In knapp vier Wochen ist es so weit: Fahrplanwechsel. Auch im Regionalzugverkehr treten zum 11. Dezember Änderungen in Kraft. Vielerorts können Fahrgäste mit Verbesserungen rechnen. So gibt es im Netz-Elbe-Spree mit Berlin im Zentrum und im Netz Lausitz rund um Cottbus mehr Fahrten – und die Züge bieten zum Teil spürbar mehr Kapazität als heute. Doch nicht alles wird schon zu Beginn des neuen Fahrplanjahres so sein wie angekündigt. Und teilweise gibt es sogar Verschlechterungen.
Längere Fahrzeiten: Derzeit braucht der Regionalexpress RE1 vom Berliner Hauptbahnhof nach Brandenburg an der Havel zwischen 47 und 56 Minuten. Nach dem Fahrplanwechsel sind es 50 bis 59 Minuten. Im Moment nimmt die Fahrt von Nauen zum Hauptbahnhof Berlin 30 bis 42 Minuten in Anspruch – ab 11. Dezember 37 bis 48 Minuten. Auch zwischen Cottbus und Berlin sowie Wittenberge und Berlin kommen einige Minuten pro Weg hinzu. Es gehe um „Stabilität und Resilienz für das System Eisenbahn“, erklärt Joachim Radünz, Sprecher des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB). „Mit immer höherer Belastung des Netzes durch die zusätzlichen Angebote im Nah- und Fernverkehr braucht jeder Zug etwas mehr Fahrzeitreserven.“

Viel längere Fahrzeiten (1): Deutlich mehr Zeit müssen auch Pendler südlich von Berlin einplanen. Heute dauert die Fahrt von Zossen zum Berliner Hauptbahnhof mit dem RE7 laut Plan 56 Minuten, künftig 66 Minuten. Die Verbindung wird von den Linien RB24 und FEX übernommen. Sie gehen im Flughafenbahnhof BER Terminal 1–2 ineinander über, die Fahrgäste müssen dort also nicht umsteigen. Doch unter dem BER stehen die Züge bis zu neun Minuten. „Die Synchronisation zwischen dem FEX und der RB24 macht diese Standzeit erforderlich“, so Radünz. So soll die RB24 mit dem RE8 zwischen Blankenfelde und Wünsdorf einen 30-Minuten-Takt bilden. Und: Für den Flughafenexpress stehen zwischen Schöneweide und Hauptbahnhof pro Stunde nur zwei Zeitlagen zur Verfügung. Ende 2025 werde die lange Standzeit unterwegs wieder entfallen, so der Verbund.
Viel längere Fahrzeiten (2): Zwischen Treuenbrietzen und dem Berliner Hauptbahnhof sind die Fahrgäste statt 66 künftig 81 Minuten unterwegs. Die Regionalbahnlinie RB33, die auch Beelitz anschließt, führt künftig nicht mehr nach Berlin-Wannsee, sondern zum Potsdamer Hauptbahnhof. Der Umweg kostet Zeit.
Bahnsteige zu niedrig: Damit Fahrgäste kein Kletterdiplom brauchen, um in einen Zug zu steigen, gibt es Normen. Sie ergeben, dass zwei Bahnsteige an der Regionalbahnlinie RB33, die künftig Potsdam, Beelitz und Jüterbog verbinden wird, zu niedrig sind. Weil zwischen ihnen und den Einstiegen in die Dieseltriebwagen vom Typ Alstom Lint 54 mehr als 31 Zentimeter klaffen, muss gehandelt werden. Der Mittelbahnsteig in Ferch-Lienewitz werde bis zum Fahrplanwechsel provisorisch erhöht, so die ODEG. In Caputh-Geltow seien solche Zwischenlösungen nicht umsetzbar. Deshalb fahren die Züge dort vom 11. Dezember bis zum 20. April 2023 durch. Vom 15. März bis 20. April werden dort und in Caputh-Schwielowsee die Bahnsteiganlagen neu gebaut. In Ferch-Lienewitz werde das erst möglich sein, wenn die Signalanlagen erneuert werden – nicht vor 2025.

