Ukrainekrieg

EU verhängt Sanktionen gegen russische Schattenflotte

Droht wegen der russischen Schattenflotte eine Ölpest in der Ostsee? Anrainerstaaten und Umweltschützer sehen erhebliche Risiken. Die EU will jetzt handeln.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der LeyenFrederick Florin/AFP

Die EU-Staaten haben sich auf schärfere Russland-Sanktionen geeinigt. Die Ständigen Vertreter der Mitgliedsländer billigten am Mittwoch in Brüssel das 15. Sanktionspaket seit der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022, wie die ungarische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Die Strafmaßnahmen richten sich vor allem gegen die sogenannte russische Schattenflotte. Damit sind Tanker unter fremder Flagge gemeint, mit denen Russland das vor zwei Jahren verhängte Öl-Embargo umgeht.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begrüßte die Einigung. Die EU und die G7-Gruppe wollten „den Druck auf den Kreml aufrecht erhalten“, schrieb sie im Onlinedienst X. Zur G7-Gruppe großer Industriestaaten gehören die USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan.

EU setzt 50 russische Schiffe auf Sanktionsliste

Für die Schattenflotte nutzt Russland alte und oft unversicherte Tanker, um Rohöl und Ölprodukte ungeachtet der internationalen Sanktionen zu exportieren. Die Schiffe fahren laut EU unter falscher Flagge und nutzen komplizierte Eigentums- und Managementstrukturen. Das Öl werde per „Schiff-zu-Schiff-Transfer“ mittels „gefälschter Positionen, Übermittlung falscher Daten und anderer betrügerischer oder sogar illegaler Techniken“ auf See verladen, teilte die EU vor wenigen Wochen mit.

Die EU setzt laut Diplomaten deshalb rund 50 Schiffe auf ihre Sanktionsliste. Das hat ein Anlegeverbot in europäischen Häfen zur Folge. In einem ersten Schritt hatte die EU im Juni bereits rund zwei Dutzend Schiffe auf eine entsprechende Schwarze Liste gesetzt.

Zudem werden weitere Verantwortliche für den Angriffskrieg in der Ukraine mit Einreise- und Vermögenssperren belegt. Die EU-Außenminister wollen das neue Sanktionspaket kommenden Montag noch formell beschließen.

Sanktionen der G7-Gruppe verbieten es westlichen Reedereien und Schiffsversicherungen zudem, sich an russischen Rohölexporten von über 60 Dollar pro Barrel zu beteiligen. Russland umgeht nach westlichen Angaben auch diese Sanktionen, indem es Schiffe anderer Reedereien für seine Exporte nutzt.

Umweltschützer sehen Gefahr durch russische Ölexporte in Drittstaaten

Bei den Sanktionen gegen die Schiffe geht es vor allem um wirtschaftliche Aspekte, aber auch um den Umweltschutz. Russland wird seit langem vorgeworfen, zur Umgehung eines westlichen Preisdeckels für russische Ölexporte in Drittstaaten auf Schiffe zu setzen, die nicht in der Hand westlicher Reedereien oder von westlichen Versicherungen versichert worden sind.

Nach Ansicht von Experten gibt es dabei große Risiken für die Schifffahrt und die Umwelt. Sie weisen zum Beispiel darauf hin, dass viele Tanker überaltert seien, technische Mängel hätten und zeitweise ohne automatisches Identifizierungssystem unterwegs seien. Ostseeanrainer wie Schweden und Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace fordern deswegen schon seit Monaten ein schärferes Vorgehen gegen beteiligte Schiffseigentümer, Betreiber und Versicherungsgesellschaften.

Greenpeace verweist dabei darauf, dass auch die gesamte deutsche Ostseeküste durch die Tanker bedroht werde. Nach Zahlen der Umweltschutzorganisation sind mehr als 170 Schiffe der russischen Schattenflotte in den vergangenen zwei Jahren einmal oder öfter durch die deutsche Ostsee und das Seegebiet der Kadetrinne in der Mecklenburger Bucht gefahren.

Fehmarn: Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace malen den Schriftzug „Oil fuels war“ auf den Rumpf eines Schiffes, das russisches Öl auf der Ostsee transportiert.
Fehmarn: Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace malen den Schriftzug „Oil fuels war“ auf den Rumpf eines Schiffes, das russisches Öl auf der Ostsee transportiert.Frank Molter/dpa

Das bislang letzte Paket der EU mit Russland-Sanktionen war im Juni beschlossen worden. Es umfasste vor allem Maßnahmen gegen milliardenschwere Geschäfte mit Flüssigerdgas (LNG) und Unternehmen, die an der Umgehung von Sanktionen beteiligt sind. Ein weiteres EU-Paket mit Russland-Sanktionen soll es nach derzeitigen Plänen im kommenden Februar zum dritten Jahrestag des Kriegs gegen die Ukraine geben. Die jetzt geplanten Strafmaßnahmen sollen bis spätestens Jahresende beschlossen sein.