Immobilienmarkt

Sozialmieten steigen in Berlin

Neue Wohnungsbauförderung sieht moderate Anhebung der Erstmieten vor. Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel hätte gern mehr gehabt.

Der Bau von Sozialwohnungen soll in Berlin stärker gefördert werden.
Der Bau von Sozialwohnungen soll in Berlin stärker gefördert werden.dpa/Julian Stratenschulte

Die Einstiegsmieten im geförderten Wohnungsbau in Berlin steigen an, allerdings nicht so stark, wie von Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) geplant. Das ist das Ergebnis einer Übereinkunft von SPD, Grünen und Linke zur neuen Wohnungsbauförderung, wie die Berliner Zeitung am Montag aus Koalitionskreisen erfuhr.

Klassische Sozialwohnungen, die in diesem Jahr bewilligt werden, kosten danach weiterhin anfänglich 6,60 Euro je Quadratmeter Wohnfläche kalt und nicht 7 Euro je Quadratmeter, wie von Geisel vorgeschlagen. Grüne und Linke hatten sich gegen die höhere Einstiegsmiete gewandt. Zum 1. Januar nächsten Jahres soll die anfängliche Miete für die klassischen Sozialwohnungen dann aber auf 6,70 Euro je Quadratmeter steigen. Wirksam werden die neuen Mieten, wenn die bewilligten Projekte fertiggestellt sind. Also voraussichtlich 2024/2025.

Für Haushalte mit einem etwas höheren Einkommen steigen die Einstiegsmieten in den geförderten Wohnungsbau den Angaben zufolge bereits von diesem Jahr an von 8,20 auf 9 Euro je Quadratmeter, wie von Geisel vorgeschlagen. Auf dieses Preissegment, das sogenannte Modell 2, sollen allerdings nur 20 Prozent der jährlichen Förderung entfallen. Das bedeutet, dass der überwiegende Teil der Mittel in den Bau klassischer Sozialwohnungen, das Modell 1, fließt. Die Begrenzung der Mittel für das Modell 2 erfolgt dem Vernehmen nach auf Drängen von Grünen und Linke – um zu verhindern, dass ein größerer Anteil geförderter Wohnungen im höheren Preissegment entsteht.

Fördervolumen steigt auf mehr als 700 Millionen Euro

Zweiter Teil der Einigung: Die Förderung, die das Land Berlin den Bauherren von Sozialwohnungen gewährt, erhöht sich. Zum einen steigt der Förderbetrag pro Wohnung, der überwiegend als zinsgünstiges Baudarlehen ausgereicht wird. Zum anderen erhöht sich der Teil der Förderung, der als reiner Zuschuss geleistet wird.

Die Baudarlehen im Modell 1 steigen von bisher maximal 1800 Euro auf bis zu 3350 Euro je Quadratmeter, im Modell 2 erhöhen sie sich von bisher maximal 1500 Euro auf bis zu 3050 Euro je Quadratmeter. Im Modell 1 steigt der Zuschuss von 25 auf 35 Prozent des Baudarlehens, im Modell 2 wird erstmals ein Tilgungsverzicht gewährt, und zwar in Höhe von 15 Prozent. Auf rund 739 Millionen Euro wachsen die Kosten den Unterlagen zufolge bei der Förderung von 5000 Wohnungen pro Jahr.

Die Einigung über die neue Wohnungsbauförderung macht den Weg frei, um den Bau neuer Sozialwohnungen in Berlin auf den Weg zu bringen. Weil die Verabschiedung der neuen Förderbestimmungen auf sich warten ließ, war in diesem Jahr bis jetzt keine einzige neue Sozialwohnung bewilligt worden. Denn die alten Konditionen, die aus dem Jahr 2019 stammen, gelten seit Langem als unattraktiv – weil die Baukosten von 2019 bis Mai dieses Jahres um 28 Prozent gestiegen sind. Die Grundstückspreise zogen ebenfalls an, was den Neubau weiter verteuert.

Alle, die neue Sozialwohnungen bauen wollen, warteten auf die neuen, verbesserten Förderbestimmungen. Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses wird den neuen Bestimmungen voraussichtlich am Mittwoch zustimmen.

Preiswerte Wohnungen werden dringend benötigt

Die Regierungskoalition hat sich im Wohnungsneubau viel vorgenommen. Von den 20.000 Neubauwohnungen, die SPD, Grüne und Linke jedes Jahr errichten wollen, sollen 5000 Sozialwohnungen sein. Um das Jahresziel für 2022 noch zu erreichen, müssten bis Ende Dezember alle 5000 Wohnungen bewilligt werden. Die preiswerten Wohnungen werden in der Bundeshauptstadt dringend benötigt. Denn die Angebotsmieten für nicht geförderte Neubauwohnungen auf dem freien Markt kletterten laut Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin (IBB) im vergangenen Jahr auf 16,62 EUR je Quadratmeter Wohnfläche.

Das Problem des sozialen Wohnungsbaus ist es, dass die Sozialbindungen zeitlich befristet sind. Nach Wegfall der Bindungen entfallen sowohl Preisbindung als auch Belegungsbindung, wonach die Wohnungen an Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins (WBS) vermietet werden müssen.

Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel hatte am Wochenende an die Spitzen der Koalition appelliert, den neuen Förderbestimmungen zuzustimmen. „Durch das Auslaufen der Förderlaufzeiten des alten sozialen Wohnungsbaus fallen jährlich etwa 5000 Sozialwohnungen aus der Bindung, so dass Berlin tendenziell in jedem Jahr weitere Sozialwohnungen verliert, in dem wir unter der Förderzahl von 5000 bleiben“, schrieb Geisel.

Kritik aus der Koalition

In der Koalition stößt Geisels Vorgehen auf Unverständnis. „Anstatt wochenlange Verhandlungen mit Vonovia & Co. im Wohnungsbündnis zu führen, hätte der Senat gemeinsam mit uns an der Förderrichtlinie arbeiten und diese so viel früher verabschieden können“, sagt der Linke-Abgeordnete Niklas Schenker.  Nun gebe es endlich eine Einigung. „Die Sozialmieten bleiben auf einem niedrigen Niveau und das ist entscheidend“, so Schenker. „Es ist nicht die perfekte Förderung, aber ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger. Nach der Einigung werden bald neue Gespräche zur Wohnungsbauförderung anstehen. Denn die jetzt beschlossene Regelung gilt nur etwa ein Jahr – sie ist bis Ende des dritten Quartals 2023 befristet.