Mobilität

Neue Strecken, moderne Wagen: So verbessert sich der Verkehr zum BER

Berlins Koalition diskutiert darüber, ob die U7 zum Flughafen fahren soll. Dabei sind die Verbindungen jetzt schon gut. Ende 2022 werden sie noch besser.

Ein Regional- und ein Fernzug begegnen sich kurz vor der Eröffnung des Bahnhofs unter dem Terminal 1 des Flughafens BER. Der neue Hauptstadt-Airport ist gut ans Bahnnetz angeschlossen.
Ein Regional- und ein Fernzug begegnen sich kurz vor der Eröffnung des Bahnhofs unter dem Terminal 1 des Flughafens BER. Der neue Hauptstadt-Airport ist gut ans Bahnnetz angeschlossen.Benjamin Pritzkuleit

Berlin/Schönefeld - Braucht der BER einen U-Bahn-Anschluss? In der Koalition wird der Streit über die Verlängerung der U7 von Rudow zum Flughafen immer heftiger. Nun wirbt eine Fachfrau dafür, sich auf die Fakten zu besinnen. „Manchmal frage ich mich, warum es so vielen Berlinern nicht bewusst ist, wie gut Berlin jetzt schon mit dem Flughafen verbunden ist“, sagte Susanne Henckel, Chefin des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB), der Berliner Zeitung. Weitere Verbesserungen seien in Sicht. Noch in diesem Jahr kommen modernisierte Wagen, und neue Linien werden eröffnet. Eigentlich schon ganz schön viel für einen Flughafen mit auf absehbare Zeit vermindertem Verkehr.

Es brodelt bei Rot-Grün-Rot in Berlin. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) vermisst eine echte „Hauptstadtanbindung“ zum Hauptstadt-Flughafen. Die U7 müsse zum BER fahren, forderte sie. Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch hält das dagegen für Unsinn. Die Strecke wäre „sauteuer“, sagte die Grünen-Politikerin kürzlich. Sie pocht darauf, sich an das in der Koalition vereinbarte Verfahren zu halten. Zunächst seien die U7 zum Flughafen und wie verabredet die anderen vier avisierten Netzerweiterungen zu prüfen, erst dann werde entschieden, so Jarasch. Am Dienstag sagte Giffey, man habe sich ausgesprochen und „so weit alles geklärt“.  Doch es ist zu erwarten, dass die Diskussion über die U-Bahn zum BER wieder aufflammen wird.

Für 3,80 Euro von Berlin zum Flughafen

Susanne Henckel will sich an der politischen Debatte nicht beteiligen. Stattdessen möchte sie darauf aufmerksam machen, wie gut das Nahverkehrsangebot zwischen Berlin und dem neuen Schönefelder Hauptstadt-Airport bereits ist, sagte sie. „Aus meiner Sicht müsste das viel besser kommuniziert werden.“ Auch wenn der BER seit 2020 in Betrieb sei: Die Erreichbarkeit scheine sich nicht ausreichend herumgesprochen zu haben. Dass man zum Beispiel vom Ostkreuz in 16, vom Zoo in 39 Minuten zum Bahnhof direkt unter dem Terminal 1 gelangt – das ist noch lange kein Gemeingut.

„Da ist die hervorragende S-Bahn-Verbindung mit sechs Fahrten pro Stunde und Richtung. Mich ärgert, dass im Flughafen am Zugang zum unterirdischen Bahnhof auf der Abfahrtstafel der Deutschen Bahn nicht adäquat darauf hingewiesen wird“, so die VBB-Geschäftsführerin. „Hinzu kommen die schnellen Regionalzugverbindungen, die viermal pro Stunde bestehen. Und das alles für 3,80 Euro pro Fahrt, wenn man mit Einzelfahrscheinen reist. Es gibt nicht viele Flughäfen, die so gut an den öffentlichen Verkehr angeschlossen sind.“ Von den fünf Buslinien von Berlin zum Terminal 1 gar nicht zu reden.

Der Regionalzugverkehr werde in diesem Jahr sogar noch besser. Henckel: „Die Strecke von Berlin zum BER gehört zu unserem Netz Elbe–Spree, auf dem ab 11. Dezember 2022 andere Fahrzeuge eingesetzt werden. Konkret für den BER bedeutet dies, dass Züge mit frisch sanierten und umgebauten Doppelstockwagen dorthin fahren werden, in denen es WLAN und besonders viel Platz für Gepäck geben wird.“ Die Rede ist von zusätzlichen Abstellflächen und Gepäck-Racks – Stahlgestellen mit Ablagefächern. „Passagiere mit Koffern werden im künftigen Flughafenexpress auch die größeren Durchgangsbreiten zu schätzen wissen“, so die Verbundchefin. „Beim Ein- und Aussteigen im Flughafenbahnhof muss kein Höhenunterschied mehr überwunden werden.“

