Es ging wie immer im April los und steigerte sich im Mai. Als die Temperaturen nach oben kletterten, die Tage lang wurden. Mitte der Woche fragen seitdem die ersten Freunde: Und, was macht ihr am Wochenende, fahrt ihr auch raus?
Es ist die Frage des mittleren Lebensalters in Berlin, zumindest im Sommer. Ich fürchte mich ein bisschen vor ihr. Und vor den leeren Wochenenden in der Stadt, weil alle meine Freunde draußen sind. In Brandenburg, manchmal sogar in Mecklenburg, auf ihren kleinen oder großen Grundstücken, in den Häusern ihrer Eltern, oder in denen, die sie sich in den vergangenen Jahren zugelegt haben.
Sie pflegen ihre Hochbeete, säen Wildblumenmischungen aus, denken über Bewässerungssysteme nach. Wenn sie wieder da sind, erzählen sie mir, wie therapeutisch die Gartenarbeit ist. Das haben ja auch Studien schon so oft belegt. Ich versuche, die Pflanzen auf meinem Balkon am Leben zu erhalten, aber ich befürchte, dass das nicht so großartig auf meine Psyche wirkt.
Als ich ein Kind war, hatten meine Eltern auch eine Zeit lang einen Garten. Nicht in Brandenburg, aber immerhin in Mahlsdorf. Wir fuhren hin, wenn das Wetter schön war. Es gab einen kleinen, dunklen, schiefen Bungalow, in dem es muffig roch und den wir so gut wie nie betraten, und ein Plumpsklo, auf dem ich mich vor Spinnen fürchtete.
Meine Mutter legte sich auf eine Klappliege in die Sonne oder schaute nach den alten Rosen, die entlang des Weges wuchsen, der zum Bungalow führte. Mein Vater baute uns das Planschbecken auf, das mein Onkel aus dem Erzgebirge, der bei einem Spielwarenkombinat arbeitete, für uns besorgt hatte. Es gab ein paar Obstbäume, aber ich kann mich nicht erinnern, dass wir etwas geerntet haben. Hochbeete gab es nicht.
Irgendwann verkaufte mein Vater den Garten. Mich störte das nicht, ich vermisste nichts. Meine Freunde in Berlin fragten vor dem Wochenende nicht, ob ich rausfahre, auch nicht im Sommer, sondern nach Partys und Gästelisten in Clubs. Wenn wir ins Grüne wollten, nahmen wir uns Decken mit und trafen uns in einem Park. Oder wir fuhren gemeinsam an einen See im Umland, mit einem vollgestopften Auto oder in einer Regionalbahn.
Vermittlungsagentur für Grün-Suchende
Diese Zeiten sind vorbei. Bestenfalls anspruchsvolle Fahrrad- oder Wandertouren gelten noch als ähnlich sinnvolle Beschäftigung am Wochenende wie die Arbeit im eigenen Garten.
Inzwischen muss ich zugeben, dass ich diesen Trend gern mitmachen würde. Am Wochenende rausfahren und alte Tomatensorten pflanzen. Oder mit einem Buch Gartenvögel bestimmen. Aber ich weiß nicht, ob ich den Anschluss noch schaffe. Ich habe mich im Herbst bei einem Büro angemeldet, das Gartenlauben und Grundstücke in Brandenburg vermittelt. Wahrscheinlich beginnt meine Suche Jahrzehnte zu spät. Es ist wie mit dem Berliner Wohnungsmarkt. Die guten Zeiten sind lange vorbei.
Jeden Monat kommt eine E-Mail mit Angeboten. Ich öffne sie mit einem leichten Kribbeln. Sie beginnt mit der Anrede „Liebe Grün-Suchende“, von der ich mich genau beschrieben fühle. Das Kribbeln verfliegt schnell, denn die wenigen Grundstücke, die zum Verkauf stehen, sind entweder unbezahlbar oder weit abgelegen. Ich habe kein Auto und bräuchte eigentlich einen Garten, den man mit der Bahn oder einem Bus erreicht. Andere Angebote tragen den Zusatz „Handwerkerobjekt“, der den Zustand der Wochenendhäuschen beschreibt.



