An diesem Montag ist es soweit. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) schränken ihr Angebot im Busverkehr spürbar ein. Das größte kommunale Verkehrsunternehmen Deutschlands dünnt vielen Verbindungen den Fahrplan aus, in einem Fall wird außerdem eine Fahrstrecke gekürzt. Betroffen sind mehr als 30 der mehr als 160 Tagesbuslinien der BVG. Für die Busfahrgäste heißt das, dass sie künftig zum Teil länger unterwegs sind als bislang. Damit reagiert das Landesunternehmen darauf, dass die Zahl der Krankmeldungen wegen Corona in den vergangenen Wochen deutlich gestiegen ist. Die zunehmende Personalknappheit, die viele Bereiche der Wirtschaft erfasst hat, ist dort ebenfalls zu spüren. Neues Fahrpersonal ist nicht mehr so leicht zu bekommen.
Vom 22. August an wird auf 32 Buslinien das Angebot eingeschränkt.
Taktausdünnungen gibt es auf den Metrolinien M27, M36, M41, M43, M44, M45, M46, M76, M77 und M82. Bei den Expressbussen sind die Linien X7, X33, X76 und X83 betroffen. Fahrplankürzungen werden auch für die Linien 101, 109, 112, 115, 130, 140, 154, 162, 171, 172, 181, 187, 188, 191, 237, 271, 283 und 372 angekündigt. Dort gibt es auf der gesamten Route oder auf einer Teilstrecke in der Regel nur noch einen 20-Minuten-Takt. Eine Linienkürzung ist für die X76 zu erwarten. Sie verkehrt vom 22. August an nur noch zwischen der Nahariyastraße in Lichtenrade und dem U-Bahnhof Alt-Mariendorf.
Fahrplanausdünnungen betreffen mindestens 33 Berliner Buslinien betreffen
Am 19. September soll die Buslinie 186 folgen, so die BVG weiter. Noch nicht ganz klar ist, ob der Fahrplan der Buslinie 100 vom 8. Oktober an ebenfalls ausgedünnt wird. Diese Einschränkung sei zwar möglich, derzeit aber noch „optional“, berichtete die BVG. Sie hänge von der weiteren Entwicklung ab.
„Ausgewählt wurden vor allem Linien, bei denen es ein Parallelangebot gibt, also zum Beispiel eine Expresslinie und eine ‚normale‘ Linie auf dem gleichen Abschnitt verkehren. Alle Haltestellen und alle Abschnitte des Netzes werden weiter bedient“, teilte das Unternehmen am Montag weiter mit. „Auf den betroffenen Linien werden zudem größtmögliche Busse eingesetzt.“
Straßenbahnen und U-Bahnen sind bisher nicht betroffen
Die BVG kündigte eine Angebotskürzung um drei Prozent ab. Das bedeutet, dass die Linienbusse der BVG insgesamt drei Prozent weniger Kilometer zurücklegen, als dies mit dem Land Berlin verabredet worden ist. „Rund 97 Prozent der Busfahrten finden weiterhin wie gewohnt statt. Straßenbahnen und U-Bahnen der BVG sind nicht betroffen und fahren nach den regulären Fahrplänen“, teilte das Unternehmen mit.
Bei der S-Bahn Berlin, die nicht zur BVG, sondern zur bundeseigenen Deutschen Bahn gehört, sind derzeit keine Einschränkungen in Sicht. „Angebotsanpassungen sind nicht geplant“, teilte S-Bahn-Chef Peter Buchner mit. Die S-Bahn bietet Jahr für Jahr 204 Ausbildungsplätze für Triebfahrzeugführer an. Im Schnitt bestehen rund 130 Teilnehmer die Lehrgänge. Das reiche aus, um die Lücken zu füllen, so Buchner.
Wie lange dauern die Einschränkungen?
