Verkehr

Das Ticket, das keiner kennt: Bei der S-Bahn wurde es nur 26 Mal verkauft

Für Berufstätige im Homeoffice: Seit Januar gibt es in Berlin das Flexticket. Nun liegen Verkaufszahlen vor. Schon wird an weiteren neuen Angeboten gearbeitet.

Ist der Akku geladen? Wer das neue Flexticket des Verkehrsverbunds VBB in der Digitalversion kauft, braucht ein funktionierendes Mobiltelefon.
Ist der Akku geladen? Wer das neue Flexticket des Verkehrsverbunds VBB in der Digitalversion kauft, braucht ein funktionierendes Mobiltelefon.dpa/Arne Immanuel Bänsch

Berlin - Seit knapp einem Monat gibt es ein neues Ticket für Bahn und Bus. Ein Angebot passend zur Corona-Pandemie, in der viele Menschen ihren Arbeitsplatz nach Hause verlegt haben. Zugeschnitten auf die Bedürfnisse von Berufstätigen, die nicht an jedem Arbeitstag ins Büro fahren. Doch ist das Flexticket des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB), das acht 24-Stunden-Karten für insgesamt 44 Euro umfasst, überhaupt bekannt? Jetzt gibt es eine Bilanz der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) – und eine Einschätzung von VBB-Chefin Susanne Henckel. „Das zeigt, dass es sich lohnt, neue Tarifangebote zu entwickeln. Und dass es eine Nachfrage für flexible digitale Tickets gibt“, sagte sie der Berliner Zeitung. Schon werde an neuen Tarifangeboten gearbeitet.

Als flexibles neues Angebot zwischen Abonnements und Einzelfahrscheinen, das in Corona-Zeiten abgewanderte Stammkunden zurückholen soll, wurde zum 1. Januar das Flexticket aus der Taufe gehoben. Es besteht aus acht 24-Stunden-Karten, die innerhalb von 30 Tagen in Berlin genutzt werden können. Allerdings ist es nicht übertragbar. Auch gibt es keine Möglichkeit, andere Fahrgäste gratis mitzunehmen oder zum Beispiel für Fahrten zum BER auf dieser Basis einen Anschlussfahrausweis zu lösen.

Verband warnt: Erst nachrechnen – dann vielleicht etwas anderes kaufen

Das VBB-Flexticket gibt es unter anderem bei der BVG. „Im Januar wurden knapp 1400 Stück verkauft“, sagte Jannes Schwentu, Sprecher des landeseigenen Unternehmens. Der Anteil digitaler Verkäufe per App liegt über 95 Prozent. Bei der S-Bahn Berlin wurde es bisher nur 26 Mal verkauft, erfuhr der Fahrgastverband Pro Bahn.

1400 bei der BVG: "Wir sind zufrieden mit der Nachfrage im ersten Monat. Für die Folgemonate erwarten wir Steigerungen der Verkaufszahlen“, so Schwentu. Schließlich sei die Werbekampagne auch erst Mitte Januar gestartet. Susanne Henckel, Geschäftsführerin des Verkehrsverbunds, bewertet die Nachfrage deutlich euphorischer. „Das VBB-Flexticket hat sich schon in den ersten Wochen als Renner erwiesen“, sagte sie.

Im Vergleich zum regulären Preis für acht 24-Stunden-Tickets sparen die Käufer 26,40 Euro. Trotzdem sollte man nachrechnen, ob das Flexticket wirklich die beste Offerte ist. „Wir warnen als Fahrgastverband vor einer unüberlegten Nutzung des neuen Angebots, denn für die meisten Nutzerinnen und Nutzer sind die bisherigen Tarifangebote für Berlin AB insgesamt günstiger“, sagte Peter Cornelius von Pro Bahn. Die Umweltkarte im Abo für rund 60 Euro im Monat, das Firmenticket für knapp 40 Euro oder die Vier-Fahrten-Karte, bei der in Berlin jede Tour 2,35 Euro kostet, könnten billiger sein.

„Natürlich ist es preiswerter, die Vier-Fahrten-Karte zu nutzen, wenn man nur zur Arbeit und wieder zurück fährt“, entgegnete Susanne Henckel. „Doch für alle, die öfter unterwegs sind, die am Abend vielleicht noch einkaufen, ins Restaurant oder ins Theater fahren, bieten die 24-Stunden-Fahrtberechtigungen, die es beim Flexticket gibt, eine echte Ersparnis – und vor allem Flexibilität. In vielen Lebenslagen sind sie das bessere Angebot. Ich habe zum Beispiel von vielen alleinerziehenden Müttern und Vätern gehört, die es gerne nutzen, weil sie wie andere Eltern viel unterwegs sind.“

Wie die Bahncard: In Frankfurt (Oder) wird ein neues Rabattangebot erprobt

In Frankfurt (Oder) können die Fahrgäste von März an ein anderes neues Ticketangebot testen, das VBB-AboFlex. Für einen Beitrag von 4,90 Euro pro Monat bekommen sie dort die Möglichkeit, Fahrscheine fürs Stadtgebiet mit 25 Prozent Ermäßigung zu kaufen. „AboFlex erinnert an die Bahncard, ist aber anders als sie monatlich kündbar“, sagte Henckel. „Falls sich das neue Angebot bewährt, sollten wir auch in diesem Fall ernsthaft darüber nachdenken, ob wir es auf andere Gebiete in Berlin und Brandenburg ausdehnen sollten.“

„Mit den Verkehrsunternehmen sprechen wir bereits darüber, welche weiteren neuen digitalen Ticketangebote möglich wären“, sagte die VBB-Chefin. „Ein Beispiel: Vielleicht wäre es sinnvoll, zusammen mit angrenzenden anderen Verkehrsverbünden eine elektronische Lausitzcard aufzulegen.“

Beim VBB schaut man auch über den Tellerrand. Henckel wies auf das Homezone-Ticket des Karlsruher Verkehrsverbunds hin. Das ist ein Abo, dessen Gültigkeitsbereich die Fahrgäste individuell festlegen können. Der Preis berechnet sich nach dem gewählten Radius und dem Angebot an Bahn- und Busfahrten. Beim ebenfalls digitalen Nextticket des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr werden die einzelnen Fahrten nach der Zahl der zurückgelegten Luftlinienkilometer abgerechnet.

Entschieden wurde bis jetzt noch nichts, sagte Susanne Henckel. „Doch klar ist schon jetzt, dass wir nicht damit aufhören werden, kreativ zu sein.“