Drogendealer

Prozess erst nach sechs Jahren: Drei Berliner Polizisten seit 2017 suspendiert

Die Beamten sitzen auf Steuerzahler-Kosten zu Hause. Ihnen werden mehrere Delikte vorgeworfen. Die Verteidigung beklagt rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung.

Der Angeklagte Sven W. im Gerichtssaal
Der Angeklagte Sven W. im GerichtssaalOlaf Wagner

Seit sechs Jahren sitzen drei Berliner Polizeibeamte zu Hause und werden dafür bezahlt. Sie sind seit 2017 wegen verschiedener angeblicher Vergehen vom Dienst suspendiert. Seit 2015 ermitteln das Landeskriminalamt und die Staatsanwaltschaft gegen sie. Doch erst an diesem Montag wurde gegen die drei Polizisten das Hauptverfahren am Amtsgericht Tiergarten eröffnet.

Die Delikte, die ihnen vorgeworfen werden, stammen aus dem Jahr 2016. Einer der Verteidiger sprach vor Gericht von einer „erheblichen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung“ durch die Staatsanwaltschaft.

Der nunmehr 47-jährige Gregor M. soll am 18. Januar 2016 während seines Streifendienstes im U-Bahnhof Bayerischer Platz in Schöneberg einen polizeibekannten Drogendealer dabei beobachtet haben, wie dieser Betäubungsmittel verkaufte. Entgegen seiner dienstlichen Verpflichtung habe er es in Absprache mit seinem gleichaltrigen Kollegen Roger M. unterlassen, Ermittlungen gegen den Mann einzuleiten. Deshalb lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Strafvereitelung im Amt.

Verletzung von Dienstgeheimnissen

Im September 2016 sollen der nunmehr 34-jährige Sven W. und Roger M. am selben U-Bahnhof zwei Dealer beobachtet haben, wie sie Heroin verkauften. Sie sollen die Männer zu Boden gebracht, gefesselt, geschlagen und getreten haben. Mindestens bei einem Dealer waren danach Auge und Oberlippe geschwollen. Der Vorwurf: Körperverletzung im Amt.

Roger M. und Sven M. sollen schließlich im November 2016 zwei ihnen bekannte Drogenhändler bezüglich der bevorstehenden Durchsuchung eines Spätkaufs gewarnt haben. Diese Gewissheit zieht das Kommissariat für Beamtendelikte beim LKA aus zwei SMS, die die Polizisten verschickt hatten, in denen die betreffenden Personen aufgefordert wurden, „lieber nicht“ nach Schöneberg zu kommen. Für die Verteidigung ist dies nicht mehr als die Absage eines geplanten Treffens. Der Vorwurf: Verletzung von Dienstgeheimnissen.

Und schließlich wurden im Spind von Roger M. drei Portionen Heroin gefunden. Der Vorwurf: unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln.

Anwältin: „Man spielt mit den Existenzen von Menschen“

So weit wie die Fälle zurückliegen, so merkwürdig erscheint einiges in diesem Prozess: Nicht nur, dass drei Polizisten – wenn auch zu verminderten Bezügen – auf Steuerzahlerkosten seit ihrer Suspendierung 2017 zur Untätigkeit verdammt sind. Einer der Anwälte behauptet auch, dass eine unabhängige Finanzermittlerin nicht neutral zu den privaten Finanzverhältnissen der Beschuldigten ermittelt habe. Zudem seien die Vorwürfe zum Teil verjährt.

Die Suspendierung der drei hatte die Polizei 2017 offensiv gemeldet, sie ging durch die Medien. Von Geld war die Rede, das sie für das Verraten von Razzien von den Dealern kassiert hätten. In der Anklage findet sich dazu nichts mehr.

Einer der Verteidiger erklärte, die Vorwürfe seien zum Teil verjährt.

Rechtsanwältin Galina Rolnik, die einen der Angeklagten verteidigt, ist über die lange Dauer der Ermittlungen empört. „Wie kann es sein, dass jetzt der erste Hauptverhandlungstag stattfindet, wenn die Ermittlungen schon 2015 aufgenommen wurden?“, fragt sie. „Man spielt hier mit den Existenzen von Menschen.“

Für den Prozess sind sechs weitere Verhandlungstage angesetzt.