Eine Mehrheit der Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld hat nach eigenen Angaben nicht genug Geld, um sich gesund zu ernähren. Eine neue Befragung von Menschen im Bürgergeld zeigte, dass nur etwas mehr als jeder zweite Empfänger nicht genug Geld auf dem Konto hat, damit alle im Haushalt stets satt werden. Mehr als jede und jeder dritte Bürgergeld-Beziehende verzichtet demnach auf Essen, um andere notwendige Dinge finanzieren zu können. 54 Prozent der Eltern verzichten nach eigenen Angaben zugunsten ihrer Kinder auf Essen.
Der Präsident des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, warnte angesichts der Ergebnisse vor einer Politik des Kürzens und Einsparens beim Bürgergeld. Es verlören nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Wirtschaft, denn selbst bei den wenig Qualifizierten fehlten Arbeitskräfte. Besser wäre mehr Förderung, sagte Fratzscher. Generell gaben 72 Prozent der Befragten an, dass der Regelsatz von monatlich 563 Euro nicht ausreiche, um ein würdevolles Leben zu führen.
42 Prozent schämen sich, Bürgergeld zu beziehen
Auch der Verein „Sanktionsfrei“, der die Studie in Auftrag gegeben hatte, stellte sich hinter die Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld: „Die überwältigende Mehrheit will arbeiten, hat aber kaum Hoffnungen darauf, eine existenzsichernde Arbeit zu finden“, so der Verein unter Berufung auf seine Ergebnisse. 42 Prozent schämen sich, Bürgergeld zu beziehen. 72 Prozent fürchten weitere Verschärfungen.
Zudem kritisierte der Verein „Sanktionsfrei“ Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD). Bas hatte Schritte gegen Missbrauch von Bürgergeld angekündigt und in einem Interview von ausbeuterischen Strukturen gesprochen, bei denen Menschen aus anderen europäischen Ländern mit Mini-Arbeitsverträgen nach Deutschland gelockt würden. Tatsächlich sei Sozialleistungsbetrug „kein strukturelles Problem“, sagte die Gründerin des Vereins „Sanktionsfrei“, Helena Steinhaus.


