Die Kriminalität ist in Berlin stark gestiegen. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Berliner Polizei 519.827 Straftaten. Das sind 37.700 Fälle beziehungsweise 7,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Aufklärungsquote ging hingegen zurück – auf 44,9 Prozent. Berlin ist damit bei der Aufklärung bundesweit Schlusslicht. Das geht aus der polizeilichen Kriminalstatistik hervor, die Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) am Freitag veröffentlichte.
Demnach wird in Berlin immer mehr geprügelt, geraubt und gestohlen. So erfasste die Polizei im vergangenen Jahr insgesamt 70.374 Rohheitsdelikte – 8846 mehr als im Vorjahr. Unter diese Rubrik fallen zum Beispiel Raubtaten, von denen es 944 mehr gab als im Vorjahr, nämlich 5016 Fälle. Unter die Rubrik Rohheitsdelikte fallen auch die 44.425 registrierten Körperverletzungen. Das waren 5107 mehr als im Jahr davor.
Nach dem Ende der Corona-Pandemie stieg auch die Zahl der Eigentumsdelikte rasant an – um ein Fünftel zum Vorjahr. So wurden zum Beispiel 5581 Autos entwendet. Das ist ein Anstieg um 30 Prozent. Grund dafür dürfte die weitgehende Aufhebung der Corona-Beschränkungen sein. Die international und arbeitsteilig organisierten Banden von Autodieben können wieder fast ungehindert agieren. Die Nähe Berlins zu Polen ist ein großer Vorteil für die Täter, die innerhalb einer Stunde mit den gestohlenen Fahrzeugen über die Grenze verschwinden.
Weggekommen sind in Berlin im vergangenen Jahr auch 28.801 Fahrräder. Die Ladendiebstähle legten ebenfalls stark zu – auf 34.022 Fälle. Die Aufklärungsquote ist hier verschwindend gering. Sie liegt lediglich bei 3,9 Prozent. Das ist so niedrig wie noch nie.

Mehr Straftaten als vor der Pandemie
Der steigende Spritpreis hat ebenfalls Auswirkungen. Immer mehr Autofahrer tanken, ohne zu bezahlen. Die Fälle von Tankbetrug im Vergleich zum Vorjahr stiegen um rasante 51 Prozent an, auf 8865. Das sind mehr als doppelt so viele wie im Jahr 2019.
Generell liegt die Kriminalitätsrate höher als vor der Pandemie, während der das öffentliche Leben und damit die Gelegenheiten, Straftaten zu begehen, eingeschränkt waren. Deshalb haben die Statistiker Vergleiche mit dem vor-pandemischen Jahr 2019 in ihre Tabellen hineingenommen. Und es zeigt sich, dass selbst 2019 in Berlin insgesamt 6401 Straftaten weniger gezählt wurden.
Die Statistik nach oben getrieben hat auch die illegale Einwanderung nach Deutschland. So enthält die Statistik auch 19.587 Fälle von unerlaubtem Aufenthalt. Ein entsprechendes Verfahren wird formell eingeleitet, wenn jemand ohne gültige Einreisepapiere die Grenze übertritt. Hier gab es eine Zunahme von mehr als 65 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen an allen Tatverdächtigen zu Straftaten ohne ausländerrechtliche Verstöße erhöhte sich von 39,4 Prozent auf 41,9 Prozent.
Mehr sexuelle Belästigungen und Vergewaltigungen
In 3317 Fällen wurde ein Messer als Tatwaffe eingesetzt – 540-mal öfter als im Vorjahr, was eine Zunahme um 19,4 Prozent bedeutet.
Die Fälle von Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellen Übergriffen stieg im Vergleich zum Vorjahr um 12,8 Prozent an auf 1739 Fälle. Das sind 308 Fälle mehr als vor der Pandemie 2019. Sexuelle Belästigungen nahmen um 27,7 Prozent auf 953 erfasste Fälle zu.
Die Anzahl der tatverdächtigen Kinder ist um 34 Prozent gestiegen, die der Jugendlichen um 27,6 Prozent. Die Polizei Berlin stehe hier, wie in vielen anderen Bereichen, vor einem Symptom und nicht der Ursache gegenüber, so Innensenatorin Spranger.
Auch Polizisten sehen sich immer stärkeren Anfeindungen ausgesetzt. So erhöhte sich die Zahl der Polizeivollzugsbeamten, die Opfer einer Gewalttat wurden, um 157 auf 8726. Mitarbeiter der Feuerwehr und der Rettungsdienste wurden in 307 Fällen attackiert – ein Anstieg um mehr als 27 Prozent.
Zurückgegangen sind hingegen Fälle wie Warenkreditbetrug und Computerbetrug. Auch der wirtschaftliche Schaden, der durch Kriminalität entstanden ist, nahm um 350 Millionen auf rund 780 Millionen Euro ab.
Für Innensenatorin Iris Spranger ist alles nicht so schlimm
Zwar wurden auch die Keller- und Bodeneinbrüche weniger. Allerdings sind offenbar auch organisierte Einbrecherbanden nach der Pandemie wieder unterwegs. Denn die Einbrüche in Wohnungen und Einfamilienhäuser sind im vergangenen Jahr wieder stark angestiegen, auf 6155 Fälle – auch wenn die Polizei auf die Feststellung Wert legt, dass es sich um die zweitniedrigste Fallzahl der vergangenen zehn Jahre handele.
Innensenatorin Spranger verwies darauf, dass Berlin bei der Zunahme der Straftaten „merklich unter dem bundesweiten Anstieg“ in Höhe von 11,5 Prozent liege. Den Rückgang der Aufklärungsquote um 0,4 Prozentpunkte erklärte sie mit dem Anstieg der Diebstahlsdelikte. Der Anstieg bei den Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung lässt sich Spranger zufolge auf die Verbesserung des Strafrechts, die größere Sensibilität für strafbares Handeln und daraus resultierend auch die Bereitschaft zur Anzeige zurückführen.




