Nahost

Heimliche Rettungsaktion: Deutsche aus dem Gazastreifen evakuiert

Die Bundesregierung hat mehrere Menschen aus dem Gazastreifen evakuiert. Betroffen sind Palästinenser mit deutschem Pass. Das Auswärtige Amt gibt nun Details bekannt.

Vertriebene Palästinenser verlassen den östlichen Teil von Chan Junis im südlichen Gazastreifen.
Vertriebene Palästinenser verlassen den östlichen Teil von Chan Junis im südlichen Gazastreifen.Abed Rahim Khatib/dpa

Die Bundesregierung hat eine bislang vertraulich behandelte Evakuierungsaktion für deutsche Staatsbürger und ihre engen Familienangehörigen aus dem Gazastreifen durchgeführt. Dies bestätigte das Auswärtige Amt am Dienstag auf Anfrage der Berliner Zeitung. Zuerst hatte Focus Online unter Berufung auf Berliner Sicherheitskreise über eine bevorstehende Rettungsaktion berichtet.

Wie das Auswärtige Amt klarstellte, handele es sich dabei nicht um die Evakuierung von Palästinenserinnen und Palästinensern aus Gaza nach Deutschland. In enger Abstimmung mit den israelischen Behörden sei die Ausreise „weiteren zwölf Deutschen und ihren engen Familienangehörigen“ aus dem Kriegsgebiet ermöglicht worden. „Sie mussten monatelang unter katastrophalen Bedingungen ausharren“, heißt es in einer Mitteilung. Die Bundesregierung sei erleichtert, dass sie alle nun in Sicherheit seien.

Unter den insgesamt zwölf Personen seien nach Angaben des Auswärtigen Amtes sechs minderjährige Kinder. Alle nicht-deutschen Familienangehörigen hätten in enger Abstimmung mit dem BMI Sicherheitsprüfungen sowie das Visumverfahren mit all seinen Sicherheitsprüfschritten durchlaufen. 

Wie das Auswärtige Amt zudem betont, stehe die Ausreiseaktion der Deutschen und ihrer Familienangehörigen „in keinerlei Kontext zu der israelischen Politik der sogenannten ‚freiwilligen Ausreise‘ von Palästinensern aus Gaza“, die die Bundesregierung und ihre Partner nachdrücklich ablehnen.

Bundesregierung: Lage im Gazastreifen gibt „Grund zu tiefer Sorge“

Am vergangenen Samstag hatte das Auswärtige Amt besorgt auf den großangelegten Angriff Israels gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen reagiert. Der Beginn einer neuerlichen Bodenoffensive gebe es Grund „zu tiefer Sorge“ – sowohl mit Blick auf die strategischen Ziele Israels als auch die humanitäre Lage in dem Küstengebiet, erklärte ein Sprecher in Berlin.

Israel habe wie jeder Staat das Recht, sich im Rahmen des geltenden Völkerrechts zu verteidigen. „Aber das aktuelle Vorgehen könnte das Leben der verbliebenen Geiseln gefährden, darunter auch der deutschen, die nach fast 600 Tagen noch immer in den Hamas-Kerkern um ihr Überleben fürchten müssen“, hieß es.

Eine großflächige Militäroffensive berge zudem das Risiko, dass die katastrophale humanitäre Lage der Bevölkerung und die Lage der verbliebenen Geiseln sich weiter verschlechtere und die Aussicht auf einen langfristigen Waffenstillstand in die Ferne rücke. Aus diesem Anlass habe Außenminister Johann Wadephul (CDU) am Samstag noch einmal mit seinem israelischen Amtskollegen telefoniert und sei mit weiteren Partnern der Region in engem Kontakt.

Erste Hilfslieferungen in Gazastreifen - 22 Länder fordern „vollständige“ Wiederaufnahme

Seit mehr als eineinhalb Jahren führt Israel Krieg im Gazastreifen – Auslöser war das Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023. Israel hatte seine massiven Angriffe Mitte März nach einer zweimonatigen Waffenruhe wieder aufgenommen. Am Sonntag erklärte die israelische Armee, im Rahmen einer neuen verstärkten Offensive zur Zerschlagung der Hamas „umfassende Bodeneinsätze“ im gesamten Gazastreifen begonnen zu haben. Am Montag erklärte Netanjahu, Israel werde die Kontrolle über „das gesamte Territorium“ des Gazastreifens übernehmen.

Die Außenministerien von Deutschland und 21 weiteren Ländern forderten Israel am Montag zu einer vollständigen Wiederaufnahme der Hilfen auf. Frankreich, Großbritannien und Kanada drohten Israel zudem wegen seines „ungeheuerlichen“ Vorgehens im Gazastreifen mit „konkreten Maßnahmen“. UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher bezeichnete die Genehmigung einer Wiederaufnahme von „begrenzten“ Hilfen durch Israel als „Tropfen auf den heißen Stein“. (mit AFP/dpa)