Grenzkontrollen

Berliner Gericht: Grenz-Zurückweisungen sind illegal – Dobrindt hält an Maßnahme fest

Personen, die ein Asylgesuch stellen, können nicht umgehend an der Grenze abgewiesen werden. Die Entscheidung eines Berliner Gerichts widerspricht den Grenzkontrollen der Merz-Regierung.

Laut einem Berliner Verwaltungsgericht sind die aktuellen Zurückweisungen an deutschen Grenzen rechtswidrig.
Laut einem Berliner Verwaltungsgericht sind die aktuellen Zurückweisungen an deutschen Grenzen rechtswidrig.Markus Wächter/Berliner Zeitung

Wer bei einer Grenzkontrolle an einer deutschen Grenze um Asyl bittet, darf nicht ohne weiteres zurückgewiesen werden. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden. Abweisungen dürfen demnach nicht ohne die Durchführung des Dublin-Verfahrens durchgeführt werden.

Hintergrund sind die Fälle drei somalischer Antragsteller, zwei Männer und eine Frau. Sie kamen am 9. Mai mit dem Zug aus Polen am Bahnhof Frankfurt (Oder) an. Dort wurden sie nach Angaben des Berliner Verwaltungsgerichts durch die Bundespolizei kontrolliert und nach Äußerung eines Asylgesuchs noch an demselben Tag nach Polen zurückgewiesen. Die Zurückweisung wurde seitens der Bundespolizei mit der Einreise aus einem sicheren Drittstaat begründet. Hiergegen haben sich die Antragsteller, die sich derzeit in Polen aufhalten, mit Eilanträgen an das Berliner Verwaltungsgericht gewandt.

Union will an Zurückweisungen festhalten

Da die Antragsteller ihr Asylgesuch auf deutschem Boden geäußert hatten, ist Deutschland nach Ansicht des Verwaltungsgericht verpflichtet, das Dublin-Verfahren hierzulande durchzuführen. „Die Bundesrepublik könne sich nicht darauf berufen, dass die Dublin-Verordnung angesichts einer Notlage unangewendet bleiben dürfe“, hieß es.

Bundesinnenminister Dobrindt kündigte wenige Stunden nach der Gerichtsentscheidung an, an den Zurückweisungen festhalten zu wollen. „Wir halten an unserer Rechtsauffassung auch fest“, sagte er. Die drei Somalier, die in Berlin das Gericht angerufen hatten, hatten Dobrindt zufolge bereits am 2. und am 3. Mai versucht nach Deutschland einzureisen, ohne ein Asylgesuch vorzubringen. Dies hätten sie erst beim dritten Versuch am 9. Mai getan.

Der Position Dobrindts schlossen sich weitere Unionspolitiker an. „Die Zurückweisungen müssen fortgesetzt werden“, sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), der Deutschen Presse-Agentur. „Wir werden die Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Berlin natürlich genau prüfen, klar ist aber auch, dass es Einzelfallentscheidungen ohne allgemeine Wirkung sind“, sagte Throm.

Der geschäftsführende Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Thomas Silberhorn (CSU), sagte den Zeitungen der Mediengruppe Bayern: „Dass die Zurückweisung an der Grenze vor Gericht landet, ist keine Überraschung.“ Die Frage, wie die Dublin-Verordnung anzuwenden sei, sei bereits seit zehn Jahren strittig. Durch das neue Vorgehen an den deutschen Binnengrenzen könne dies nun höchstrichterlich geklärt werden. Bis dahin besteht aus Silberhorns Sicht keine Veranlassung, direkte Zurückweisungen generell einzustellen.

Grüne: „Merz und Dobrindt wollten mit dem Kopf durch die Wand und sind damit krachend gescheitert“

Angesichts der Entscheidung des Berliner Verwaltungsgerichts hat die Bundestagsfraktionen der Grünen die Bundesregierung zum Handeln aufgefordert. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) solle „unverzüglich seine Anordnung zurückzuziehen“, hieß es. „Das ist eine harte Niederlage für die Bundesregierung und sollte eine Mahnung sein, sich künftig an Recht und Gesetz zu halten und die eigenen Kompetenzen nicht wissentlich für populistische Zwecke zu überschreiten“, sagte die Parlamentsgeschäftsführerin der Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, der „Rheinischen Post“. Bundeskanzler Friedrich „Merz und Dobrindt wollten mit dem Kopf durch die Wand und sind damit krachend gescheitert.“

Die Zurückweisungen an den Grenzen seien „allen Bedenken und Einwänden zum Trotz“ angeordnet worden, sagte auch die Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann der Nachrichtenagentur AFP. „Jede Kritik wurde von CDU/CSU und SPD einfach weggewischt“, sagte sie und fügte mit Blick auf Bundeskanzler Friedrich Merz und Bundesinnenminister Dobrindt hinzu: „Sie sind mit ihrem Versuch des nationalen Alleingangs gescheitert.“

Bundesinnenminister Dobrindt hatte Anfang Mai eine Verschärfung der Grenzkontrollen angeordnet. Dadurch sollen die Migrationszahlen nach Deutschland verringert werden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte bereits vor der Gerichtsentscheidung Skepsis geäußert. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass die jetzt eingeführten Verfahrensweise, Zurückweisung von Asyl- und Schutzersuchenden, juristisch stark umstritten ist“, sagte der Vorsitzende des GdP-Bereichs Bundespolizei, Andreas Roßkopf, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.