Bahnsteig zu kurz: Der Bahnhof Fangschleuse östlich von Berlin gewinnt an Bedeutung. Schließlich wächst nicht weit entfernt die Fabrik des Elektroautoherstellers Tesla aus dem märkischen Sand. Zwar werden auf der Regionalexpresslinie RE1 nach dem Fahrplanwechsel während der Hauptverkehrszeiten drei Züge pro Stunde und Richtung verkehren. In Fangschleuse werden aber wie bisher nur zwei Züge pro Stunde und Richtung stoppen. Die zusätzlichen Fahrten sollen mit vierteiligen Elektrotriebzügen vom Typ Siemens Desiro HC, die im Doppelpack verkehren, abgewickelt werden. Doch für die 210 Meter langen Achtteiler ist der Bahnsteig in Fangschleuse zu kurz. Die Verlängerung ist geplant. Ende 2026 sollen alle 20 Minuten Züge in Fangschleuse halten, so der VBB.
Streckenkapazität zu gering: Neue Regionalbahnlinien sollen die Verbindungen zum BER verbessern. Doch so richtig klappt das zum 11. Dezember noch nicht. So müssen die RB32 aus Oranienburg und die RB24 aus Berlin-Lichtenberg im Bahnhof Flughafen BER Terminal 5, dem alten Flughafenbahnhof, umkehren. Allerdings bleibt das alte Terminal in Schönefeld dauerhaft geschlossen, weshalb Fluggäste zum BER also stets umsteigen müssen. Auf der Strecke zum Terminal 1–2 wird für die beiden Linien erst dann Platz sein, wenn der Flughafenexpress FEX auf eine andere Route verlagert wird – ab Ende 2025. Die Abzweigung zur BER-Ostanbindung bei Grünau besteht nur aus einem Gleis. Noch ein Handicap: Wegen Bauarbeiten kann die RB24 nicht wie geplant von Eberswalde bis Schönefeld durchfahren. Zwischen Bernau und Lichtenberg klafft eine Lücke.
Noch nicht alle Fahrzeuge da: 145 modernisierte Doppelstockwagen will die DB auf sechs Linien einsetzen – unter anderem als RE2 nach Cottbus oder als Flughafenexpress FEX zum BER. Doch zum Fahrplanwechsel werden noch nicht alle roten „Dostos“ wie geplant erneuert sein, bekräftigt die Bahn. 90 modernisierte Wagen sind da, der Rest komme bis Sommer 2023. Das Werk Wittenberge ist in Verzug geraten, weil viele Beschäftigte an Corona erkrankten und Materiallieferungen stockten. Auch die ODEG meldet Verzögerungen. Von den acht Dieseltriebwagen vom Typ Alstom Lint54 werden fünf erst ab Februar 2023 Fahrgäste befördern können, die restlichen drei kommen im Frühjahr, heißt es dort. Auf den Linien RB33, 37 und 51 rollen so lange andere Fahrzeuge.
Aus dem Takt: Heute kann man tagsüber exakt alle 30 Minuten von Berlin nach Brandenburg an der Havel oder Frankfurt (Oder) reisen. Auf der Regionalexpresslinie RE1 gilt derzeit ein leicht merkbarer Taktfahrplan. Vom 11. Dezember an wird das nicht mehr so sein. Dann gibt es montags bis freitags während der Hauptverkehrszeiten drei Fahrten pro Stunde und Richtung – was zunächst einmal ein Vorteil ist. Doch wenn die zusätzlichen Züge nicht verkehren, bleibt auf wichtigen Relationen ein unsauberer Takt mit größeren Lücken übrig. So reist man mittags künftig zu den Minuten .03 und .41 mit dem RE1 vom Berliner Hauptbahnhof Richtung Brandenburg an der Havel.




