Nach den Silvesterkrawallen in Berlin hat die Polizei bereits zahlreiche Tatverdächtige ermittelt. Zu Übergriffen auf die Polizei laufen laut Polizeipräsidentin Barbara Slowik derzeit 49 Verfahren mit 37 Verdächtigen. Bei der Feuerwehr gibt es 53 Verfahren. „22 Verfahren mit circa zehn Tatverdächtigen haben wir bereits am letzten Freitag an die Staatsanwaltschaft abgegeben“, sagte Slowik am Montag im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. „Das macht vielleicht deutlich, mit welchem Nachdruck wir hier arbeiten.“
Laut Slowik konzentrieren sich die Ermittlungen auf die Auswertung von Videomaterial, „das teilweise sehr gut ist“. Die Polizei nutzt dazu Material aus dem Internet, Bilder, die die Dokumentationsteams der Polizei vor Ort aufgenommen haben, und Material, das von Bürgern eingesandt wurde. Laut Slowik gingen inzwischen etwa 100 Datenpakete über das Hinweisportal ein.
Die Ermittler recherchieren nach Slowiks Worten akribisch auf den verschiedenen Plattformen im Internet. „Und egal wie sehr mancher Tatverdächtige ein entsprechendes Video eingestellt hat, wo man sich feiert, dass man die Feuerwehr angreift; egal wie sehr jemand meint, im digitalen Raum seine Spuren zu löschen: Unsere Kriminalisten finden Spuren.“ So habe man schon eine klare Spur zu einem Tatverdächtigen.
Weil eine Einheit fehlte, mussten Polizisten abgezogen werden
In der örtlichen Polizeidirektion 4 wurde inzwischen eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die den engen Austausch mit der Staatsanwaltschaft gewährleisten und für eine schnelle Bearbeitung aller Verfahren sorgen soll.
Laut Slowik nutzen die Ermittler auch die Expertise von Superrecognizern, die besonders gut Gesichter wiedererkennen können, sowie von szenekundigen Beamten, die genaue Personenkenntnisse haben.
Zwischen 17 Uhr und 6 Uhr morgens wurde die Polizei zu 1356 Feuerwehreinsätzen zur Unterstützung angefordert. Laut Slowik gab es 49 Angriffe auf Polizeikräfte, zu denen 37 Tatverdächtige ermittelt sind. Die Ausschreitungen und Angriffe auf Einsatzkräfte seien so weder erwartbar noch prognostizierbar gewesen, sagte Slowik.
Aus dem polizeiinternen Abschlussbericht, der dieser Zeitung vorliegt, wird allerdings deutlich, dass es auch Mängel bei der Einsatzführung gab. Laut Bericht führte das Fehlen einer Einsatzeinheit dazu, dass Beamte vorzeitig von den Pyroverbotszonen abgezogen werden mussten, „um die Lage an den Brennpunkten vorrangig in Neukölln und den Schutz der Einsatzkräfte der Feuerwehr bewältigen zu können“. Die Landespolizei war auf Verstärkung durch die Bundespolizei angewiesen – am Alexanderplatz, am Bahnhof Gesundbrunnen, in der Moabiter Huttenstraße und bei der Zentralveranstaltung am Brandenburger Tor.
Karsten Woldeit: „Diesen riesigen Elefanten hier im Raum will man nicht sehen“
Die anschließende Debatte im Ausschuss folgte jenen Mustern, wie man sie seit Jahrzehnten kennt.
Im Vergleich zu Silvester könne man den 1. Mai der letzten zehn Jahre getrost als „Kindergeburtstag“ bezeichnen, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU, Frank Balzer. „Wir dürfen nicht mehr verdrängen, was sich in bestimmten Kiezen tut“, forderte Balzer, der in einem eingereichten Fragenkatalog Auskunft über die Vornamen der Festgenommenen haben möchte. Er verglich die gegenwärtige Diskussion mit der zur Clankriminalität. Diese sei von der Politik verdrängt worden, „um nicht zu stigmatisieren“.
„Migrationshintergrund als Ursache für Kriminalität zu nehmen – da fängt Rassismus an“, sagte Niklas Schrader von der Linkspartei in Richtung der CDU. „Wer so zündelt, braucht keine Brandmauer mehr nach rechts, sondern erledigt das Geschäft der AfD.“
Die konterte ihrerseits. Diese Straftaten würden auch künftig nicht verfolgt, sagte der AfD-Abgeordnete Karsten Woldeit. „Weil man diesen riesigen Elefanten, der hier im Raum steht, teilweise gar nicht sehen möchte.“ Man versuche, die Symptome zu bekämpfen.
Iris Spranger: „Wir müssen bei der Kommunikation höllisch aufpassen“
An Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) gewandt, sagte der Kreuzberger CDU-Abgeordnete Kurt Wansner: „Solange Sie mit Koalitionspartnern wie der Linkspartei zusammen sind, die in Kreuzberg ein Denkmal gegen Polizeigewalt aufstellt, gemeinsam mit Schwarzafrikanern, die Drogenhändler sind, dann ist das schon ein großes Problem.
„Wir müssen uns die Täterstrukturen anschauen, aber wir müssen bei der Kommunikation höllisch aufpassen“, mahnte Iris Spranger. Viele Meschen mit Einwanderungsgeschichte seien Leistungsträger der Gesellschaft, Arbeitgeber und Steuerzahler.