Die runderneuerten Wagen verkehren im Flughafen-Express zweimal stündlich vom Hauptbahnhof über Gesundbrunnen und Ostkreuz zum Terminal 1 des BER. Eingesetzt werden sie auch auf der Regionalbahnlinie RB24. Der nördliche Abschnitt verbindet Eberswalde, Bernau, Berlin-Lichtenberg und das Ostkreuz mit dem früheren Flughafen Schönefeld, der heute Terminal 5 heißt. Von dort aus geht es mit der S-Bahn weiter. Der Südabschnitt führt vom BER-Terminal 1 nach Wünsdorf-Waldstadt. Außerdem werden die modernisierten Wagen auf der neuen Regionalbahnlinie RB32 unterwegs sein. Sie wird ebenfalls geteilt: Der Nordteil verbindet Oranienburg, Berlin-Lichtenberg und das Ostkreuz mit dem Bahnhof am Terminal 5, der Südteil Terminal 1 mit Ludwigsfelde. Damit gibt es zwei neue Strecken aus dem Nordosten in Richtung Flughafen.

Von Lichtenberg und Hohenschönhausen ohne Umsteigen zum Terminal

Nicht zu vergessen die beiden anderen Regionalverkehrsverbindungen von Berlin zum Flughafen – die allerdings mit anderen Fahrzeugen bedient werden. Einmal stündlich stellt der neue Regionalexpress RE8 eine Verbindung zwischen Wismar, Nauen, Falkensee, Berlin-Spandau, Berlin und dem Flughafen her. Ebenfalls stündlich verkehrt die Regionalbahn RB23 von Golm über Berlin-Wannsee und andere Bahnhöfe in Berlin zum BER. Unterm Strich verbessert sich das Angebot zum Fahrplanwechsel.

Ein Blick in den künftigen Flughafen-Express. Im Werk Wittenberge lässt DB Regio Nordost 145 Doppelstockwagen modernisieren. Die Fahrzeuge für den Verkehr zum BER bekommen große Gepäckablagen.
Ein Blick in den künftigen Flughafen-Express. Im Werk Wittenberge lässt DB Regio Nordost 145 Doppelstockwagen modernisieren. Die Fahrzeuge für den Verkehr zum BER bekommen große Gepäckablagen.DB/Oliver Lang

„Ende 2025 wird es im Flughafenverkehr einen weiteren Qualitätssprung geben“, fügte Verbundchefin Henckel hinzu. „Dann soll der neue Abschnitt der Dresdener Bahn im Süden von Berlin fertig sein, der noch kürzere Fahrzeiten ermöglicht.“ Dann fährt der Flughafen-Express nicht mehr zweimal stündlich, sondern alle 15 Minuten. Die Reisezeit zum Hauptbahnhof, derzeit 31 bis 35 Minuten, soll auf rund 20 Minuten schrumpfen. Die Strecke führt dann über Südkreuz und Potsdamer Platz. Der neue Regionalexpress RE20, der Berlin mit dem BER und Cottbus verbinden wird, ergänzt dann das Angebot. Damit nicht genug: Die zunächst getrennten Linien RB24 und RB32 werden 2025 zusammengefügt – was bedeutet, dass auch Fahrgäste aus Eberswalde, Bernau, Oranienburg und Berlin-Lichtenberg direkt zum Terminal 1 gelangen.

Für die Verlängerung der U7 zum Flughafen gibt es viele Fürsprecher – unter anderem im Bezirk Neukölln. Aber auch Luftverkehrsexperten sprechen sich dafür aus. „Die U-Bahn-Strecke würde die Anbindung auch für viele Flughafenbeschäftigte verbessern“, so Flugkapitän Thomas Kärger. Doch während im Regionalverkehr Verbesserungen absehbar sind, würde die geforderte U-Bahn zum BER noch viele Jahre auf sich warten lassen. Ein Planfeststellungsverfahren wäre erforderlich, viel Geld zu organisieren. Drei Bauvarianten für die Verlängerung der U7 zum BER wurden skizziert: 7970 oder 8560 Meter lang, mit sechs oder sieben Bahnhöfen, für 672 Millionen bis 799 Millionen Euro. Verkehrsexperten wie der frühere Brandenburger Infrastrukturminister Reinhold Dellmann (SPD) rechnen unterm Strich mit weit mehr als eine Milliarde Euro.

Ein Blick ins Mehrzweckabteil für Fahrgäste mit großem Gepäck, Rollstuhl, Rollator oder Fahrrad.
Ein Blick ins Mehrzweckabteil für Fahrgäste mit großem Gepäck, Rollstuhl, Rollator oder Fahrrad.DB/Oliver Lang

„Ich glaube, dass sich alle Beteiligten darüber im Klaren sind, dass es sich bei der diskutierten Verlängerung der U-Bahn-Linie U7 von Rudow zum Flughafen BER um kein kleines Projekt handeln würde“, sagte Susanne Henckel. „Das ist auch der wesentliche Grund dafür, dass es auf absehbare Zeit als Zukunftsmusik einzustufen ist.“