Die Zahl der verschriebenen Antibiotika in Berlin und Brandenburg hat erneut zugenommen. Laut einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK wurden in der Hauptstadt im Jahr 2023 rund 1,2 Millionen Rezepte für diese Medikamente ausgestellt – das entspricht 362 Verordnungen pro 1000 Versicherte und bedeutet einen Anstieg von fast 24 Prozent im Vergleich zu 2022 (293 Verordnungen pro 1000).
In Brandenburg stieg die Zahl der Antibiotika-Verordnungen ebenfalls: 2023 wurden dort etwa 780.000 Rezepte ausgestellt, was 337 Verordnungen pro 1000 Versicherte entspricht. Im Vergleich zum Vorjahr (283 Verordnungen pro 1000) bedeutet das eine Zunahme von rund 19 Prozent.
Wie steht die Hauptstadtregion im bundesweiten Vergleich da?
Im Vergleich mit dem bundesweiten Durchschnitt stehen die zwei Bundesländer noch relativ gut da. Deutschlandweit gab es 2023 laut Institut gut 486 Verordnungen pro 1000 Versicherte. Am häufigsten seien die Medikamente mit 539 Verordnungen pro 1000 GKV-Versicherte im Saarland verordnet worden.
Eigentlich waren die Antibiotika-Verordnungen deutschlandweit seit 2014 zurückgegangen. Seit 2022 steigt die Zahl wieder. Der Analyse zufolge war in Berlin und Brandenburg im Jahr 2023 knapp jedes zweite Antibiotikum ein sogenanntes Reserveantibiotikum (Berlin: 42 Prozent, Brandenburg: 49 Prozent).
Diese Mittel werden bei Infektionen mit Bakterien genutzt, die gegen gängige Antibiotika resistent sind. Sie sind nach Angaben des Instituts eine der letzten Therapieoptionen und können dann eingesetzt werden, wenn bei schweren, potenziell tödlich verlaufenden Infektionen der Erregernachweis nicht abgewartet werden kann. Sie werden zum Beispiel bei einer Sepsis oder einer chronischen Lungenentzündung eingesetzt.
Apothekerin warnt: Therapien künftig weniger wirksam
„Werden Reserveantibiotika in der ambulanten Versorgung unkritisch eingesetzt, führt das zu Resistenzen bei Bakterien und auch dazu, dass antibiotische Therapien künftig weniger wirksam sind“, sagte Apothekerin Julia Goldmann von der AOK Nordost laut Mitteilung. Die Behandlung schwerer Infektionen werde damit zunehmend zur Herausforderung.
„Im schlimmsten Fall könnte es zu einer Situation kommen, in der für Infektionen mit multiresistenten Erregern keine wirksamen Behandlungsmöglichkeiten mehr zur Verfügung stehen“, so die Apothekerin.


