Wann genau es kommt, steht noch nicht fest. Doch klar ist, dass es vom nächsten Jahr an das Deutschlandticket geben wird, das im Abo monatlich 49 Euro kostet und bundesweit gilt. Absehbar ist auch, dass es Bahnen und Bussen mehr Fahrgäste bescheren wird. Da trifft es sich gut, dass in Berlin und Brandenburg das Angebot im Regionalzugverkehr ausgebaut wird. „Auch bei uns wird es mehr Fahrten, mehr Platz und neue Fahrzeuge geben“, sagte Carsten Moll von der Deutschen Bahn (DB). Am Dienstag stellte er in Cottbus die Züge vor, die bald in der Hauptstadtregion eingesetzt werden.
„Allen war damals klar: Sowohl das Netz als auch das Zugangebot müssen massiv ausgebaut werden. Es muss geklotzt werden. Das hat die Region bitter nötig.“ Thomas Dill vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) erinnert sich an die ersten Planungen für das Netz Elbe-Spree. Jetzt steht auf den 17 Linien der größte Betriebsstart bevor, den es jemals im deutschen Regionalverkehr gegeben hat. Zum Fahrplanwechsel am 11. Dezember ist es so weit. Die DB und die Ostdeutsche Eisenbahn (ODEG) teilen sich den Verkehr, der im Vergleich zu heute spürbar mehr Kapazität bieten wird.
Zwischen Nauen, Berlin und Cottbus statt 420 künftig 550 Sitzplätze pro Zug
Während bei früheren Vergabeverfahren des Verkehrsverbunds die Kapazität oft nicht erhöht oder sogar leicht gesenkt wurde wie im heutigen RE2 nach Cottbus, entschieden sich die Verantwortlichen in diesem Fall für eine deutliche Aufstockung. Die Zahl der Kilometer, die alle Züge pro Jahr im künftigen Netz Elbe-Spree insgesamt zurücklegen, steigt von 23 Millionen auf 28 Millionen. Die Zahl der Sitzplatzkilometer, die jährlich in allen Regionalzügen auf diesem Netz angeboten wird, steigt sogar um rund die Hälfte.

Die Regionalexpresslinie RE2 zwischen Nauen, Berlin und Cottbus gehört zu den am stärksten genutzten Strecken in dem Netz. Die Züge sind voll, und sie werden immer voller. Darauf wird nun endlich reagiert. Anstelle der vierteiligen Doppelstockzüge der ODEG mit 420 Sitzplätzen fährt dort künftig die DB mit Garnituren mit fünf Doppelstockwagen, die 550 Sitzplätze bieten. Gezogen werden sie von Loks der Baureihe 182, deren Stromrichter beim Anfahren eine (unvollständige) Tonleiter ertönen lassen. Statt 36 haben pro Zug künftig 60 Fahrräder Platz. Der Fahrplan sieht in Hauptverkehrszeiten zwei Fahrten pro Stunde und Richtung vor. Ebenfalls neu: Künftig hält der RE2 wieder stündlich in Raddusch, zweistündlich in Kunersdorf und Kolkwitz.
90 von 145 Wagen werden zum Fahrplanwechsel zur Verfügung stehen
Zwar sind die knallroten „Dostos“ rund 20 Jahre alt. „Aber unser Anspruch ist, dass sie wie Neufahrzeuge anmuten“, sagt Moll, der Chef von DB Regio Nordost. Bei der Modernisierung im Werk Wittenberge kam viel Neues hinzu: Gratis-WLAN, Videoüberwachung, größere Infobildschirme, klappbare Mittelarmlehnen, neue Sitze in der ersten Klasse – um nur einiges zu nennen. Um Vandalismus vorzubeugen, werden die Toilettenkabinen mit Folien beklebt, die Fliesen, Bilder und Zimmerpflanzen zeigen. Ein weiteres Detail: Um die Radbeförderung zu erleichtern, wird jede Zuggarnitur ausgebaute Klappsitze haben. Mindestens zwölf Stellplätze werden so garantiert.
Auch auf der Linie FEX, dem Flughafenexpress zwischen Berlin und dem BER, werden modernisierte Doppelstockwagen eingesetzt – aber in einer anderen Version. Moll: „Im Unterdeck gibt es Gepäckfächer mit viel Platz für Koffer und Taschen.“ Deshalb haben diese Fünf-Wagen-Garnituren weniger Sitzplätze: jeweils 485.
Die beiden neuen Linien zum früheren Schönefelder Flughafenbahnhof sind weitere Einsatzgebiete. Die RB24 wird Lichtenberg künftig mit dem BER-Terminal T5 verbinden, die RB32 kommt von Oranienburg. Allerdings werden am T5 nie wieder Flugzeuge abgefertigt, weshalb die Strecken für Fluggäste weniger interessant sind. Weil auf der Osteinfahrt zum BER derzeit noch Kapazität fehlt, führen die Linien erst ab Ende 2025 zum Bahnhof unter dem Terminal T1. Dann zieht der FEX um auf eine andere Route.

145 modernisierte Doppelstockwagen plant die DB im Netz Elbe-Spree ein. „Davon werden 90 zum Fahrplanwechsel zur Verfügung stehen“, sagt Carsten Moll. Corona und Materialknappheit haben das Modernisierungsprogramm verzögert. Nicht modernisierte Wagen füllen die Lücken, die voraussichtlich noch bis Sommer 2023 bestehen.
Spezielle Folien auf den Fensterscheiben erleichtern den Mobilfunkempfang
Dagegen stehen die neuen Elektrotriebzüge vom Typ Siemens Mireo, die im Netz Lausitz fahren sollen, wie geplant zum 11. Dezember bereit. 18 Dreiteiler mit jeweils 181 Sitz- und 15 Fahrradstellplätzen sind da, im Juli 2023 kommen Nummer 19 und 20. Fahren werden sie unter anderem auf der verlängerten Linie RE10 von Leipzig nach Cottbus bzw. Frankfurt (Oder). Einen Spitznamen haben sie noch nicht – auch wenn die Front manch einen Betrachter an Walhaie, die größte Haiart, erinnert. Meist fahren zwei Garnituren zwischen Leipzig und Falkenberg im Doppelpack, um dort getrennt zu werden.


