDU/CSU wollen den Richter am Bundesarbeitsgericht Günter Spinner vorschlagen, die SPD möchte die Rechtsprofessorinnen Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold ins Rennen schicken. Der Wahlausschuss im Bundestag wollte die Kandidierenden am Montagabend nominieren.

In der Unionsfraktion gibt es jedoch Vorbehalte gegen die Juraprofessorin Brosius-Gersdorf. Dabei geht es Medienberichten zufolge unter anderem um ihre Positionierung zur Reform des Abtreibungsrechts. Unionsvertreter sehen demnach zudem kritisch, dass sich die Juristin gegen die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichts zum Tragen des muslimischen Kopftuches im Staatsdienst gestellt habe.

Auch aufgrund anderer Standpunkte sorgte Brosius-Gersdorf für Diskussionen. Während der Corona-Pandemie wurde in der Bundesrepublik heftig über eine Impfpflicht für die gesamte Bevölkerung diskutiert. Brosius-Gersdorf von der Universität Potsdam argumentierte dabei in einem Papier, das dies nicht gegen das Grundgesetz verstoße. „Man kann sogar darüber nachdenken, ob mittlerweile eine verfassungsrechtliche Pflicht zur Einführung einer Impfpflicht besteht“, hieß es darin weiter. Für weitere Diskussionen sorgt auch eine Aussage der Professorin in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. Dort sagte sie zu einem möglichen AfD-Verbot: Ein Verbotsverfahren sei ein „ganz starkes Signal unserer wehrhaften Demokratie“. Zu bedenken gab sie, „dass damit nicht die Anhängerschaft beseitigt“ werden könne

CSU-Landesgruppenchef Hoffmann fürchtet, dass bei einer Ablehnung von Brosius-Gersdorf auch der Unionskandidat scheitern würde. „Die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag sind so, dass wir unseren Wunschkandidaten nur im Paket mit weiteren Personalentscheidungen durchsetzen können.“ Hoffmann betonte: Gerade „in Zeiten, in denen im Bundestag die radikalen Ränder stark sind wie nie“, brauche es bei der Besetzung freier Richterstellen in Karlsruhe „ein geschlossenes Votum der Parteien der Mitte“.

Union und SPD auf Stimmen von Linke und Grüne angewiesen

Bei der Richterwahl im Plenum am Freitag ist eine Zweidrittelmehrheit nötig. Da die Regierungsparteien Union und SPD eine Abhängigkeit von der AfD vermeiden wollen, wären sie dafür auf die Unterstützung von Grünen und Linkspartei angewiesen. Für die Vorschläge im Wahlausschuss ist gleichfalls eine Zweidrittelmehrheit nötig - dort würden aber die Stimmen von Union, SPD und Grünen reichen.

SPD-Fraktionschef Matthias Miersch will nach eigener Aussage für die drei in Frage stehenden Kandidatinnen und Kandidaten eine Mehrheit im Bundestag ohne die AfD erreichen. Er bemühe sich „nach Kräften, ein Stimmverhalten zu erreichen“, so dass eine Abhängigkeit von der AfD ausgeschlossen sei. Die Spitze der AfD-Fraktion hat den Abgeordneten ihrer Partei die Wahl des CDU-Kandidaten empfohlen. Dieser mache „einen vernünftigen Eindruck“, sagte AfD-Fraktionschefin Alice Weidel am Montag in Berlin. Nicht in Frage komme aber eine Unterstützung der beiden SPD-Kandidatinnen. Sie seien „linke Aktivistinnen“ und brächten nicht die nötige Neutralität für das Richteramt in Karlsruhe mit.