Die Wahlwiederholung in Berlin rückt immer näher. Wer per Brief wählen will, muss die postalische Beantragung der Unterlagen bei der Stadt Berlin selbst zahlen. Das war und ist nicht nur auf Landesebene der Fall, sondern auch bei der Europa- und Bundestagswahl muss der Bürger den Umschlag für die Antragsstellung selbst frankieren. Warum erschwert der Staat hier den Wahlvorgang? Weil er knauserig ist?
„Ich denke über die Abschaffung der Frankierungskosten wurde noch nicht diskutiert, weil die Briefwahl früher die absolute Ausnahme war“, sagt Herbert Trimbach, Landeswahlleiter des Landes Brandenburg. „Der Trend der steigenden Briefwahlstimmen ist eine relativ neue Entwicklung“, sagt er. Ein besonderer Treiber für den überproportionalen Anstieg sei die Pandemie gewesen. Bis 2008 musste der Bürger laut Trimbach sogar Gründe nennen, weshalb er nicht ins Wahllokal gehen konnte. Jetzt gebe es dafür aber praktisch keine Vorrausetzungen mehr.
Seit 1957 steigt der Anteil der Briefwahl bei Bundestagswahlen kontinuierlich. Laut Bundeswahlleiter war bereits bei den Landtagswahlen im Frühjahr 2021 ein „Trend zur deutlich verstärkten Nutzung der Briefwahl“ zu erkennen. Durch den Zuwachs der Briefwahl kann das Konzept der Frankierung infrage gestellt werden.
Peanuts für den Staat
Liegt es womöglich an den Kosten? Bei der letzten Bundestagswahl 2021 lag der Anteil der Briefwahl bei 47,3 Prozent. Projiziert man diesen Anteil auf die Wahl zum Abgeordnetenhaus in Berlin 2022, unter der Annahme, dass die Hälfte davon die Unterlagen postalisch beantragt, lägen die Kosten bei einer Wahlbeteiligung von 75 Prozent bei rund 400.000 Euro. Peanuts bei Gesamtwahlkosten von gut 39 Millionen Euro.
Landeswahlleiter Trimbach ist der Meinung, dass die zu zahlenden 85 Cent keinen signifikanten Einfluss auf die allgemeine Wahlbeteiligung haben werden, zumal es zahlreiche andere Möglichkeiten, wie QR-Code, Fax oder E-Mail gebe, den Antrag portokostenfrei zu stellen. Hier werde aber eine andere Frage zunehmend diskutiert. „Jüngere Menschen kritisieren, dass es in Deutschland noch nicht die Möglichkeit gebe, online zu wählen“, sagt er. Die Debatte, Wahlen in Zukunft gänzlich digital stattfinden zu lassen, rücke dadurch immer stärker in den Fokus. Dies sei aber ein großes verfassungsrechtliches Problem, so Trimbach.
Die elektronische Stimmabgabe, kurz E-Voting, ist in Estland bereits seit 2005 möglich. Das Land hat ein flächendeckendes E-Voting-System, bei dem die Stimmabgabe über ein elektronisches Gerät online abgegeben werden kann. Von einem über alle Ebenen institutionalisierten Online-Wahlsystem kann Deutschland bislang zwar nur träumen, doch in einem Bereich haben auch wir Fortschritte gemacht: die mobile Briefmarke. So bleibt Wählern bei der postalischen Beantragung der Briefwahl immerhin der Gang zur Post erspart.
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