Mobilität

Streit um E-Scooter immer heftiger: Berliner Politiker bezeichnet sie als Schrott

Der Berliner Senat will über die Elektrotretroller neu nachdenken. Nun bezieht ein Politiker der großen Koalition klar Stellung – und bekommt Zustimmung. 

Elektrische Tretroller warten in Berlin auf Mieter.
Elektrische Tretroller warten in Berlin auf Mieter.Christian Charisius/dpa

Im Streit um die E-Scooter in Berlin hat ein Politiker der großen Koalition ungewöhnlich scharfe Töne angeschlagen. Für ihn seien die Fahrzeuge „Schrott“, sagte der SPD-Politiker Tino Schopf während einer Podiumsdiskussion. Dieser Schrott „kann gern weg“. Vor dem Hintergrund anstehender Entscheidungen zur Zukunft dieser Mietfahrzeuge ist das eine bemerkenswert deutliche Aussage.

Die Deutsche Verkehrswissenschaftliche Gesellschaft hatte zu einer Debatte über die Mobilität in Berlin eingeladen. Dabei kündigte die neue Verkehrs-Staatssekretärin Claudia Elif Stutz an, dass sich die Verwaltung im Spätsommer und Herbst um das Thema neue Mobilität kümmern werde. Dabei gehe es auch um die elektrischen Tretroller, die auf Straßen und Plätzen zum Mieten angeboten werden. Während die Unternehmen und andere Befürworter das Angebot als wichtigen Bestandteil der Mobilitätswende sehen, kritisieren andere, dass die E-Scooter Hindernisse sind.

Stutz gab zu bedenken, dass es Streit um die Roller gebe. Der Verwaltung stelle sich die Frage, ob die Situation in Zusammenarbeit mit den Anbietern verbessert werden kann – oder ob man mit den bisherigen Mitteln nicht weiterkommt. „Dieser Frage werden wir uns verstärkt widmen“, sagte die Staatssekretärin, die wie die neue Verkehrssenatorin Manja Schreiner seit Ende April im Amt ist. Ihre persönliche Meinung sei, dass die Lage „unbefriedigend“ ist, so die CDU-Politikerin am Donnerstagabend.

„Kann gern weg“: Zu diesem Fazit kommt Tino Schopf

Der SPD-Verkehrspolitiker Schopf wurde deutlicher. Für ihn seien die Miet-E-Scooter „kein Beitrag zur Mobilitätswende und kein Beitrag zur Stärkung des ÖPNV“, betonte der Abgeordnete aus Pankow. Für ihn seien diese Elektrofahrzeuge „Spaßobjekte“. Bei sonnigem Wetter sind sie „mit Sicherheit ganz nett, man sitzt nicht in der warmen S-Bahn oder der BVG und kann den Fahrtwind genießen“. Doch für ihn sind „die Dinger Schrott. Dieser Schrott steht und liegt auf den Straßen und behindert die zu Fuß Gehenden“, sagte Schopf. Sein Fazit laute: „Kann gern weg.“

Ganz abmoderieren würde er diese Form der neuen Mobilität aber nicht. „Größtenteils spielt sich die Sharing-Mobilität in Berlin innerhalb des S-Bahn-Rings ab“, erklärte der SPD-Abgeordnete. „Unsere Aufgabe als Koalition ist es, dafür Sorge zu tragen, dass es diese Angebote auch in den Außenbezirken gibt.“ Dort wären sie sinnvoll.

Dass es E-Scooter bislang nicht flächendeckend gebe, habe aber einen ganz einfachen Grund, sagte der Wirtschaftsprofessor Christian Böttger von der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin. In der Innenstadt rentiere sich das Angebot für die Unternehmen „knapp“, berichtete er. „Doch für ein Angebot in den Außenbezirken gibt es kein Geschäftsmodell.“ Böttger hält die E-Scooter für „eher schädlich als nützlich“. Studien zeigten, dass E-Scooter-Touren häufig Fahrten mit dem öffentlichen Verkehr ersetzen. Zudem sei die Ökobilanz mehr als bedenklich. Er wäre dafür, solche Angebote „durch Pricing zurückzudrängen“ – also durch die Erhebung von Gebühren.

Verkehrsclub Deutschland hält E-Scooter-Regulierung weiterhin für möglich

Heiner von Marschall vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) sieht das Thema nicht ganz so pessimistisch. Es gebe Anwendungsbereiche, in denen E-Scooter gut aufgehoben sind, sagte er. Sie könnten in Außenbezirken dazu dienen, um die letzte Meile vom Bahnhof nach Hause zurückzulegen. Lösungen, um das Angebot auch in der Innenstadt zu regulieren, lägen seit Jahren auf dem Tisch. Auch die Anbieter wären damit einverstanden, wenn die Verwaltung die Zahl der Mietfahrzeuge begrenzen und Konzessionen erteilen würde, sagte von Marschall. Bislang seien die Vorschläge aber nicht aufgenommen worden. „Das ist etwas, was uns frustriert“, so der VCD-Landeschef.

Der Fachverband Fußverkehr Deutschland (FUSS) weist darauf hin, dass die geltenden Sondernutzungsgenehmigungen, auf deren Grundlage die Vermieter derzeit ihre E-Scooter anbieten, zum 31. Dezember 2023 gelten. Darauf wies der Verband die neue Verkehrssenatorin jetzt in einem Tweet hin. Neue Genehmigungen könnten nach Paragraf 11 des Berliner Straßengesetzes versagt werden, wenn „behinderte Menschen durch die Sondernutzung … erheblich beeinträchtigt würden“. Erst kürzlich sei eine Blinde auf einem Gehweg in Berlin über einen abgestellten E-Scooter gefallen und habe sich erheblich verletzt.