Mobilität

Endlich! In Berlin-Köpenick geht’s bald wieder vierspurig über die Spree

Die alte Salvador-Allende-Brücke hatte Betonkrebs und musste weichen, nun ist die neue fertig. Die Berliner Zeitung erfuhr den Eröffnungstermin.

Die Salvador-Allende-Brücke in Köpenick von Süden aus. Noch ist der östliche Überbau gesperrt. 
Die Salvador-Allende-Brücke in Köpenick von Süden aus. Noch ist der östliche Überbau gesperrt. Berliner Zeitung/Peter Neumann

Noch ist die östliche Fahrbahn nicht ganz asphaltiert, und für den Gehweg müssen noch Pflastersteine verlegt werden. Doch nicht mehr lange, dann ist die jüngste Spreequerung im Osten von Berlin komplett. Es handelt sich um die neue Salvador-Allende-Brücke in Köpenick, die an der Stelle der wegen Betonkrebs abgerissenen Vorgängerin entstanden ist. Nach dem westlichen Überbau, der 2019 eröffnet wurde, geht bald auch die östliche Hälfte ans Netz. Jetzt gibt es einen Termin, wann sie für den Verkehr freigegeben wird.

Nach Informationen der Berliner Zeitung geht es vom 7. November an wieder wie früher vierspurig über die Müggelspree. In Senatskreisen wurde der geplante Termin bestätigt. Am ersten Novembermontag zwischen 10.30 und 12 Uhr soll es so weit sein, hieß es.

Schäden wurden über die Jahre immer schlimmer

Oliver Igel, Bezirksbürgermeister in Treptow-Köpenick, wurde bereits vom Büro der Berliner Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) gebeten, den Vormittag in seinem Kalender zu blocken. Der SPD-Politiker hatte in der vergangenen Woche während einer Online-Veranstaltung mit der Senatsverwaltung von der geplanten Freigabe erfahren. 

Ursprünglich sollte die neue Brücke im Osten von Berlin 2021 komplett sein. Doch Hindernisse im Baugrund, Corona und der Krieg in der Ukraine wirkten sich auf den Zeitplan aus, hieß es am Montag in Senatskreisen.

„Trotz der Verzögerungen bin ich froh über die bevorstehende Verkehrsfreigabe“, sagte Oliver Igel der Berliner Zeitung. „Die Brücke ist eine wichtige Lebensader für Treptow-Köpenick und wird mit einer besseren Leistungsfähigkeit den Verkehr im Bezirk wesentlich entlasten. Besonders die Anfahrt zum Krankenhaus Köpenick verbessert sich damit wieder.“

Wie im November 2019 ist es heute noch: Der gesamte Verkehr muss sich die westliche Brückenhälfte teilen. Es gibt nur einen Fahrstreifen pro Richtung. Vom 7. November an stehen wieder je zwei Fahrspuren zur Verfügung.
Wie im November 2019 ist es heute noch: Der gesamte Verkehr muss sich die westliche Brückenhälfte teilen. Es gibt nur einen Fahrstreifen pro Richtung. Vom 7. November an stehen wieder je zwei Fahrspuren zur Verfügung.imago/Bernd Friedel

Die erste Salvador-Allende-Brücke war von 1979 bis 1981 errichtet worden. Ziel war es, die Köpenicker Altstadt zu entlasten. Die Stützweite des Spannbetonbauwerks betrug 136 Meter, die Breite etwas mehr als 30 Meter. Namensgeber war der chilenische Präsident Salvador Allende, der sich selbst erschoss, als die Armee 1973 bei ihrem Putsch seinen Dienstsitz stürmte. Nach ihm ist auch ein benachbartes Wohnviertel benannt.

Im Schnitt waren täglich rund 25.000 bis 30.000 Kraftfahrzeuge auf der alten Brücke unterwegs. Doch wie bei anderen Betonbauwerken, bei denen eingebaute gespannte Stahlseile für Stabilität sorgen sollen, tauchten Schäden auf, die immer schlimmer wurden. Seit den Nullerjahren war sicher bekannt, dass die Allende-Brücke bröckelte. Bei turnusmäßigen Überprüfungen des Senats wurden immer neue Risse festgestellt.

Betonkrebs ließ das Bauwerk bröckeln

„Weitere Untersuchungen ergaben eine Alkali-Kieselsäure-Reaktion im Bauwerk“, so die Verwaltung. Bei dieser chemischen Reaktion, die auch als Betonkrebs bekannt ist, leidet die Stabilität ganz besonders. Stoffe im Beton reagieren miteinander, quellen auf, Risse entstehen. Stoppen lässt sich die Zersetzung nicht. „Zusätzlich wiesen die Spannbeton-Überbauten erkennbare Schrägrisse in der Nähe der Auflager auf“, hieß es.