Noch konnten nicht alle Änderung in der Internetauskunft im Internet berücksichtigt werden, so die BVG. „Voraussichtlich ab Donnerstag können Fahrgäste ihre Routen bereits entsprechend digital planen. Auch die Aushangfahrpläne an den Haltestellen werden schnellstmöglich ausgetauscht. Wegen des großen logistischen Aufwands kann es aber bis Ende August/Anfang September dauern, bis auch der letzte Papierfahrplan getauscht ist.“ Das deutet darauf hin, dass die Einschränkungen längere Zeit Bestand haben werden. Ein Enddatum wurde am Montag nicht mitgeteilt.
Die vor eineinhalb Wochen angekündigten Fahrplananpassungen sind notwendig, um im gesamten Berliner Busnetz auch weiterhin einen zuverlässigen Verkehr gewährleisten zu können, hieß es weiter. „Denn leider machen die aktuelle Pandemieentwicklung und die allgemein angespannte Arbeitsmarktlage auch vor den Verkehrsbetrieben nicht halt. Die BVG hat aber bereits gegengesteuert.“ So werden die Bemühungen, neues Fahrpersonal zu gewinnen, intensiviert.
„Den genauen Anteil, den Corona am Krankenstand hat, können wir gar nicht benennen. Denn es gibt aktuell keine Meldepflicht einer Corona-Erkrankung gegenüber dem Arbeitgeber“, erklärte BVG-Sprecher Jannes Schwentu allerdings einschränkend. „Aufgrund freiwilliger Meldungen und der allgemeinen Pandemielage sind wir aber sehr sicher, dass Corona einen entscheidenden Anteil hat.“
Hallo @SenUMVKBerlin: welche Folgen haben die Kürzungen? Bekommt das Land Geld von der BVG zurück und wenn ja, wie viel?@Bettina_Jarasch
— Felix Reifschneider (@prenzlix) August 15, 2022
Der Berliner FDP-Politiker Felix Reifschneider fragte auf Twitter die Senatsverwaltung für Mobilität, ob die Kürzung finanzielle Folgen für die BVG haben werde.
Fahrgastverband fordert Pop-up-Busspuren
Jens Wieseke, Sprecher des Berliner Fahrgastverbands IGEB, wies darauf hin, dass der Busbereich der BVG unter Problemen leide, für die Senat und Bezirke verantwortlich sind. Wie berichtet geht die Beschleunigung des Busverkehrs nur langsam voran. Weil versprochene Busspuren fehlen, brauchen die Busse mehr Zeit, von einer Endstation zur anderen zu fahren, als eigentlich nötig wäre.
„Richtig ist, dass der Fachkräftemangel bei Busfahrerinnen und Busfahrern so gravierend ist, dass schon seit Längerem personell am Limit gefahren wird“, so der Verband in einer Mitteilung vom 5. August. „Richtig aber ist auch, dass die BVG 100 zusätzliche Busfahrerinnen und Busfahrer benötigt, weil zu viele ihrer Linien im Stau stehen. Während neue Busspuren auf sich warten lassen, sprießen Radfahrstreifen wie der im Vorspann aus der gleichnamigen ZDF-Kinderserie bekannte Löwenzahn aus dem Asphalt.“
Der Verband fordert, unverzüglich Pop-up-Busspuren einzurichten. „Ganz nach dem Motto: Was dem Radverkehr recht ist, darf dem ÖPNV nur billig sein.“ Vordringlich sei dies unter anderem auf den Linien X34/M49, M45, 165 und 166.
Nein, Corona ist nicht Schuld an der Buskrise. Corona lässt nun lediglich lichterloh brennen, was seit Jahren schwelt: Fehlende Busspuren, schlechte Ampelschaltungen, aber auch der überhastete Umstieg auf ineffiziente E-Busse – all das frisst massiv Personal. https://t.co/CpvXnc66OA
— IGEB Fahrgastverband Berlin (@IGEB_Berlin) August 15, 2022





