Deutschland ist vom Europarat offiziell gerügt worden. Ein am Dienstag veröffentlichter Bericht prangert die „wachsende Ungleichheit“ in der Bundesrepublik an. Das hohe Maß an Armut und sozialer Ausgrenzung stehe in keinem Verhältnis zum Reichtum im Land. Der Europarat fordert von Deutschland daher mehr Anstrengungen im Kampf gegen Armut.
Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, begrüßte zwar die von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen, etwa das Sozialsystem zu reformieren, um es zugänglicher zu machen, die Sozialversicherungsleistungen zu erhöhen und mehr Ausbildungsmöglichkeiten für Arbeitslose anzubieten. Es seien jedoch weitere Anstrengungen nötig, um die „wachsende Ungleichheit“ zu bekämpfen.
Mijatovic forderte unter anderem, den Kreislauf der wachsenden Kinderarmut zu durchbrechen. Bestehende Hindernisse beim Zugang zu sozialen Rechten müssten beseitigt werden. Außerdem seien dringende Maßnahmen nötig, um dem akuten Mangel an bezahlbaren Wohnraum insbesondere in städtischen Zentren mit allen verfügbaren Mitteln zu begegnen. Dazu gehörten auch Eingriffe in den Wohnungsmarkt.
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Obdachlosigkeit und Rassismus: Europarat sieht viele Baustellen in Deutschland
Um Obdachlosigkeit zu verhindern und zu beseitigen, seien umfassende und langfristige Maßnahmen nötig, etwa Änderungen beim Mietrecht. Besondere Aufmerksamkeit sei auch beim Anstieg der Fremdenfeindlichkeit nötig, die potenziell in der Lage sei, den sozialen Zusammenhalt zu untergraben und die demokratischen Institutionen zu destabilisieren.
Aus Berlin hieß es, die Bundesregierung teile „die Sorgen der Kommissarin hinsichtlich der steigenden Zahl wohnungsloser Menschen in Deutschland“. Von deutscher Seite wurde darauf verwiesen, dass erstmals beschlossen worden sei, einen Nationalen Aktionsplan zur Überwindung von Wohnungslosigkeit zu verabschieden.
Zwar sei der Bestand an Sozialwohnungen in Deutschland von rund drei Millionen Wohnungen im Jahr 1990 auf derzeit etwa eine Million Sozialmietwohnungen „abgeschmolzen“. Aktuell sei jedoch vorgesehen, dass der Bund den Ländern für den sozialen Wohnungsbau im Zeitraum 2022 bis 2027 insgesamt 18,15 Milliarden Euro Bundesmittel zur Verfügung stellt.
Diese Summe werde durch die Länder kofinanziert, „so dass erfahrungsgemäß insgesamt eine mehr als doppelt so hohe Summe für die Schaffung von sozialem und bezahlbarem Wohnraum zur Verfügung stehen wird“. Damit sei „die Trendwende hin zu einem sich perspektivisch wieder aufbauenden Sozialwohnungsbestand eingeleitet“ worden.


