Polens Ministerpräsident Donald Tusk hat eine für den 12. September geplante Reise nach Deutschland abgesagt. Ursprünglich sollte ihm an diesem Tag in Potsdam der Medienpreis des M100 Sanssouci Colloquiums verliehen werden. Wie die Veranstalter nun mitteilen, wird jedoch nicht nur der Preisträger nicht anwesend sein, auch die eigentlich angedachte Teilnahme des Bundeskanzlers werde entfallen.
„Zu unserem großen Bedauern musste Bundeskanzler Olaf Scholz seine Teilnahme am M100 Media Award aus Termingründen leider absagen. Auch Premierminister Donald Tusk kann aufgrund wichtiger Verpflichtungen im Land, die in diesem Jahr auf den 12.9. verschoben wurden, nicht persönlich an der Verleihung teilnehmen“, heißt es in einer Erklärung der Veranstalter vom Montag.
Die Laudatio soll nun statt von Scholz vom ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck und dem ehemaligen Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping gehalten werden. An Stelle des polnischen Premierministers wird laut M100 Adam Bodnar, der polnische Justizminister, den Preis entgegennehmen.
Tusk sagt Termin mit Scholz in Potsdam ab: Zusammenhang mit Nord Stream?
Laut einem Bericht des europäischen Nachrichtenportals Euraktiv könnten aktuelle Spannungen zwischen den Ländern wegen der Ermittlungen zur Sabotage an den Nord-Stream-Pipelines im Zusammenhang mit den Absagen stehen. Das Ersuchen Berlins, einen in Polen lebenden ukrainischen Staatsbürger zu verhaften, der verdächtigt wird, die Explosion von Nord-Stream-2 verursacht zu haben, wurde von Polen abgelehnt. Tusk hatte zuletzt ungewohnt scharfe Worte wohl gegen Deutschland verwendet, als er „allen Initiatoren und Förderern von Nord Stream 1 und 2“ riet, „das Einzige, was sie heute tun sollten, ist, sich zu entschuldigen und zu schweigen.“
Explosionen hatten die beiden Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 Ende September 2022 beschädigt und unterbrochen. Zu den Tätern und den Drahtziehern kursierten lange unterschiedliche Spekulationen. Mitte August hatte die ukrainische Führung einen Bericht der US-Zeitung „Wall Street Journal“ über eine Billigung der Sabotage durch die höchste Regierungsebene in Kiew als „Unsinn“ zurückgewiesen.
Das russisch-deutsche Projekt war politisch höchst umstritten – nicht erst, als Russland im Februar 2022 die Ukraine angriff. Polen lehnte den Bau der Nord-Stream-2-Pipeline stets ab.
Vor Tusks Amtsantritt im Dezember 2023 war eigentlich erwartet worden, dass sich die deutsch-polnischen Beziehungen mit dem ehemaligen EU-Politiker Tusk an der Macht deutlich verbessern würden. Euraktiv zufolge haben sich die Beziehungen in den letzten Monaten nun abgekühlt. Weder aus Berlin noch aus Warschau gab es jedoch eine Bestätigung, dass die Absagen der Regierungschefs für die Veranstaltung in Potsdam etwas mit den bilateralen Beziehungen zu tun habe.
Der Preis wird nach Angaben der Organisatoren an Persönlichkeiten vergeben, die sich für die Stärkung der Demokratie, der Meinungs- und Pressefreiheit sowie für die europäische Verständigung einsetzen. Neben Donald Tusk soll in diesem Jahr auch die Präsidentin der Republik Kosovo, Dr. Vjosa Osmani-Sadriu ausgezeichnet werden.


