Dass die Preise für Gaskunden spätestens am 1. Januar des kommenden Jahres deutlich steigen werden, ist bekannt. In vielen Haushalten fragte man sich nur noch sorgenvoll, wie viel künftig mehr gezahlt werden muss. In diesen Tagen gibt es nun endlich Klarheit. Denn Preiserhöhungen müssen mindestens sechs Wochen vor Inkrafttreten des neuen Tarifs angekündigt werden. Da zum Ende dieser Woche die Frist dafür abläuft, wird für die nächsten Tage mit einer Flut von Preiserhöhungen gerechnet. Bislang haben 57 der bundesweit etwa 700 Gas-Grundversorger Teuerungen zum 1. Januar angekündigt. Die Berliner Gasag, die in der Stadt knapp 500.000 Kunden mit Gas beliefert, zog am Mittwoch nach.
Demnach werden Gasag-Kunden im sogenannten Grundversorgungstarif ab 1. Januar kommenden Jahres je Kilowattstunde nicht mehr je nach Verbrauch 10,07 oder 10,50 Cent zahlen müssen. Dann werden 19,69 oder 20,12 Cent verlangt. Das ist eine Verteuerung um nahezu 100 Prozent und zugleich ein überdurchschnittlicher Aufschlag. Denn laut Auskunft des Vergleichsportals Verivox liegt die Teuerung bei den genannten 57 Grundversorgern im Schnitt bei 66 Prozent.
Bei der Gasag wird die Preisanhebung mit den höheren Einkaufspreisen begründet. „Wir sind immer davon ausgegangen, dass Gas für zehn bis höchstens 40 Euro je 1000 Kilowattstunden zu bekommen ist“, sagt Sascha Bühring, Chefeinkäufer bei der Gasag. In den letzten Monaten hätten dann alle Gasversorger viel dazulernen müssen. Tatsächlich ließen leere Gasspeicher im Land die Preise bereits im vergangenen Jahr über die 100-Euro-Marke steigen. Danach befeuerten der Krieg in der Ukraine und die Reduzierungen der Gaslieferungen aus Russland die Teuerung. Im vorigen Sommer mussten für eine Megawattstunde Erdgas zeitweise weit über 300 Euro gezahlt werden.
Zwar ließen der ungewöhnlich milde Herbst, volle Speicher und durch Einsparungen verringerter Verbrauch die Gaspreise auf dem Spot-Markt inzwischen wieder sinken, sodass einige Anbieter bereits wieder günstigere Tarife anbieten können. Grundversorger wie die Gasag kaufen indes langfristig ein, decken ihren Bedarf zum Teil bis zu zwei Jahre im Voraus. Das ist aktuell ein Nachteil. Denn während für die kurzfristige Lieferung Preisfaktoren wie Nachfrage, Witterung und Angebot bekannt sind, beziffert der Preis für die langfristige Gasbeschaffung die Erwartungen eines zukünftigen Preisniveaus mit allen Unsicherheiten. So würden laut Gasag die Preise für Lieferungen in den nächsten Monaten derzeit bei über 120 Euro pro Megawattstunde liegen. „Das ist immer noch um das Fünffache über den Preisen in 2021“, heißt es bei dem Unternehmen.
Mehr als 200 Euro im Monat
Die Preisanhebung des Berliner Grundversorgers zum 1. Januar ist als Teuerung in jedem Fall beispiellos. Galt dort ein Kilowattstundenpreis von acht Cent bis vor kaum mehr einem Jahr noch als die Obergrenze des Vorstellbaren, beträgt nun allein die Teuerung mehr als neun Cent. Und wenngleich sich der Grundpreis nicht erhöht, der CO₂-Preis konstant bleibt und der Mehrwertsteuersatz von 19 auf sieben Prozent reduziert ist, bleibt die Preiserhöhung für die Gasag-Kundschaft einschneidend.
Bei einem Jahresverbrauch von 12.000 Kilowattstunden, was laut Gasag dem Bedarf einer Berliner Durchschnittswohnung entspricht, müssen im nächsten Jahr nicht mehr 1363 Euro, sondern 2517 Euro für Gas von der Gasag gezahlt werden. Damit wird die Jahresrechnung 1154 Euro teurer. Die monatlichen Kosten steigen von 114 auf 210 Euro. In einem Einfamilienhaus mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden werden 4105 statt bislang 2181 Euro fällig. Das sind 1924 Euro mehr. Die monatlichen Kosten gehen von 182 auf 342 Euro nach oben.
Allerdings wird der Kostenanstieg durch staatliche Hilfen etwas gebremst. „Alle Entlastungen, die von der Bundesregierung für die hohen Gaskosten im Dezember 2022 und ab März 2023 vorgesehen sind, befinden sich für unsere Kundinnen und Kunden in der Umsetzung beziehungsweise der Vorbereitung“, verspricht die Gasag. Ab dem 21. November will das Unternehmen auf seinen Internetseiten darüber informieren, wie die Soforthilfe im Dezember umgesetzt wird. Vorgesehen ist für Privatkunden, dass der Dezemberabschlag entfällt und damit die Kundinnen und Kunden um ein Zwölftel der Jahresrechnung entlastet werden.
Auch den für 2023 vorgesehenen Gaspreisdeckel werde die Gasag nach den noch zu beschließenden gesetzlichen Vorgaben umsetzen. Unterstellt man dafür die aktuell diskutierte Deckelung des Gaspreises für Privatkunden auf zwölf Cent pro Kilowattstunde für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs ab März, so reduziert sich die Jahresrechnung für eine Durchschnittswohnung von 2517 auf 1917 Euro. Monatlich müssten dann etwa 164 Euro gezahlt werden. Das wären auch noch 50 Euro mehr als aktuell.
Laut Gasag ließe sich die persönliche Belastung darüber hinaus mit Einsparmaßnahmen weiter signifikant reduzieren. Bei einer Energieeinsparung von 20 Prozent, so rechnet das Unternehmen vor, könnten die Kosten für eine durchschnittliche Berliner Wohnung auf rund 124 Euro pro Monat fallen. Im Oktober hatten die Berliner Haushalte laut interner Analysen tatsächlich bereits 15 Prozent weniger verbraucht als im Oktober des vergangenen Jahres.
Zugleich sollen Kunden, die wegen der drastischen Preiserhöhung in Zahlenschwierigkeiten geraten, auf die Hilfe der Gasag zählen können. Über seinen Kundenservice biete das Unternehmen etwa mit Ratenzahlungen oder vorübergehende Stundungen an. Im Fall drohender Gassperren könnten staatliche Unterstützungsmöglichkeiten auch direkt mit den Jobcentern und Bezirksämtern gesichert werden. Allein in diesem Jahr wurden laut Gasag dafür bereits 780 Abwendungsvereinbarungen unterschrieben. „Die Menschen müssen mit uns reden. Dann finden wir auch eine Lösung“, sagt Gasag-Chef Georg Friedrichs.














