Die Frau auf dem Balkon gegenüber ist tatsächlich nackt. Es ist Februar, höchstens drei Grad. Ich stehe am Fenster und rauche, halte meine Kaffeetasse in der Hand, starre rüber und frage mich, ob ich gerade einer Performance beiwohne. Die nackte Frau steht da, trägt ein Handtuch auf dem Kopf, raucht ebenfalls und schaut in den Himmel. Typisch Berlin, denke ich: Alle machen, was sie wollen.
Ich bin erst seit einem Monat in der Stadt. Die Koffer stehen halb ausgepackt im Flur. Mein Freund ist längst bei der Arbeit. Ich beobachte diese bizarre Szene und weiß nicht, was mich mehr irritiert: Die offensichtliche Kälte-Resistenz der Frau oder die Tatsache, dass ich mich langsam daran gewöhnen muss, dass man sich in dieser Stadt ständig wundert.

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