Verkehr

Taxi-Notstand am Flughafen BER: Wie sich Berlin und Brandenburg blamieren

Lange Warteschlangen, verärgerte Fahrgäste: Am BER gibt es kaum Taxis. Nun hoffen Senat und Landkreis auf Besserung. Auch ein neuer Tarif ist in Sicht.

Ein Taxi am Flughafen BER. Im vergangenen Oktober war der Hauptstadt-Airport Ziel einer Taxi-Demonstration. Es ging um die Vereinbarung, die nur 300 Berliner Taxis am BER erlaubt. 
Ein Taxi am Flughafen BER. Im vergangenen Oktober war der Hauptstadt-Airport Ziel einer Taxi-Demonstration. Es ging um die Vereinbarung, die nur 300 Berliner Taxis am BER erlaubt. imago/Jochen Eckel

Berlin-Herzlich willkommen in Berlin! Doch Taxis gibt es leider keine. Die Berlin-Besucher, die sich am Taxistand in der Ankunftsebene des Flughafens BER in die lange Warteschlange eingereiht haben, wirken verwundert. Zwar erscheint hin und wieder ein einzelnes Taxi, aber dann bleibt die Vorfahrt wieder minutenlang leer. „Manchmal ist die Schlange 200 Meter lang“, sagt ein Flughafen-Mitarbeiter, dem die Taxi-Not am BER offenbar peinlich ist. Nun könnte eine Änderung der Rechtslage dazu führen, dass endlich mehr Taxis den neuen Flughafen der Hauptstadt-Region ansteuern, heißt es im Senat und beim Landkreis Dahme-Spreewald. Außerdem wird über einen einheitlichen Taxitarif zum BER verhandelt, der auch Festpreise umfasst – das wäre neu in Berlin.

Trotz weiterhin niedriger Fluggastzahlen wirkt der BER überlastet. Auf Hinweistafeln ist zu lesen, dass an allen Sicherheitskontrollen mit der maximalen Wartezeit zu rechnen ist. Im unterirdischen Bahnhof sind einige Bahnsteigbereiche selbst für den derzeit mäßigen Andrang zu klein. Ein genervter Bahn-Mitarbeiter, der keine Fremdsprache spricht, versucht unwirsch, das Gedränge von der Bahnsteigkante wegzuhalten. Und regt sich nicht, als eine Gruppe ausländischer Berlin-Besucher in die Regionalbahn nach Königs Wusterhausen steigt – womit ihr eine Irrfahrt bevorsteht.

„Klauer“ nehmen illegal Passagiere auf

Doch die derzeit größte Blamage betrifft wohl den Taxiverkehr am BER. Mit Beginn der Ferien- und Reisezeit habe der Flugverkehr zugenommen, heißt es in der Senatsverkehrsverwaltung. „Dies führt aktuell dazu, dass sich zu bestimmten Tageszeiten, insbesondere mittags und abends, nicht genügend Taxen am Flughafen BER bereithalten, um die gesteigerte Nachfrage ankommender Flugreisender zu decken.“ Ein schlechter erster Eindruck für Touristen, sagen Beobachter. Zumal, wenn die Gäste erleben, dass Taxis, die Fahrgäste von Berlin zum Flughafen gebracht haben, mangels BER-Berechtigung leer zurückfahren müssen. Dass manch ein Fahrer als „Klauer“ illegal Passagiere aufnimmt, verbessere die Lage nicht wesentlich.

Außerhalb von Berlin sorgt die Situation bereits für genervte Medienberichte. In der vergangenen Woche beschwerte sich der Schauspieler und Sänger Tom Beck. Er landete gegen 23 Uhr am Flughafen BER und wollte heim zu Ehefrau und Kind. Doch statt eines Taxis bekam Beck eine Krise, wie die Münchener Zeitung tz berichtete. Für Instagram filmte der gebürtige Nürnberger eine lange Reihe wartender Menschen. Sein Kommentar: „Man kommt hier um 11 an, und das ist die Taxischlange. Am Hauptstadt-Flughafen. Richtig geil.“

Warum gibt es nur so wenige Taxis? Der Landkreis Dahme-Spreewald (LDS), auf dessen Gebiet der BER liegt, und das Land Berlin haben eine Vereinbarung getroffen. Jeweils bis zu 300 Taxis sollen am BER Fahrgäste aufnehmen dürfen. Schon damals kritisierten Berliner Taxifahrer, dass die Zahl nicht ausreicht.

