Berlin-Nach der Enttarnung eines „Maulwurfs“, der den rechtsextremen Verschwörungsideologen Attila Hildmann gewarnt haben soll, werden jetzt neue Details zur mutmaßlichen Täterin bekannt. Die Berliner Justiz will zudem ihre Sicherheitsvorkehrungen überarbeiten. Eine 32-jährige ehemalige Mitarbeiterin der Generalstaatsanwaltschaft steht im Verdacht, Informationen an Hildmann, auf den ein Haftbefehl ausgestellt ist, weitergegeben zu haben. Die Frau steht im Verdacht, den Haftbefehl an ihn durchgestochen haben. Hildmann hat sich Ende vergangenen Jahres in die Türkei abgesetzt.
„Einen vergleichbaren Fall hat es in der Berliner Justiz nach meiner Erinnerung noch nicht gegeben“, sagte Justizsenator Dirk Behrendt am Montag der Berliner Zeitung. „Neben den strafrechtlichen Konsequenzen für die ehemalige Mitarbeiterin hat die Generalstaatsanwältin bereits Maßnahmen erarbeitet, wie der Zugriff auf die Verfahren in der Behörde erschwert und besser protokolliert wird. Ein solcher Vorgang darf sich nicht wiederholen.“
Nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft wird gegen die Frau jetzt wegen des Verdachts der Verletzung des Dienstgeheimnisses und der versuchten Strafvereitelung ermittelt. Das ARD-Politikmagazin „Kontraste“ und das Rechercheformat STRG_F des NDR hatten zuerst über den Fall berichtet.
Nachdem Hildmann Ende Dezember in die Türkei gereist war, beantragte die Staatsanwaltschaft im Februar einen Haftbefehl gegen ihn wegen Volksverhetzung, Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Weil er in Posts in den sozialen Netzwerken deutlich machte, dass er davon bereits wisse, leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Geheimnisverrats ein – zunächst gegen unbekannt.
Im Mai bekam die Staatsanwaltschaft einen Hinweis von der Polizei: Eine 32-jährige Angestellte der IT-Abteilung der Staatsanwaltschaft hatte sich auf „Querdenker“-Demonstrationen als Mitarbeiterin der Berliner Justiz ausgegeben. Zudem hatte sie den Ermittlungen zufolge persönliche Kontakte zu Mitgliedern der rechtsextremistischen Szene sowie zu „Querdenkern“, unter anderem zu einem führenden Aktivisten, der sich „Captain Future“ nennt.
Die Generalstaatsanwaltschaft leitete daraufhin gegen die Frau ein Verfahren wegen Geheimnisverrats und Strafvereitelung ein. Denn sie fand heraus, dass die Systemadministratorin im Computersystem der Behörde auf verschiedene Ermittlungsverfahren zugegriffen hatte. Solche Zugriffe werden entsprechend protokolliert. Zunächst hatte sie unberechtigt im System MESTA (Mehrländer-Staatsanwaltschafts-Automation) Ermittlungsverfahren gegen „Querdenker“-Aktivisten und Rechtsextremisten abgefragt, weshalb ihr bereits im Mai fristlos gekündigt wurde. Im Juli wurde die Wohnung der Frau durchsucht. „Die Auswertung der beschlagnahmten Datenträger dauert an“, sagte Justizsprecher Sebastian Brux.
Als IT-Administratorin hatte die 32-Jährige offenbar umfangreiche Zugriffsmöglichkeiten auf die Computer der ermittelnden Staatsanwälte und klickte sich durch das System. Nach Informationen der Berliner Zeitung entdeckten die Ermittler im Oktober, dass die Mitarbeiterin auch in einem Ordner eines Staatsanwaltes war, in dem sich der Entwurf für den Haftbefehl gegen Attila Hildmann befand. Ob dieser in die Türkei abtauchte, weil er von der Beschuldigten gewarnt wurde, ist bisher nur ein Verdacht. „Wir wissen nicht, ob die Absicht, einen Haftbefehl auszustellen, schon im vergangenen Jahr durchgestochen wurde“, sagte Martin Steltner, Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft.

