Es ist eine der heftigst umstrittenen Baustellen Berlins, die seit Monaten in edelster Lage in Mitte brachliegt: Direkt am Alexanderplatz, neben dem Einkaufszentrum Alexa, sollte der Wolkenkratzer der Zukunft entstehen, der „Alexander Tower“. Doch nach vielem Hin und Her, nach Baustopps, dem Beginn des Krieges in der Ukraine und der Verhängung von Sanktionen in Höhe von 10 Millionen Euro durch den Senat gegen den russischen Investor Monarch steht das Projekt nun wohl auf der Kippe. Monarch sucht einen neuen Käufer für das Hochhausprojekt – und im Senat ringe man ebenfalls um Lösungen, sagt eine Sprecherin der Berliner Zeitung. Eine davon wäre, das Grundstück zu kaufen.
Der Anwalt des Konzerns Monarch, Detlev Stoecker, bestätigte am Mittwoch der Berliner Zeitung: „Monarch würde gerne das Objekt selbst fertigstellen, sieht sich aber wegen der globalen Lage und der daraus folgenden mangelnden Finanzierbarkeit daran gehindert. Daher sucht Monarch einen Partner, der entweder gemeinsam mit Monarch, oder, wenn es nicht anders geht, auch durch Übernahme, das Projekt fertigstellt.“ Hintergrund: Wegen der Sanktionen infolge von Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine bekommt Monarch sein Geld nicht aus Russland heraus.
Seit August verhandelt der Konzern daher wohl mit einem potenziellen Investor. Bis Ende Januar solle feststehen, ob eine Absichtserklärung zur Übernahme des Hochhausprojektes zustande komme. Bis März kommenden Jahres könne der Verkauf dann möglicherweise abgeschlossen werden.
377 Wohnungen sollen im „Alexander Tower“ entstehen
Sind die Träume des noch vor vier Jahren gefeierten Wolkenkratzers damit geplatzt? Ende November 2019 stießen Monarch-Chef Sergej Ambartsumyan und der damalige Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) euphorisch die Spaten in die Erde. Die Pläne – gigantisch. Der armenische Investor mit Sitz in Moskau plante, einen 150 Meter hohen Turm nach dem Entwurf der namhaften Architekten Ortner & Ortner zu errichten. Im März 2018 hatte dafür das Bezirksamt Berlin-Mitte die Baugenehmigung erteilt. Auch damals gab es schon ein paar Anlaufschwierigkeiten, die das Vorhaben allerdings nicht bremsten: Der geplante Dachgarten wurde aufgrund der Höhe nicht genehmigt.
In Berlins höchstem Wohnturm wären, wenn er mal fertiggestellt werden sollte, 377 Wohnungen von einer Größe zwischen 24 und 423 Quadratmetern entstanden – verteilt auf 29 Geschosse. Auf den übrigen Etagen waren eigentlich Büro- und Konferenzräume, ein Fitnessstudio, eine Clublounge, ein Pool, ein Wellness-Spa sowie ein Restaurant vorgesehen. Monarch wollte den damaligen Angaben zufolge 250 Millionen Euro investieren.
In diesem Jahr sollte der Turm fertig sein, hieß es beim symbolischen ersten Spatenstich 2019. Doch die Monate gingen ins Land, die Bauarbeiten verzögerten sich. Und so stehen auf der Baustelle neben dem Alexa die Kräne seit Monaten still. Alle relevanten Zusagen seien nicht eingehalten worden, heißt es.
Sanktionen gegen den Konzern in Höhe von 10 Millionen Euro
Im April verhängte der Berliner Senat wegen der monatelangen Verzögerungen eine Vertragsstrafe in Höhe von fünf Millionen Euro. Vorausgegangen waren zahlreiche Drohungen. Bereits im April 2022 hatte Berlins ehemaliger Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) dem Projektentwickler wegen der erheblichen Bauverzögerungen Sanktionen angekündigt. Er sagte: „Das Land Berlin möchte dort keine Bau- und Investitionsruine.“ Der Senat berief sich auf den Vertrag, der eine Bauverpflichtung enthält.
Die Strafen hat der Konzern noch nicht bezahlt. Von der Senatsfinanzverwaltung hieß es am Mittwoch, dass daran festgehalten werde: „Der Senat sieht nicht von einer Vollstreckung gegenüber dem Investor ab. Im Gegenteil. So hat die BIM Anfang August eine weitere Vertragsstrafe von weiteren 5 Millionen Euro geltend gemacht. Der insgesamt von Monarch wegen verwirkter Vertragsstrafen zu zahlende Betrag beläuft sich damit auf 10 Millionen Euro“, so die Sprecherin zur Berliner Zeitung. Die zuständige Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) habe zunächst im Rahmen der Zwangsvollstreckung eine Vermögensauskunft über alle von Monarch in Deutschland befindlichen Konten verlangt, um im Nachgang vollstrecken zu können. Dieses Verfahren sei aber noch nicht abgeschlossen, eben weil bislang kein deutsches Konto identifiziert werden konnte, in das hätte vollstreckt werden können.
BIM hofft Gelder auf ausländischen Konten zu finden
Auch die BIM beobachtet alles sehr genau. Eine Sprecherin sagt der Berliner Zeitung: „Diese Verkaufsabsichten beobachten wir sehr genau und werden – wenn im Lauf des Januars nichts passiert – erneut auf Monarch zugehen.“ BIM-Geschäftsführerin Birgit Möhring sagte jüngst gegenüber dem RBB, sie gebe nicht auf, was die Strafzahlungen anbelangt, hoffe, möglicherweise im Ausland auf Konten zu stoßen. Derzeit aber pausiere die Vollstreckung, weil die BIM abwarten wolle, ob Monarch der Verkauf des Hochhausprojektes gelingt. „Das Interesse des Landes Berlin ist natürlich, dass auf der Baustelle wieder etwas passiert“, so Möhring.
Laut dem Konzern Monarch sei man wegen dieser Situation auch mit der BIM als Vertreterin des Landes Berlin im Gespräch. „Eine Fertigstellung des Projektes mit einem oder durch einen Partner geht aus Sicht von Monarch nur im Einvernehmen mit dem Land Berlin“, sagt Anwalt Stoecker. In diesem Zusammenhang werde auch der Anspruch des Landes Berlin auf die geltend gemachte Vertragsstrafe zu erörtern sein, die nach Auffassung von Monarch nicht geschuldet sei, da der Konzern „durch nicht von Monarch beeinflussbare weltpolitische Ereignisse an der Fertigstellung gehindert ist“, so Stoecker.
Senatssprecherin: „Das Ankaufsrecht wird zurzeit geprüft“
Inzwischen werden Rufe immer lauter, das Filetstück doch einfach durch den Senat zurückzukaufen. Diese Option für einen Rückkauf des prominent gelegenen Grundstücks durchs Land Berlin hatte der damalige Finanzsenator Wesener schon 2022 nicht ausgeschlossen. Das sei aber die „Ultima Ratio“, und bis dahin müsse auch schon ein Plan vorhanden sein, was Berlin mit dem Grundstück anfangen wolle, sagte der Grünen-Politiker damals.




