Frieden in der Ukraine

Europäer versuchen Einfluss auf Ukraine-Verhandlungen zu nehmen – erste Details

USA und Europa diskutieren „Sicherheitsplan“ für die Ukraine. Es ist von bis zu 800.000 Soldaten die Rede. Nun sind erste Details aus den Berlin-Dokumenten öffentlich geworden.

Ukraine-Gipfel in Berlin: Haben die Europäer Einfluss – oder glauben sie das nur?
Ukraine-Gipfel in Berlin: Haben die Europäer Einfluss – oder glauben sie das nur?Frank Ossenbrink/imago

Die USA und europäische Staaten bereiten Vorschläge für einen Unterstützungsplan der Ukraine nach einem möglichen Friedensabkommen vor. Wie die New York Times unter Berufung auf Verhandlerkreise berichtet, haben US-amerikanische und europäische Unterhändler zwei Dokumente zur Unterstützung der Ukraine entworfen.

Bei mehr als achtstündigen intensiven Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und anderen ukrainischen Vertretern am 14. und 15. Dezember in Berlin seien die Sicherheitsdokumente ausgearbeitet worden.

An den Gesprächen waren Staats- und Regierungschefs sowie nationale Sicherheitsbeamte aus rund einem Dutzend europäischer Länder beteiligt, darunter Frankreich, Deutschland, Italien, Polen und Großbritannien.

Details aus „militärischen Betriebsdokument“

Eines der Dokumente legt allgemeine Prinzipien fest. Es beinhaltet laut US-Beamten und europäischen Diplomaten eine Verpflichtung ähnlich der Beistandsgarantie in Artikel 5 des Nato-Vertrags, wonach alle Mitgliedstaaten einem angegriffenen Land beistehen. Darüber hatte auch die Berliner Zeitung berichtet.

Das andere Dokument, von US-Beamten als „militärisches Betriebsdokument“ bezeichnet, enthält detailliertere Informationen. Das militärische Betriebsdokument beinhaltet laut Informanten zahlreiche spezifische Anweisungen, die der Ukraine in verschiedenen Szenarien eines möglichen russischen Einmarsches Sicherheit geben sollen.

US-Geheimdienste sollen eingebunden werden

Ein US-Beamter, der anonym bleiben wollte, bezeichnete das Dokument als „sehr spezifisch“ in Bezug auf Maßnahmen zur Abschreckung weiterer Übergriffe und zur Bestrafung Russlands, sollten diese dennoch erfolgen.

Es legt auch fest, wie die USA mit ihren umfangreichen Geheimdienstkapazitäten bei der Überwachung des Waffenstillstands helfen und russische Aktivitäten aufdecken würden, die auf ein erneutes Eindringen in die Ukraine abzielen.

Wird die Ukraine aufgerüstet?

Priorität habe ein Plan, die Größe der ukrainischen Streitkräfte auf ein „Friedensniveau“ von 800.000 Soldaten mit moderner Ausrüstung und Ausbildung zu bringen, um eine starke Abschreckung gegen Russland zu bilden. Zum Vergleich: Die deutsche Bundeswehr hat rund 180.000 Soldaten.

Der Aufbau einer solchen Streitmacht erfordere laut einer gemeinsamen Erklärung der Staats- und Regierungschefs von zehn europäischen Ländern und hochrangiger EU-Vertreter eine „nachhaltige und erhebliche Unterstützung“ für die Ukraine.

Viele Pläne und Absichtserklärungen

Das Dokument legt auch Details über eine von Europa geführte Militärtruppe fest, die die Ukraine unterstützen soll, indem sie im Land operiert, um den Luftraum und die Meere zu sichern. Diese Truppen sollen in der Westukraine stationiert werden, um als weitere Abschreckung gegen künftige russische Aggressionen zu dienen.

Der Entwurf sieht zudem vor, wie die USA dabei helfen werden, Versuche Russlands aufzudecken, „False Flag“-Operationen zu inszenieren, die Moskau einen Vorwand für eine Wiederaufnahme der Feindseligkeiten liefern könnten.

Die Europäer wollen, aber können sie auch?

Doch trotz der Fortschritte in den Verhandlungen bleibt unklar, welchen Einfluss die Europäer tatsächlich haben. Einerseits drängt die US-Regierung unter Präsident Trump auf Zugeständnisse der Ukraine, insbesondere bei Gebietsabtretungen. Andererseits zeigt sich Russland hart in seinen Forderungen und lehnt beispielsweise die Stationierung von Nato-Truppen in der Ukraine strikt ab.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs stehen somit unter erheblichem Druck. Sie müssen einen Spagat zwischen den Interessen der USA, den Sicherheitsbedenken der Ukraine und der kompromisslosen Haltung Russlands meistern. Ob es ihnen gelingt, in diesem Spannungsfeld eigene Akzente zu setzen und die Verhandlungen maßgeblich zu beeinflussen, bleibt abzuwarten.

Letztlich hängt ein dauerhafter Waffenstillstand von der Bereitschaft Russlands und der Ukraine ab, schmerzhafte Kompromisse einzugehen. Die Europäer können dabei vermitteln und unterstützen – die Entscheidungshoheit liegt derzeit aber diplomatisch in Washington und militärisch in Moskau.