Landeskliniken

Wenckebach-Krankenhaus vor dem Aus, doch wie geht es in Tempelhof weiter?

Mit dem Umzug der Rettungsstelle hat das Ende der Klinik begonnen. Zieht ein Ärztehaus ein oder gelangt das Gelände an Investoren? Anwohner sind in Sorge.

Der Eingang zum Wenckebach-Krankenhaus. Die Frage, was aus dem Areal wird, treibt Anwohner und Beschäftigte um.
Der Eingang zum Wenckebach-Krankenhaus. Die Frage, was aus dem Areal wird, treibt Anwohner und Beschäftigte um.imago/Schöning

Sie haben an diesem Montag wieder demonstriert, die Aktivisten der Initiative „Wenckebach-Krankenhaus muss bleiben“. Am Haupteingang des Areals in Tempelhof haben sie sich postiert. Drinnen hatte die Rettungsstelle ihren letzten Tag am alten Standort. Am Dienstag sollten ihr Intensivstation, OP und Radiologie ins Auguste-Viktoria-Krankenhaus (AVK) folgen. Ebenfalls in dieser Woche ziehen das Präsenzlabor und die Kardiologie nach Schöneberg um.

Die Aktivisten wollen weiterkämpfen. Es ist ein schwerer Kampf. Manche sagen, er sei aussichtslos. Charlotte Rutz-Sperling sieht das anders. „Wir fordern, dass das Wenckebach-Krankenhaus erhalten und die stationäre Versorgung wieder aufgebaut wird“, sagt sie im Namen ihrer Initiative. Die treibt die Sorge um, dass das attraktive Gelände verkauft und für andere Zwecke genutzt werden könnte als zur gesundheitlichen Daseinsvorsorge. „Wir halten die Gefahr für realistisch, dass Spekulanten zum Zuge kommen“, sagt Rutz-Sperling. 

Das Wenckebach-Krankenhaus steht für ein Dilemma, in dem die meisten der 60 Berliner Kliniken mit ihren insgesamt 22.000 Betten stecken, die einen mehr, die anderen weniger. Der denkmalgeschützte Gebäudekomplex ist in die Jahre gekommen. Der landeseigene Konzern Vivantes veranschlagt als Träger rund 150 Millionen Euro, um die Substanz wiederherzustellen und zu erhalten. Investitionen wurden zu lange vernachlässigt. Dafür zuständig ist das Land, für alle Häuser, egal ob kommunal, privat oder frei-gemeinnützig betrieben. Berlin hat sich in der Vergangenheit jedoch finanziell zu wenig engagiert. Ein Investitionsstau von mehr als zwei Milliarden hat sich gebildet, der nun aufgelöst werden soll.

„Gesundheitsstadt 2030“ ist dieser Prozess für Vivantes und Charité überschrieben. Er sieht unter anderem vor, dass bestimmte Aufgaben der stationären Versorgung ambulant bewältigt werden. Vivantes steht dabei vor einer besonderen Herausforderung. Neun Häuser betreibt das Unternehmen. Sie sind über die Stadt verteilt. Maximalversorger wie das Krankenhaus im Friedrichshain befinden sich darunter, aber auch Kliniken wie das Wenckebach mit seinen ursprünglich 443 Betten.

Linke-Politiker fordert einen Sanierungsplan für marode Krankenhäuser

„Wir müssen als Land und Träger Vivantes unterstützen“, sagt Tobias Schulze, stellvertretender Landesvorsitzender der Linke und Mitglied des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhaus. „Wir brauchen einen Sanierungsfahrplan, den wir mit dem Senat und dem Unternehmen zusammen verabreden.“ Dazu gehöre die Frage: „Wie sanieren wir die maroden Standorte?“

Es ist genau die Frage, die Charlotte Rutz-Sperling und ihre Mitstreiter von der Initiative „Wenckebach-Krankenhaus muss bleiben“ umtreibt. Der Berliner Krankenhausplan sieht bislang nicht vor, dass die Abteilungen von Tempelhof ins AVK verlegt werden. „Der muss aktualisiert werden“, sagt Schulze. Er hat für seine Fraktion eine parlamentarische Anfrage gestellt, unter anderem um herauszufinden, ob Vivantes vorab ermittelt hat, welche Versorgung die Bewohner im Einzugsgebiet benötigen. 

Erste Abteilungen sind bereits 2020 umgezogen, eine Bedarfsanalyse hat Vivantes erst jetzt in Auftrag gegeben. Das geht aus der Antwort des Senats hervor. „Das ist meine Kritik“, sagt Schulze: „Vivantes hat aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen oder Investitionsgründen Entscheidungen gefällt, ohne zu überlegen, was konkret mit dem Areal passieren soll, welche Funktion es erfüllen muss.“

Eine, die dem Gesundheitswesen dient, das verspricht jedenfalls Schulze. „Wir werden als Linke auf keinen Fall einer anderen Nutzung und schon gar nicht einem Verkauf zustimmen.“ Als denkbare Option sieht er ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit Praxen für Fachärzte, ebenso eine ambulante Notfallversorgung, die auch abends und an Wochenenden geöffnet habe. Wer stationär aufgenommen werden müsse, werde dann ins drei Kilometer entfernte AVK gebracht. 

„Den Bedarf an niedergelassenen Medizinern legt doch die Kassenärztliche Vereinigung Berlin (KVB) fest“, hält Charlotte Rutz-Sperling dagegen. „Es ist überhaupt noch nicht klar, ob deren Bedarfsplan für ein solches MVZ ausreichend Praxen zulässt.“ Die Zusammenarbeit zwischen KVB, den Krankenhausträgern und dem Senat, räumt Linke-Politiker Schulze dann auch ein, „funktioniert insgesamt gesehen nur halbwegs gut“.

Der Weg zur Gesundheitsstadt 2030 ist offensichtlich herausfordernd, die Gemengelage in Berlin schwierig, ein Umbau aber nötig, sagen Regierungskoalitionäre einstimmig. Das sagt auch Tobias Schulze: „Der Druck im Kessel ist bei allen Investitionshaushalten hoch. Wir müssen im Bereich Gesundheit um jeden Euro kämpfen.“