Ryyan Alshebl ist bei Interviews ein leichtes Näseln anzuhören, wie es typisch ist für das Schwäbische. Er bemerkt auf seiner Homepage, dass er nach seiner Ankunft als Geflüchteter aus Syrien 2015 im Landkreis Calw im Nordschwarzwald gleich zwei neue Sprachen lernte: Deutsch und Schwäbisch.
Der 29-Jährige sorgt für eine politische Premiere im Südwesten. Zum ersten Mal wurde mit Alshebl in der circa 2500 Einwohner zählenden Gemeinde Ostelsheim ein Kandidat zum Bürgermeister gewählt, der syrische Wurzeln hat und nach Deutschland geflohen war. Zumindest ist dem baden-württembergischen Gemeindetag kein anderer Fall bekannt.
Der gebürtige Syrer gewann im ersten Wahlgang
Alshebl setzte sich sich bereits im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit gegen zwei Mitbewerber durch. Sie traten wie der Kandidat mit syrischen Wurzeln parteilos an. Alshebl ist allerdings Mitglied bei den baden-württembergischen Grünen.
Clemens Götz, Bürgermeister der benachbarten Kleinstadt Althengstett, hatte Alshebl zu der Kandidatur ermutigt. Der gebürtige Syrer hatte in der Gemeindeverwaltung eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten gemacht. Das Land Baden-Württemberg gewährte ihm ein Stipendium, weil er zu den Besten seines Jahrgangs gehörte.
Eine Bürgermeister motivierte Alshebl zur Kandidatur
Alshebl nahm eine Stelle bei der Gemeinde Althengstett an. Er kümmerte sich um die Digitalisierung der Verwaltung und die Kinderbetreuung. Götz erklärte nach der Wahl, dass er seinen Mitarbeiter nur ungern ziehen lasse. Er habe einen Blick fürs Ganze, attestierte der Bürgermeister seinem neuen Kollegen. Alshebl engagierte sich ehrenamtlich auch im Sportverein Althengstett in der Abteilung Breitensport.
Alshebl warb während seines Wahlkampfes mit seinen Erfahrungen in der Verwaltung der Nachbargemeinde. Er versprach den Wählern, Beratungs- und Betreuungsangebote für junge Familien auszubauen und eine bessere Kinderbetreuung. Ostelsheim liegt am Rande der Metropolregion um die Landeshauptstadt Stuttgart. Kleine Gemeinden wie Ostelsheim spüren den Sog der wirtschaftsstarken Großstadt. Er verlockt gerade die junge Generation mit gutbezahlten Jobs zur Landflucht. Alshebl will die Jugend im Dorf halten.
Der neue Bürgermeister kämpft für schnelleres Internet
Dabei soll auch eine forcierte Digitalisierung helfen. Alshebl versprach seinen Wählen eine Bewerbung Ostelsheims für ein Landesprogramm zur Breitbandförderung. Das Internet im Schneckentempo in der ländlichen Region im Nordschwarzwald soll der Vergangenheit angehören.
Alshebl stellte seine Herkunft im Wahlkampf als Teil seiner Lebensgeschichte vor. Der Kandidat erklärte auf seiner Homepage, warum er 2015 seine syrische Heimatstadt as-Suwaida im Süden Syriens verließ. Er habe keinen Kriegsdienst in der Armee des Machthabers Bashar al-Assad leisten wollen. Alshebl vermerkt, dass er der drusischen Religionsgemeinschaft angehört, einer religiösen Minderheit in Syrien.




