Mehr als vier Jahre nach dem Verschwinden von Rebecca Reusch aus Neukölln hat die Polizei erneut das Haus ihres verdächtigen Schwagers durchsucht. Einen entsprechenden Beschluss hatte das Amtsgericht Tiergarten erlassen, nachdem die 3. Mordkommission des Landeskriminalamtes offenbar neue Ermittlungsansätze hat.
Die damals 15-jährige Rebecca verschwand am 18. Februar 2019 aus dem Haus ihrer Schwester und deren Ehemannes in Britz. Dort hatte die Jugendliche zum wiederholten Mal übernachtet. Die Polizei verdächtigt den damals 27-jährigen Ehemann der Schwester, Rebecca umgebracht und die Leiche beseitigt zu haben, nachdem die Schwester zur Arbeit gegangen ist.
Nachbarn zufolge fand die Durchsuchung bereits im März statt. Was in dem Haus gefunden wurde, sagt die Staatsanwaltschaft nicht. Wie RTL berichtet, sollen die Ermittler einen Bademantel gefunden haben, bei dem der Gürtel fehlte. Möglicherweise wurde Rebecca mit dem Gürtel stranguliert. Dem Bericht zufolge wurden in dem Haus akustische Messungen durchgeführt, offenbar um festzustellen, welche Geräusche nach draußen dringen können. Bislang sind bei der Polizei mehr als 3000 Hinweise eingegangen. Ob darunter ein entscheidender Tipp war, der zu der Durchsuchung führte, sagt die Staatsanwaltschaft ebenfalls nicht.
Anwältin richtet schwere Vorwürfe gegen die Ermittler
Der Schwager des Mädchens saß zweimal wegen Mordverdacht in Untersuchungshaft, musste aber wieder entlassen werden. Der Schwager bestreitet, etwas mit dem Verschwinden der 15-Jährigen zu tun zu haben. Für die Polizei gilt er weiterhin als einziger Verdächtiger. Zwischenzeitlich veröffentlichte die Polizei ein Foto des Mannes mit der Bitte um Zeugenhinweise – bis sie es wieder löschen musste.
Seine Anwältin richtete danach schwere Vorwürfe gegen die ermittelnden Behörden und die Medien. Die Veröffentlichung vieler Ermittlungsdetails und eines Fotos ihres Mandanten habe zu einer Vorverurteilung geführt, sagte die Juristin. Sie kritisierte zudem, die aus ihrer Sicht einseitigen Ermittlungen. Die Polizei sei nur noch mit der Suche nach einer Leiche beschäftigt, die es möglicherweise gar nicht gebe.

Die Familie hatte gegenüber RTL geäußert, dass sie glaube, dass Rebecca noch lebt und von jemandem festgehalten werde. Staatsanwaltschaft und Polizei sind jedoch davon überzeugt, dass das Mädchen tot ist und der Mörder sie irgendwo vergraben hat. Der Renault Twingo, den Rebeccas Schwester und ihr Mann besaßen, wurde am Tag von Rebeccas Verschwinden zweimal vom Kennzeichenerfassungssystem (KESY) auf der A12 zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) erfasst. Diese bis dahin geheime Überwachungsanlage wird von der Brandenburger Polizei unter anderem zur Fahndung nach gestohlenen Autos benutzt.
Wurde die Leiche im Twingo weggebracht? Fasern einer aus dem Haus verschwundenen roten Fleecedecke im Kofferraum des Twingo laden zur Interpretation ein, dass die Tote in die Decke eingewickelt sein könnte. Auch Haare von Rebecca sollen Medienberichten zufolge im Kofferraum gefunden worden sein.
Suchaktionen in den Waldgebieten bei Storkow
Im Februar 2019 will eine Spaziergängerin in einem Wald nahe Kummersdorf bei Storkow den himbeerroten Twingo des Schwagers, der auf Fahndungsplakaten der Polizei abgebildet war, wiedererkannt haben. Was folgte, waren große Suchaktionen in den kommenden Monaten. Hundertschaften der Berliner Polizei durchsuchten Waldstücke bei Storkow. Leichenspürhunde schnüffelten im Unterholz und an Seeufern, Mantrailer-Hunde wurden an der Autobahn entlanggeführt, Taucher suchten Seen ab.

Tage nach der ersten Suchaktion durchkämmte die Polizei dann in Rieplos bei Storkow den Wald. Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks setzten ein Bodenradar ein. Dort hatte die Polizei verdächtige Reifenspuren entdeckt. Getaucht wurde später auch im Wolziger und dann im Herzberger See in der Gemeinde Rietz-Neuendorf. Im September wurde wieder der Wald zwischen Kummersdorf und Wolzig durchsucht – bisher alles vergeblich. Der „Fall Rebecca“ schaffte es auch in die ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ und erbrachte 150 neue Hinweise. Aber sie führten nicht weiter. Ob die neuerliche Durchsuchung im Haus des Schwagers etwas brachte, sagen Polizei und Staatsanwaltschaft „aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht.



