Die ostukrainische Stadt Soledar ist weiter heftig umkämpft. Die Behauptung der russischen Söldnertruppe Wagner, sie habe die Stadt in der Region Donezk eingenommen, wurde am Mittwoch sowohl von Moskau als auch von Kiew zurückgewiesen. Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak nannte die Kämpfe um Soledar und das nahe gelegene Bachmut die „blutigsten“ Gefechte seit Beginn der russischen Invasion.
„Soledar war, ist und wird immer ukrainisch sein“, betonte die ukrainische Armee. Auch der Kreml widersprach den Angaben von Wagner-Gründer Jewgeni Prigoschin, seine Kämpfer hätten „das gesamte Gebiet von Soledar unter ihre Kontrolle gebracht“. Prigoschin erklärte aber zugleich, dass im Stadtzentrum noch gekämpft werde. Die Angaben zum Kampfgeschehen vor Ort ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Der Grund für die Aussage ist ein Foto, dass die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti veröffentlicht hatte. Es soll Prigoschin mit bewaffneten Kämpfern in den Salzminen von Soledar zeigen. Kiew dementierte derweil die Behauptungen. So wies die ukrainische Armee wie Moskau den Bericht zurück und erklärte hingegen, die Aufnahme sei an einem anderen Ort entstanden. Das sei „nicht wahr“, heißt es.
Soledar: Russische Luftwaffe bombardiert ukrainische Stellungen
Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach von einer „positiven Dynamik beim Vorrücken“ der russischen Kräfte in Soledar, rief aber gleichzeitig dazu auf, nicht voreilig einen Sieg zu verkünden. „Warten wir auf offizielle Erklärungen“, sagte er in Moskau.
Es seien nach wie vor Kampfeinheiten in der Stadt im Einsatz, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. „Luftlandetruppen haben den nördlichen und südlichen Teil von Soledar blockiert.“ Zudem bombardiere die russische Luftwaffe ukrainische Stellungen in der Stadt.
Soledar liegt in der von Moskau beanspruchten Region Donezk in der Nähe der seit Monaten schwer umkämpften Stadt Bachmut. Beide Seiten hatten zuletzt heftige Kämpfe um Soledar gemeldet.
Sollten russische Kämpfer Soledar einnehmen, wäre dies der erste bedeutende militärische Sieg für Moskau seit Monaten. Wagner-Gründer Prigoschin könnte dadurch seinen politischen Einfluss in Moskau weiter ausbauen. Er hatte zuvor betont, die Stadt werde „ausschließlich“ von Kämpfern seiner Söldnertruppe angegriffen.
Kämpfe in Soledar und Bachmut sind das „blutigste Szenario dieses Krieges“
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach in einer Videobotschaft am Dienstag von einer „schwierigen Situation“ in der Region Donezk. Er lobte die „Tapferkeit“ der ukrainischen Soldaten, die Soledar verteidigen. Anfang der Woche hatte er erklärt, Soledar sei durch die Kämpfe vollkommen zerstört.
Der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak bezeichnete die Kämpfe um Soledar und Bachmut als das „blutigste Szenario dieses Krieges“. Die russischen Verluste seien „enorm“ und die ukrainische Armee „verliert ebenfalls Männer“, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Während in Mariupol vor allem Zivilisten getötet worden seien, seien es in Soledar und Bachmut nun Soldaten – „Tausende“ auf russischer Seite. Er schätzte die Zahl der getöteten Russen in der Region seit dem Sommer auf 10.000 bis 15.000.
Die Ukraine könne den Krieg innerhalb eines Jahres gewinnen, falls der Westen mehr Waffen und militärische Ausrüstung an Kiew liefere, betonte der Präsidentenberater weiter. Die ukrainische Armee benötige Raketen mit einer Reichweite „von mehr als hundert Kilometern“, um besetzte Gebiete zurückzuerobern. Dies würde nach seinen Angaben zu einer Beendigung des Krieges im Sommer oder spätestens im Herbst führen.
Ukraine-Krieg: Stimmen für Waffenlieferungen werden lauter
Podoljak bekräftigte außerdem die ukrainischen Forderungen nach Kampfpanzern. Weitere Waffenlieferungen an Kiew waren auch ein Thema beim Besuch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Dienstag im ostukrainischen Charkiw. Baerbock nannte die Lieferung zusätzlicher Panzer am Dienstagabend in der ARD notwendig. Eine Zusage für die von Kiew gewünschten Leopard-Kampfpanzer machte sie aber nicht, denn eine Lieferung deutscher Kampfpanzer dieses Typs ist weiterhin umstritten.
Selenskyj gab hingegen am Mittwoch bekannt, dass die polnische Regierung in Warschau bereit sei, Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern. Polens Präsident Andrzej Duda bestätigte die Bereitschaft.
Nur wenige Stunden nach Baerbocks Überraschungsbesuch in Charkiw war die Stadt am Dienstagabend bombardiert worden. Ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP hörte mehrere Explosionen in der Stadt.





