Die russische Söldnertruppe Gruppe Wagner ist berüchtigt: Die Vereinten Nationen werfen den Paramilitärs, die unter anderem in Syrien, Libyen, Mali und der Ukraine im Einsatz sind oder waren, Gräueltaten an der Zivilbevölkerung vor. Alexander Slodejew gehörte der Truppe eigenen Angaben zufolge mehrere Jahre lang an, bevor er nun in Frankreich politisches Asyl beantragte. Im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP berichtet er von den engen Verbindungen des Kremls zur Gruppe Wagner.
„Ich war bei der Gründung dieser Organisation dabei“, sagt Slodejew im Aufnahmezentrum für Asylbewerber auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle. Zwischen 2014 und 2015, zu Beginn des Konflikts im Donbass zwischen prorussischen Separatisten und der ukrainischen Armee, habe er sich Wagner angeschlossen, sagt der schlanke 53-Jährige mit den kurzen grauen Haaren. In dieser Zeit habe er den jährlichen „Russischen Marsch“ mit organisiert, eine Demonstration von Rechtsextremen und Monarchisten. Diese und andere Angaben Slodejews konnte AFP nicht unabhängig überprüfen.
„Wir erhielten Informationen, dass im Donbass, in der Region Luhansk, Russen getötet wurden, weil sie Russisch sprachen“, sagt er. „Also gingen wir hin, um die Russen zu verteidigen. Als wir dort ankamen, wurde man auf uns aufmerksam und bot uns an, Wagner beizutreten.“ Slodejew beteuert, er habe selbst nicht gekämpft: „Ich habe im Hauptquartier gearbeitet, am Computer, in einem Büro, das für die Verwaltung der Truppen zuständig war.“
Kritiker bezeichnen die Gruppe Wagner als Schattenarmee des russischen Präsidenten Wladimir Putin für Auslandseinsätze, der Kreml bestreitet jegliche Verbindung.
Geschäftsmann Jewgeni Prigoschin soll Gruppe Wagner gegründet haben
Der kremlnahe Geschäftsmann Jewgeni Prigoschin erklärte Ende September, er habe die paramilitärische Gruppe 2014 gegründet, und bezeichnete sie als „Säule“ der Verteidigung russischer Interessen. „Die Organisation wurde vom Verteidigungsministerium gegründet“, sagt dagegen Slodejew. Der russische Militärgeheimdienst GRU habe dann Prigoschin die Verantwortung für Wagner übertragen. „Zuvor gab es keine Organisation, die bestimmte Probleme außerhalb des russischen Territoriums mit militärischen Mitteln lösen konnte“, sagt er.
Slodejews Darstellung zufolge wurde die Truppe anfangs mit „ausgebildeten Leuten besetzt, die wussten, was sie taten: Berufssoldaten, von denen einige in Tschetschenien gekämpft hatten, und ehemalige Offiziere des Verteidigungsministeriums“. Er fügt hinzu: „Wir bekamen alle Militäruniformen direkt aus speziellen Lagern des GRU. Wir bekamen sehr schöne Uniformen.“ Den Sold habe der GRU bar ausgezahlt.
Nach einigen Monaten wurde Slodejew nach eigenen Angaben nach Syrien geschickt, wo Wagner an der Seite der regulären russischen Armee im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) schwere Verluste erlitt.
Gruppe Wagner erlitt in den Kämpfen hohe Verluste
Slodejew behauptet, er habe damals im Hauptquartier von Wagner gearbeitet und regelmäßig Kontakt mit Prigoschin gehabt. „Ich habe mit ihm telefoniert, als Palmyra das erste Mal eingenommen wurde. Es gab schwere Verluste“, sagt er. Seine Aufgabe sei es gewesen, Prigoschin auf dem Laufenden zu halten.
Zu dieser Zeit deuteten sich zunehmende Spannungen zwischen Prigoschin und Verteidigungsminister Sergej Schoigu an, die um Einfluss konkurrierten. „Als Wagner Palmyra zum ersten Mal befreite und Putin ein Loblied darauf sang, war Schoigu nicht sehr erfreut, und danach begannen die Reibereien“, sagt Slodejew. „Die Versorgung wurde sehr schlecht und wir bekamen sehr viel weniger Waffen.“ Weil er immer wieder auf die hohen Verluste hingewiesen habe, sei er entlassen worden, sagt Slodejew.
Laut seiner Anwältin in Frankreich, wo er am 12. Oktober ankam, verließ Slodejew Wagner etwa 2017. Daraufhin habe er Kontakt zum Umfeld des inzwischen inhaftierten Kremlkritikers Alexej Nawalny aufgenommen. Er sei „gegen den Krieg“ in der Ukraine und habe sich in russischen Onlinenetzwerken gegen die Invasion ausgesprochen, sagt Slodejew. „Innerhalb Russlands kann ich nicht so kämpfen, wie ich es sollte, deshalb habe ich beschlossen, das Land zu verlassen“, sagt er.