Die neue Querung der Köpenicker Müggelspree von der Südseite aus. In diesem Bereich muss noch ein Uferweg wiederhergestellt werden. Radfahrer und Fußgänger müssen seit Jahren Umwege in Kauf nehmen.
Die neue Querung der Köpenicker Müggelspree von der Südseite aus. In diesem Bereich muss noch ein Uferweg wiederhergestellt werden. Radfahrer und Fußgänger müssen seit Jahren Umwege in Kauf nehmen.Berliner Zeitung/Peter Neumann

2008 glaubten die Tiefbauexperten noch, dass sie das Problem mit einer Instandsetzung in den Griff bekommen könnten. Das hätte die Kosten niedrig gehalten – von 2,5 Millionen Euro war die Rede. Doch der Bauwerkszustand der Brücke verschlechterte sich weiter.

Zehn Monate war die Querung der Müggelspree sogar voll gesperrt

Als die Risse die Grenzwerte erreichten, ließ die Verwaltung den am stärksten geschädigten westlichen Überbau 2014 für Autos sperren. Der Kraftfahrzeugverkehr, zu dem BVG-Buslinien wie die X69 und die 169 gehören, wurde auf der östlichen Brückenhälfte konzentriert.

Allerdings konnte ab Januar 2019 auch der verbliebene Teil vom motorisierten Verkehr nicht mehr genutzt werden. Um Platz für den Neubau zu schaffen, hatte man das Brückenwiderlager halbiert – was das Bauwerk endgültig aus dem Lot brachte. Noch mehr Risse brachen auf, der Überbau senkte sich ab. Die alte Brücke war am Ende. Die Vollsperrung führte dazu, dass auch das Krankenhaus schlechter erreichbar war.

Zunächst hatte es beim Senat geheißen, dass der Brückenabriss schon 2013 beginnen könne. Später war von 2015 die Rede. Aber auch dieser Termin verstrich. Es ging ums Geld: Nicht nur nördlich vom Allende-Viertel muss investiert werden – Dutzende anderer Brücken sind ebenfalls marode. 2017 konnte der Abbruch endlich starten.

Der Köpenicker Stromausfall nahm auf der Brückenbaustelle seinen Ausgang

Zunächst war der westliche Überbau an der Reihe. Der erste Teil des neuen Bauwerks, nach Plänen von Inros Lackner SE aus Rostock gebaut, wurde am 22. November 2019 für den Verkehr freigegeben – fünf Wochen früher als angekündigt, wie man im Senat stolz betonte. Seitdem kann die Müggelspree an dieser Stelle wieder von Autos, Lastwagen und Bussen passiert werden, allerdings bislang nur auf einem Fahrstreifen pro Richtung. Wenn Anfang November der östliche Überbau freigegeben wird, stehen wieder zwei Fahrstreifen pro Richtung zur Verfügung – wie früher auf der alten Brücke.

Doch es war kein einfaches Bauvorhaben. Nicht nur, dass man erst relativ spät grünes Licht bekam: Beim Start gab es weitere Verzögerungen. So trafen für das Teilprojekt Abriss lediglich zwei Angebote beim Senat ein. Die Ausschreibung musste wiederholt werden, diesmal für alle Arbeiten zusammen. Mit anderen Beteiligten waren viele Abstimmungen nötig. Eine Trinkwasserleitung, die unter der Spree verläuft, musste verlegt werden. Die erwarteten Kosten wurden von 15,5 Millionen auf 37 Millionen Euro nach oben korrigiert. Die Baumaßnahme wurde vom Land Berlin im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ mit Landes- und Bundesmitteln gefördert.

Für den Neubau der Elsenbrücke wurde die Spree gesperrt

Im Februar 2019 sorgte die Baustelle im Osten Berlins erneut für Schlagzeilen. Bei Arbeiten an der neuen Brücke wurde nicht nur ein wichtiges Stromkabel, das dort verlief, sondern auch die benachbarte Ersatzleitung angebohrt. 31.000 Haushalte und 2000 Gewerbebetriebe waren anderthalb Tage ohne Elektrizität.

Berlin hat ein Brückenproblem, so die Baukammer. „Insgesamt sind laut Senat 70 Brücken überall bei uns in der Stadt dringend sanierungsbedürftig, viele davon sogenannte Spannbetonbrücken – so wie die Elsenbrücke, die Treptow und Friedrichshain verbindet.“ Im heißen Sommer 2018 platzte im östlichen Überbau plötzlich ein langer Riss auf. Inzwischen steht an der Stelle dieser Brückenhälfte eine provisorische Spreequerung, und nebenan sind Abbruchtrupps am Werk.

„Die Rückbau- und Abbrucharbeiten am westlichen Überbau der Elsenbrücke gehen in die finale Phase“, berichtete Arne Huhn, der in der Mobilitätsverwaltung den Brücken- und Ingenieurbau leitet, bei LinkedIn. „Die Spree ist für die Schifffahrt gesperrt und der Aufbau der Tragkonstruktion hat begonnen.“ Das 97,7-Millionen-Euro-Projekt wird noch bis 2028 dauern.