Es ist eine Ankündigung, die dem Bund vor den Sommerferien eine gute Presse beschert hat. Hilfskräfte aus dem Ausland, insbesondere aus der Türkei und den Balkanländern, sollen auf deutschen Flughäfen das Personal verstärken. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), Arbeitsminister Hubertus Heil und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) haben zugesagt, dass sie Airlines und Flughafenbetreiber unterstützen wollen. Doch könnten sie die Arbeit noch im Sommer aufnehmen? Werden Saisonkräfte aktuell überhaupt gebraucht? Für den Flughafen Berlin Brandenburg (BER) ist die Antwort klar: Nein! Das ergab eine aktuelle Umfrage der Berliner Zeitung.
„Im Moment sehen wir keinen Bedarf. Es ist genug Personal vorhanden“, sagte Stefan Hartung, Sprecher der Swissport. Das Unternehmen ist eine von drei Firmen, die am Berliner Hauptstadtflughafen als Bodenverkehrsdienstleister tätig sind. Die Passagierabfertigung beim Check-in sowie die Gepäckverladung sind wichtige Beispiele für die Tätigkeiten, die im Ground-Handling anfallen. Zu den Kunden der Swissport am BER gehören Easyjet, Ryanair, Iberia sowie British Airways.
„Wir sehen uns für die kommenden Wochen und Monate gut vorbereitet“
Am neuen Schönefelder Flughafen hat Swissport 637 Beschäftigte, davon 267 im Passagierservice am Check-in und an den Gates sowie weitere 349 auf dem Vorfeld und im Gepäckhandling. Zuletzt sei das Personal am BER deutlich gewachsen, so Hartung. „In Vorbereitung auf den anstehenden Sommerreiseverkehr haben wir über klassische Kanäle und über Social Media eine Rekrutierungskampagne gestartet, die wir in diesen Tagen nochmals verstärken“, erläuterte er. „Durch diese Maßnahmen haben wir in Berlin insgesamt 180 neue Mitarbeitende gewinnen können, weitere 15 kommen bis zum Start der Sommerferien in Berlin und Brandenburg am 7. Juli hinzu.“
Ähnlich sieht es die Aeroground, ein weiterer Bodenverkehrsdienstleister am Flughafen BER. 515 Beschäftigte beschäftige das Unternehmen an diesem Standort, teilte Sprecher Edgar Engert mit. „Entsprechend der Verkehrsprognose unserer Kunden sehen wir uns für die kommenden Wochen und Monate gut vorbereitet“, berichtete er. „Die Aeroground Berlin hat keinen außergewöhnlichen zusätzlichen Personalbedarf, der einen Rückgriff auf ausländisches Personal nötig macht.“
Nicht anders ist es bei der Wisag, dem dritten Unternehmen dieser Art am BER. „Die Wisag Aviation sucht aktuell ad hoc kein Personal. Wir sind an allen Flughäfen, an denen wir tätig sind, ausreichend für unsere Kunden aufgestellt“, erklärte die Firmensprecherin Jana Eggert. „Deshalb betrifft uns das aktuell in den Medien diskutierte und in der Branche bekannte Thema der ‚Saisonarbeiter‘ nicht.“
Saisonkräfte wären frühestens zum Ende der Sommerferien einsatzbereit
Momentan beschäftige die Wisag am BER rund 900 Menschen in unterschiedlichen Bereichen land- und luftseitig – allerdings nicht bei den Sicherheitskontrollen. Um die Verträge mit den Fluggesellschaften zu erfüllen, sehe sich das Unternehmen auch in diesem Sommer „personell wie organisatorisch soweit gut aufgestellt“, betonte Jana Eggert. „Unsere Personalplanung erfolgt im Rahmen des Möglichen vorausschauend und in enger Absprache mit unseren Kunden.“
Auch wenn der Bund zugesagt hat, dass er ausländischen Bewerbern rasch Kurzzeit-Visa erteilen will, dürften sie angesichts der jetzigen Herausforderungen im Sommerreiseverkehr zu spät kommen. „Zuverlässigkeitsprüfungen dauern in der Regel acht bis zwölf Wochen“, sagte Edgar Engert von der Aeroground. „Die Anlernphase dauert für Mitarbeiter mit Erfahrung bis zu zwei Wochen, ohne Erfahrung bis zu vier Wochen.“
Anders formuliert: Selbst wenn Bedarf an Saisonkräften aus dem Ausland bestünde – für die diesjährige Sommerurlaubssaison käme die Verstärkung zu spät. „Aufgrund der notwendigen Sicherheitsüberprüfungen im Vorfeld einer Beschäftigung gehen wir davon aus, dass die ersten ausländischen Mitarbeitenden frühestens zum Ende der Sommerferien einsatzbereit sein werden“, kalkuliert man bei der Swissport.
BER-Betreiber rät: Zweieinhalb Stunden vor dem Abflug im Terminal sein!
Auch wenn sich die Bodenverkehrsdienstleister am BER gut vorbereitet sehen: „Dieser Sommer wird herausfordernd für die gesamte Luftfahrtbranche, auch für uns“, sagte Wisag-Sprecherin Eggert. „Krankheitsbedingte Personalausfälle in größerer Zahl, zum Beispiel bei Corona-Infektionen, könnten auch bei uns angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt nicht problemlos kompensiert werden.“
Für die sechswöchigen Sommerferien, die in Berlin und Brandenburg an diesem Donnerstag beginnen, rechnet die Flughafengesellschaft FBB mit bis zu drei Millionen Passagieren. Das sind rund eine Million Menschen mehr als in den Sommerferien des vergangenen Jahres, jedoch immer noch zwei Millionen Menschen weniger als in den Sommerferien des letzten Vor-Corona-Jahres 2019. Der BER-Betreiber empfiehlt allen Fluggästen, sich zweieinhalb Stunden vor Abflug im jeweiligen Terminal einzufinden.



