Der Sommer war zu heiß, der Herbst zu warm, das Jahr 2022 wieder viel zu trocken. Nur noch vier von hundert Bäumen in Berlin sind gesund. Das Klima verändert sich. Auch politisch bewegt das Thema die Stadt, 180.000 Menschen haben unterschrieben, dass Berlin schon 2030 klimaneutral werden soll, es wird einen Volksentscheid geben. Fast täglich blockiert die Protestgruppe „Letzte Generation“ die Straßen.
Was sollen wir tun, um dem Klimawandel zu begegnen, wie soll sich Berlin verändern? Wir wollen in der Berliner Zeitung so viele Stimmen wie möglich zu Wort kommen lassen. Diesmal haben Matthias Frankenstein und Christian Hortien, Geschäftsführer und Leiter Anlagenbau beim Berliner Heizungs- und Sanitärunternehmen mf Mercedöl, auf eine Auswahl unserer elf Fragen geantwortet.
Der Klimawandel wird unser aller Leben verändern. Wovor haben Sie am meisten Angst?
Aus unserer Sicht als verantwortliches Gewerk/Handwerksunternehmen fürchten wir, dass die Energiewende, bzw. die Klimaziele, wie sie geplant und nötig sind, nicht zu schaffen sind. Zu viele Faktoren erschweren die Erreichbarkeit der Ziele und unsere Funktion als „Klimaretter“: Fachkräftemangel, Lieferengpässe, steigende Energiekosten, drohende Rezession usw.
Was tun Sie persönlich, um Ihre CO2-Bilanz zu senken?
Beide: Wir haben eine Photovoltaikanlage auf dem Gebäude errichtet – bewusstes Heizen und bewusstere Energienutzung.
Christian Hortien: Beim Gerätekauf achte ich auf die Energieeffizienzklasse.
Matthias Frankenstein: Bei meinem Unternehmen mf haben wir neben einer PV-Anlage, die den kompletten Hausbedarf deckt, auch zehn Ladesäulen für unsere E-Fahrzeuge installiert, die ebenfalls über die PV-Anlage gespeist werden. Unser Ziel ist es, ein klimaneutrales Unternehmen zu werden.
Klimaaktivisten blockieren regelmäßig Straßen in Berlin. Hilft das der Sache oder schadet es mehr?
Es schadet der Sache mehr als es hilft. Dem Handwerk entstehen massive Verluste durch vergeudete Arbeitszeit im Stau durch diese Maßnahmen, Kunden können in diesen Zeiten nicht fristgerecht oder gar nicht bedient werden, obwohl wir Teil der Lösung sind. Die Klimaaktivisten zwingen uns mit den Blockaden ihre Sicht der Zukunft auf, was noch dazu undemokratisch ist.
Jede Hand wird gebraucht für den Einbau energieeffizienter Technik, wir teilen die Sorgen und sind für einen Dialog bereit, aber in jeder im Stau ungenutzt verbrachten Stunde werden keine neuen Geräte verbaut.
Können Sie sich Berlin ganz ohne Autos vorstellen?
Nein, da Berufsverkehr zu wechselnden Arbeitsstellen sowie sämtlicher Lieferverkehr, Hilfs- und Rettungsfahrten möglich sein muss, um die Stadt zu versorgen. Ein attraktiver und kostengünstiger ÖPNV könnte allerdings den Pendel- und Individualverkehr deutlich reduzieren.
Christian Hortien ist Leiter Anlagenbau bei mf Mercedöl.
Haben Sie vor, Ihr Auto abzuschaffen?
Beide: Nein, zurzeit nicht.
Hortien: Allerdings versuche ich, soweit möglich und zeitlich akzeptabel auch das Fahrrad für Kurzstrecken zu nutzen.
Was erwarten Sie von der Politik – was sollte sie als dringendste Klimaschutzmaßnahme durchsetzen?
Einen attraktiven ÖPNV, mit Ausbau von Bus- und Bahnnetz. Ausbauförderung der Wind- und Photovoltaiktechnik. Unterstützung der Forschung und Entwicklung der Wasserstofftechnologie sowie effizienter Herstellungstechniken. Unterstützung der Forschung und Entwicklung neuer umweltfreundlicher und effizienter Batterietechnologien sowie deren Herstellungstechniken. Mehr Einsatz für den Stopp der Abholzung der Regenwälder. Der Schutz unserer eigenen Wälder sowie ein ökologischer Waldumbau.
Was ist Ihr bester, klimaschonender Alltags-Tipp?
Ein Heizungs-Check beim Fachbetrieb.
Berlin im Jahr 2030: Was muss geschehen, damit wir es in der Stadt auch dann noch aushalten?
Aufrechterhaltung des städtischen Mikroklimas mit möglichst viel Grün zur Temperatur- und Feuchtigkeitsregulierung. Entsiegelung von Bauruinen und Schaffung von „grünen Inseln“. Kein Wachstum der Stadt um jeden Preis.
Alle Fragebögen finden Sie unter: https://www.berliner-zeitung.de/topics/klimakrise

