Berlin

Debatte um Knöllchen in Berlin: Die Grünen wollen Bußgelder für Falschparker drastisch erhöhen

Die Grünen im Bundestag fordern eine drastische Erhöhung des Bußgeldes für Falschparker. Verglichen mit einigen EU-Ländern lägen die deutschen Bußgelder für das Zuparken von Behindertenparkplätzen, Geh- und Radwegen sowie für das Parken in zweiter Reihe 75 Prozent unter dem europäischen Durchschnitt, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion an die Bundesregierung. Die Behinderungen führten auch zu Verspätungen im öffentlichen Nahverkehr. In Berlin trifft die Forderung auf ein geteiltes Echo.

61 Cent Ertrag bei 10-Euro-Knöllchen

„Im Grundsatz kann ich das begrüßen, dafür habe ich Sympathien“, sagte Ole Kreins, der verkehrspolitische Sprecher der Berliner SPD. Eine Harmonisierung sei „nicht schlecht“. Sie könnte aber nur dann sinnvoll umgesetzt werden, wenn auch die Kontrolldichte zunimmt. „Ohne intensive Kontrollen würde das nichts bringen.“

„Die zu niedrigen Bußgelder sind auch in Berlin ein Problem“, sagte Stefan Kohte vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Berlin. Auch ein finanzielles: Als der frühere Finanzsenator Ulrich Nußbaum die Aufwendungen untersuchen ließ, wurden die Verwaltungskosten eines „Knöllchens“ auf durchschnittlich 9,39 Euro beziffert. Davon entfielen 3,79 Euro auf die Mitarbeiter, die auf den Straßen im Einsatz sind, und 5,60 Euro auf die Bußgeldstelle. Bei einem 10-Euro-Knöllchen bleiben dem Land lediglich 61 Cent Ertrag.

Dabei sei der Schaden durch Falschparken immens. „Es trifft vor allem die schwächeren Verkehrsteilnehmer – Fußgänger, Senioren, Radfahrer“, sagte der VCD-Experte. Falsch geparkte Autos verstellen die Sicht auf Fußgänger, die eine Straße queren wollen oder sie zwingen Radfahrer zu gefährlichen Schlenkern. „Aus unserer Sicht ist klar, dass solche Verstöße schärfer geahndet werden sollten“, sagte Kohte. „Die Bewertungsmaßstäbe sind aus dem Lot geraten.“ Während Falschparker oft mit 10 oder 15 Euro davon kämen, müssten Schwarzfahrer stets mit einem „erhöhten Beförderungsentgelt“ von inzwischen 60 Euro rechnen – in wiederholten Fällen sogar mit einem Gerichtsverfahren und Haft im Gefängnis.

Auch der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) zieht einen Vergleich – allerdings mit einem anderen Ergebnis. „Zwar ist es richtig, dass die Sanktionen für Falschparken im europäischen Vergleich eher gering ausfallen“, hieß es, „das kann aber kein Argument dafür sein, die Sanktionen zu verschärfen. Denn jeder Regelsatz steht in Relation zu anderen Verkehrsverstößen. Wenn jetzt alle Parkverstöße doppelt so teuer werden, müssten auch alle anderen Verstöße doppelt so teuer werden. Das wäre absolut unverhältnismäßig.“ Ähnlich nahm die Bundesregierung Stellung: Die Bußgelder anderer Länder seien „kein entscheidendes Leitbild“.

Gegen das Rasenmäherprinzip

Eine Erhöhung der Strafen führe zu Mehreinnahmen der Kommunen, nicht aber zu einer Verbesserung der Situation, so der ADAC. Bislang habe es beim Bußgeldkatalog keine „Erhöhungen nach dem Rasenmäherprinzip“ gegeben. „Darum erwarten wir eine Fortsetzung dieser Sichtweise.“

Jörg Becker vom ADAC Berlin-Brandenburg sieht in der Praxis der Ordnungsämter ein Problem. Die Einsatzkräfte handelten unterschiedlich – etwa wenn ein Autofahrer um Kulanz bittet, weil er gleich wegfahren will. Problematisch sei auch, dass legale Möglichkeiten immer knapper werden: „Wann immer eine Straße erneuert wird, fallen Parkplätze weg.“