Fragebogen Berlin

Ilja Richter: „Ich lebe als Wessi sehr gern im Osten von Berlin“

Bekannte Bewohner der Stadt blicken auf Berlin. Heute: Der Schauspieler, Sänger und Moderator Ilja Richter, der demnächst seinen 70. Geburtstag feiert.

Wohnt in Pankow: Ilja Richter.
Wohnt in Pankow: Ilja Richter.Christian Schulz

Berlin hat rund 3,7 Millionen Einwohner, sie sind so verschieden wie die Stadt selbst. Was also macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern? In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und ihren persönlichen No-go-Areas. Sie verraten ihre Gastro-Tipps, Shopping-Favoriten und Kiezgeheimnisse. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.

Diesmal hat Ilja Richter unsere Fragen beantwortet. Der Tausendsassa, der als Moderator der ZDF-Show „Disco“ ein Stück bundesrepublikanischer Fernsehgeschichte schrieb, feiert demnächst seinen 70. Geburtstag und gastiert aus diesem Anlass in der Komödie am Kurfürstendamm im Schiller-Theater. Dort stellt der Schauspieler, Sänger und Autor am 21. November sein neues Buch „Nehmen Sie’s persönlich“ vor. Im Rahmen einer musikalischen Lesung erinnert er sich an die Menschen, die sein Leben und seine Karriere prägten – von Rudi Carrell über Manfred Krug bis Brigitte Horney.

Geprägt hat Ilja Richter auch seine Heimatstadt: Aufgewachsen in West-Berlin, wurde er im Alter von acht Jahren als Sprecher beim Rias engagiert. Seine erste Bühnenrolle bekam er 1961 am Charlottenburger Renaissance-Theater. Inzwischen hat es ihn ans andere Ende der Stadt verschlagen: Ilja Richter wohnt in Pankow und sagt, er lebe in Berlin „Ost“ als Wessi sehr gern, „weil hier so wenige von ‚drüben‘ leben. Exotisch.“

1.           Herr Richter, seit wann sind Sie schon in der Stadt?

Ich bin ein Berliner.

2.           Welcher ist Ihr Lieblingsort in Berlin?

Meine Wohnung.

3.          Wo zieht es Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?

Ans Meer.

4.           Welche Ecken der Stadt meiden Sie?

Wo im Gehen gefressen und im Stehen gesoffen wird.

5.           Ihr ultimativer Gastro-Geheimtipp?

Sag ich nicht, sonst bleibt es ja keiner.

6.           Ihr ultimativer Shopping-Geheimtipp?

Ich verbinde den Begriff Shoppen mit Kaufzwang. Ich geh einkaufen. Alle paar Jahre einmal. Meistens für Geschenke. Zum Beispiel gerne in der Imaginären Manufaktur in der Oranienstraße in Kreuzberg.

Infobox image
Christian Schulz
Zur Person
Ilja Richter kam am 24. November 1952 in Berlin-Karlshorst zur Welt. 1953 zog seine Familie nach West-Berlin, wo sie eine Gaststätte und später eine Pension betrieb. Richters Mutter, eine jüdische Schauspielerin, die die NS-Zeit mit gefälschter „arischer“ Identität überlebt hatte, brachte ihren Sohn bereits im Kindesalter zum Vorsprechen beim SFB. Mit neun Jahren stand er erstmals auf einer Theaterbühne.

Als die ZDF-Musiksendung, die er moderierte, 1971 zur „Disco“ wurde, war Richter erst 18. Kurz vor seinem 30. Geburtstag wurde das Format, das er mit Sprüchen wie „Licht aus! Whoom! Spot an!“ geprägt hatte, eingestellt. Danach wandte er sich vorwiegend dem Theater zu und veröffentlichte mehrere Bücher. Sein neues Werk „Nehmen Sie’s persönlich. Porträts von Menschen, die mich prägten“ ist im Elsinor-Verlag erschienen. Die musikalische Buchpremiere findet am 21. November um 20 Uhr in der Komödie am Kurfürstendamm im Schiller-Theater statt.

7.           Der beste Stadtteil Berlins ist …

... jenes Charlottenburg meiner Kindheit. Sonntagmorgens zwischen 6 und 7 Uhr früh sieht es manchmal noch so aus wie einst.

8.           Das nervt mich am meisten an der Stadt:

Wenn nicht-berlinische Restaurantbesitzer ab 22.30 Uhr von „Sperrstunde“ sprechen und reiche Leute von „ihrem Kiez“ reden, ohne je einen bewohnt zu haben.

9.           Was muss sich dringend ändern, damit Berlin lebenswert bleibt?

Die langweilige Austauschbarkeit der Architektur – so verwechselbar wie ein Hotelzimmer einer Kette, das in Berlin den Gast wie in Köln erwachen lässt.

10.         Ihr Tipp an Unentschlossene: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?

Es lassen! Unentschlossenheit ist farblos. Berlin ist bunt.

11.        Cooler als Berlin ist nur noch …

Aus der Frage entnehme ich die Annahme, dass Berlin gefälligst „cool“ zu sein hat. Mir passt als Ureinwohner eher der Satz: „Berlin is’ nich – Berlin wird.“