ÖPNV

Streit um Fahrpreise: So teuer sind Bahnen und Busse in Berlin wirklich

Bei Tarifvergleichen schneiden BVG, S-Bahn & Co. mies ab. Doch oft werden Äpfel mit Birnen verglichen, sagen Experten. In ihrer Analyse kann Berlin punkten.

Erst stempeln, dann fahren: ein Fahrscheinentwerter der BVG im U-Bahnhof Eberswalder Straße.
Erst stempeln, dann fahren: ein Fahrscheinentwerter der BVG im U-Bahnhof Eberswalder Straße.Sabine Gudath

Wie teuer sind die Busse und Bahnen in der Hauptstadtregion? Nach kritischen Berichten über die Fahrpreise bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG), der S-Bahn Berlin und anderen Unternehmen gibt es jetzt erste Reaktionen. „Ja, es wäre schön, wenn ÖPNV-Tickets günstiger wären. Aber man muss schon auf die Leistung schauen, nicht nur auf den Preis“, gab Ruben Joachim, Referent in der Verwaltung von Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne), am Dienstag zu bedenken. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, kurz VBB, meldete sich ebenfalls mit einer Einschätzung zu Wort. Tenor auch dort: So teuer fahren die Berliner Fahrgäste nicht.

Ein Argument lautet: In Berlin bekommen Fahrgäste ein viel größeres Gebiet fürs Geld – und damit auch ein umfangreicheres Angebot. Bei Fahrpreisvergleichen wird immer der Tarifbereich AB betrachtet, der das ganze Stadtgebiet umfasst, erläuterte Ruben Joachim. „Das sind 892 Quadratkilometer mit 66 Regio- und S-Bahn Linien, 9 U-Bahn-Linien, 50 Straßenbahnlinien, 160 Buslinien. Meist mit Zehn-Minuten Takt oder häufiger.“

Einzelfahrt in Hamburg kostet 3,50 Euro

Dagegen umfasst zum Beispiel das Stadtgebiet von Frankfurt am Main nur rund 248 Quadratkilometer. Eine Tageskarte für diesen Bereich koste 10,15 Euro, so der Senatsmitarbeiter. Die 24-Stunden-Karte für das viel größere Berlin schlage dagegen mit 8,80 Euro zu Buche. Außerdem dürften in Berlin bis zu drei Kinder im Alter von bis zu 14 Jahren ohne Aufpreis mitgenommen werden, fügt der Verkehrsverbund hinzu.

Trotz deutlich kleinerer Geltungsbereiche sind Einzelfahrscheine in Hamburg und München mit jeweils 3,50 Euro kostspieliger als in Berlin, wo ein solches Ticket für den Tarifbereich Berlin AB drei Euro kostet. Zwar gibt es in Hamburg Nahbereichstickets für 2,40 Euro – doch deren Radius ist stark begrenzt.

Ähnlich fällt der Vergleich für Monatskarten aus. Meist werde für München ein sehr kleiner Bereich, die Zone M, betrachtet, hieß es. Er umfasst nur einen Teil des 311 Quadratkilometer großen Stadtgebiets. „Die mit Berlin AB vergleichbare Leistung (Zonen M+1+2) kostet 118,10 Euro. Da sehen die 86 Euro in Berlin doch besser aus“, sagte Ruben Joachim. In Hamburg kostet ein Monatsticket, das mit Berlin vergleichbar ist, 114,30 Euro, so der Verkehrsverbund. Im wohlhabenden Frankfurt seien es 93,10 Euro.

Viele Fahrgäste fahren zu ermäßigten Preisen

„Leider wird in solchen Betrachtungen das Abonnement nicht mit aufgeführt“, hieß es beim Verkehrsverbund. „Hier zählt Berlin zu den Spitzenreitern“ – positiv gesehen, nicht was die Höhe der Preise anbelangt. Ein Beispiel: Ein Jahresabo mit monatlicher Abbuchung, das für das gesamte Berliner Stadtgebiet gilt, kostet 761 Euro. Das sind 2,08 Euro pro Tag. Zum Vergleich: In Hamburg werden für ein solches Stammkundenticket 3,08 Euro pro Tag fällig, in Köln 2,94 und in Frankfurt am Main 2,50 Euro, so der VBB.

Nicht zu vergessen: Längst nicht jeder Fahrgast in Berlin ist Vollzahler. In der Hauptstadt sind besonders viele Nahverkehrsnutzer mit ermäßigten Fahrkarten unterwegs. Ruben Joachim: „60 Prozent der Berliner:innen haben Rabattoptionen – Semesterticket, Schülerticket, Sozialticket, Abo 65plus – für deutlich günstigere Tickets. Für alle anderen ist das Abo mit 63,42 Euro auch günstiger als die oft genannten 86 Euro pro Monat. Und dann gibt es noch das Jobticket.“

Anderswo gelten Sperrzeiten für Fahrräder

Bei Vergleichen geht es immer wieder auch um die Kosten der Fahrradmitnahme. In Frankfurt am Main, Hamburg und Hannover ist diese kostenlos. „Dafür hat Berlin keine Sperrzeiten wie Hamburg und Hannover“, entgegnet man beim Verkehrsverbund VBB. Dort sind die Nahverkehrsmittel während der Stoßzeiten für Fahrräder tabu.

In Berlin kostet ein Einzelfahrschein fürs Rad 2,10 Euro. Mit der Fahrrad-Monatskarte kann man für 11,50 Euro einen ganzen Monat lang ein Fahrrad im Berliner Stadtgebiet mitnehmen. Einem Nulltarif für Fahrräder stehen die Tarifexperten in Berlin skeptisch gegenüber.

„Zu bestimmten Zeiten auf bestimmten Strecken kommt es mittlerweile zu erheblichen Kapazitätsengpässen“, heißt es beim VBB. „Gerade im Hinblick auf den letzten genannten Umstand wird deutlich, dass die grundsätzliche Möglichkeit der Fahrradmitnahme nicht unproblematisch ist. Vor dem Hintergrund, dass es im Verbundgebiet entgegen den üblichen Regelungen im restlichen Bundesgebiet keine Sperrzeiten in den Hauptverkehrszeiten gibt, halten wir die kostenpflichtige, jedoch vergleichsweise günstige Mitnahme von Fahrrädern für angemessen.“