Stadtleben

Wütende Radfahrer, Polygamie und das Gefühl, unsichtbar zu sein: Mein erstes halbes Jahr Berlin

Unsere Autorin wollte nie nach Berlin ziehen. Doch dann ist da plötzlich dieser Umzug, dazu diese nackte Frau auf dem Balkon gegenüber – und ein neuer Alltag, der sie irritiert.

Die Frankfurter Allee war nie das Ziel – aber sie ist der Ort, um den sich das Leben unserer Autorin nun abspielt. Zwischen Sirenen, Fahrradklingeln und schnellen Schritten entsteht ein Alltag, den sie nicht geplant hat, der aber geblieben ist.
Die Frankfurter Allee war nie das Ziel – aber sie ist der Ort, um den sich das Leben unserer Autorin nun abspielt. Zwischen Sirenen, Fahrradklingeln und schnellen Schritten entsteht ein Alltag, den sie nicht geplant hat, der aber geblieben ist.Sebastian Wells/Ostkreuz

Die Frau auf dem Balkon gegenüber ist tatsächlich nackt. Es ist Februar, höchstens drei Grad. Ich stehe am Fenster und rauche, halte meine Kaffeetasse in der Hand, starre rüber und frage mich, ob ich gerade einer Performance beiwohne. Die nackte Frau steht da, trägt ein Handtuch auf dem Kopf, raucht ebenfalls und schaut in den Himmel. Typisch Berlin, denke ich: Alle machen, was sie wollen.

Ich bin erst seit einem Monat in der Stadt. Die Koffer stehen halb ausgepackt im Flur. Mein Freund ist längst bei der Arbeit. Ich beobachte diese bizarre Szene und weiß nicht, was mich mehr irritiert: Die offensichtliche Kälte-Resistenz der Frau oder die Tatsache, dass ich mich langsam daran gewöhnen muss, dass man sich in dieser Stadt ständig wundert.

Berliner Zeitung

Mit einem Abo weiterlesen

  • Zugriff auf alle B+ Inhalte
  • Statt 9,99 € für 2,00 € je Monat lesen
  • Jederzeit kündbar