Inzwischen wurde bekannt, dass nicht einmal diese Kontingente ausgeschöpft werden. In dem Landkreis südöstlich von Berlin hätten derzeit 211 Taxis eine BER-Berechtigung, teilte das Landratsamt in Lübben mit. Der Zahl der Berliner Fahrzeuge, die ebenfalls über einen Transponder für die Schranken verfügen, ist noch geringer. Insider berichten von einem niedrigen zweistelligen Wert. Ein Faktor sei, dass die Berliner BER-Taxifahrer für den Nordteil des Landkreises eine Ortskundeprüfung absolvieren mussten. „Wir haben Kurse angeboten. Doch die Nachfrage aus Berlin war gering und die Durchfallquote hoch“, hieß es in der Kreisverwaltung.

Doch zum 1. August treten Änderungen des Personenbeförderungsgesetzes und der Fahrerlaubnisverordnung in Kraft. Das hat zur Folge, dass für die Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung, auch als P-Schein bekannt, keine Ortskundeprüfung mehr erforderlich ist. Damit entfalle dann auch die gesonderte Ortskunde für den Kreis Dahme-Spreewald, wie die Senatsverwaltung bestätigte.

Landkreis spricht von pragmatischer Lösung im Sinne der Fahrgäste

Nun gab der Landkreis bekannt, dass er schon vor dem August darauf verzichtet – seit Mittwoch, um genau zu sein. „Im Interesse der Fahrgäste am BER haben wir eine pragmatische Lösung getroffen“, teilte Heike Zettwitz, die zuständige Beigeordnete und Dezernentin, der Berliner Zeitung mit. Damit sei eine Hürde für die Berliner Fahrer aus dem Weg geräumt worden, so die CDU-Politikerin. Sie hoffe, dass nun mehr B-Taxis den Flughafen ansteuern. Die Senatsverwaltung bat bereits die Taxiverbände, an ihre Mitglieder zu appellieren, die neue Rechtslage zu nutzen.

Doch bei der Innung des Berliner Taxigewerbes bezweifelt man, dass das Problem nun gelöst ist. Als der Flughafen Tegel noch in Betrieb war, seien bei Flauten viele Berliner Taxifahrer dorthin gefahren – in der Hoffnung, dort Fahrgäste zu bekommen. Deshalb war das Angebot in TXL groß. „Der BER liegt jedoch zu weit draußen“, sagte der Innungsvorsitzende Leszek Nadolski. „Dorthin wird niemand einfach so leer rausfahren“ – schon gar nicht am Nachmittag, wenn die Autobahn zugestaut ist.

Für etwas mehr als 50 Euro zum Festpreis vom BER zur Messe Berlin

Die Forderung der Innung: „Berlin und LDS müssen sich an einen Tisch setzen und über neue Lösungen sprechen“, so der Innungschef. So sollte es erlaubt sein, dass alle B-Taxen im Landkreis Fahrgäste aufnehmen – und alle LDS-Taxen in Berlin. „Das sollte man zwei Jahre ausprobieren.“

Beide Seiten verhandeln bereits – über neue Fahrpreise zwischen dem Flughafen und Berlin. Noch ist es so, dass die Fahrt in einer B-Taxe preiswerter ist als in einem Taxi aus dem Landkreis. Doch das Ziel sei es, bis September einen einheitlichen Taxitarif zu schaffen, wie Heike Zettwitz bestätigte. Er werde „ein bisschen teurer“ als der derzeitige Berliner Tarif sein, „aber immer noch vertretbar“, sagte sie. Vom BER ins Regierungsviertel in Mitte sowie zum Gebiet rund um den Funkturm in Charlottenburg, zu dem die Messe gehört, soll es Festpreise geben. Nach Informationen der Berliner Zeitung ist von rund 50 Euro oder etwas mehr pro Fahrt die Rede.