Kolumne

Eine Wüste in Brandenburg? Ja, aber schuld ist nicht der Klimawandel

Bilder einer vertrockneten Landschaft in Ostbrandenburg regen die Netzgemeinde auf – doch unser Kolumnist weiß, dass der Ursprung der Wüste nicht das Klima ist.

Dieses Luftbild vom Juni 2017 zeigt, dass die Lieberoser Heide schon lange die einzige Wüste Deutschlands ist.
Dieses Luftbild vom Juni 2017 zeigt, dass die Lieberoser Heide schon lange die einzige Wüste Deutschlands ist.Patrick Pleul/dpa-Zentralbild

Gibt es Wüsten in Deutschland? Ja, die Bilder, die jetzt im Internet kursieren, zeigen das, was klassischerweise eine Wüste ausmacht: fast endlose Weiten, kein Baum, kaum ein Strauch und viel Sand, sehr viel Sand. Alles gelb, trocken und lebensfeindlich. Die Fotos lösen in sozialen Medien reichlich Empörung aus, weil die Bilder aus Ostbrandenburg stammen, aus der Nähe von Lieberose, und weil die Trostlosigkeit mit dem Klimawandel in Zusammenhang gebracht wird, als wäre dort alles frisch vertrocknet.

So schreibt zum Beispiel ein Mann: „Das ist Brandenburg. Noch ist es die Ausnahme. Aber die Geschwindigkeit, mit der sich ein ganzer Landstrich in den ökologischen Untergang zubewegt, ist einfach dramatisch.“

Andere schreiben, dass sie zuerst dachten, es seien Fotos aus der Sahelzone oder aus Arizona. Eine Frau schreibt: Die Natur und die Erde hätten auch Milliarden von Jahren ohne Menschen existiert. „Sie wird weitergehen, egal was kommt.“ Weiter heißt es zu den Fotos: „Der Klimawandel ist menschengemacht und seine dramatischsten Folgen noch aufzuhalten. Ihn zu akzeptieren, bedeutet, es zu akzeptieren, die Lebensgrundlage von Hunderten Millionen Menschen zu zerstören.“

Und dann noch die Sache mit der AfD

Da die Bilder aus Brandenburg stammen, wird es auch parteipolitisch. Denn die AfD ist in Brandenburg bei Umfragen stärkste Partei. Und so heißt es: „Die Wähler haben sich für eine Partei entschieden, die den Klimawandel leugnet.“

Zwischendurch kommt dann ein Einwand, dass diese Wüste nichts mit dem Klimawandel zu tun hat. Aber das bleibt ungehört. Deshalb hier die Fakten, die die Abonnenten der Berliner Zeitung seit Jahren kennen. Denn die Geschichte der Lieberoser Wüste war Teil einer Serie über die Naturwunder im Land Brandenburg.

Auf dem Areal standen früher tatsächlich viele Bäume, doch dann haben Waldarbeiter zum Feierabend ein Feuerchen gemacht, das sich schnell zum Großbrand ausweitete. Bald war der Wald weg, und so bot die kahle Fläche ein freies Schussfeld. Also machte die Waffen-SS dort Panzerübungen. Damit wird klar, um welche Zeit es sich handelt: Der Brand loderte 1942.

Seither gilt die Lieberoser Wüste als einzige Wüste Deutschlands. Und sie blieb über Jahrzehnte so kahl, weil nach der SS die Rote Armee dort den Krieg übte. Seit ein paar Jahren betreibt eine Stiftung nun Naturschutz vor Ort und will verhindern, dass sich das Gebiet wieder bewaldet und die schöne und seltene Wüste wieder verschwindet.

Die Story mit der angeblich neuen Wüste in Brandenburg zeigt: Im Internet finden sich alle Fakten, alle dazu passenden und unpassenden Meinungen und auch alle Falschmeldungen.